FFH-Gebiet sorgt für Diskussion
Gelässer in Elsfleth, Ovelgönne und Brake – Stellungnahme
Der Landkreis Wesermarsch beabsichtigt im Norden Elsfleths ein Naturschutzgebiet einzurichten. Landwirte befürchten dadurch Einbußen für ihre Betriebe.
ELSFLETH – Für reichlich Diskussionen hat in der jüngsten Sitzung des Elsflether Ausschusses für Wirtschaft und Stadtentwicklung, Landschaftsschutz sowie Bau und Straßen der Vorentwurf des Landkreises Wesermarsch für ein Naturschutzgebiet (NSG) im nördlichen Bereich der Stadt gesorgt. Unter anderem äußerten mehrere als Besucher anwesende, betroffene Landwirte ihren Unmut. Sie befürchten Einbußen für ihre Betriebe, sprachen unter anderem von Enteignung.
Diskutiert wurde das NSG „Teichfledermausgewässer bei Oberhammelwarden und Lienen“, das Teil des FaunaFlora-Habitat-(FFH)-Gebietes 187 („Teichfledermausgewässer im Raum Bremerhaven/ Bremen“) ist. Das 24 Hektar große Gebiet in der Wesermarsch beinhaltet das Käseburger Sieltief vom alten Mühlenhaus (Gemeinde Ovelgönne) bis zur Mündung in die Weser (Stadt Brake), den von Süden einmündende Balggraben ab der Watkenstraße (Stadt Elsfleth) sowie einen Teich südlich der Straße.
Ziel des NSG ist es, das Jagdhabitat der Teichfledermaus, das sich überwiegend auf der östlichen Weserseite befindet, zu schützen. Auf Wesermarschseite befinde sich dieses insbesondere im nördlichen Teil des Schutzgebietes, erklärte Hans-Joachim Janssen vom Fachbereich Umwelt des Landkreises Wesermarsch, der im Ausschuss anwesend war und auf Fragen der Ausschussmitglieder und Zuhörer einging. Außerdem soll in dem FFH-Gebiet, die Ansiedlung des Bitterlings und Fischotters gefördert werden. Auch wenn die Tierarten überwiegend auf der östlichen Weserseite vorkommen würden, müssten auch in der Wesermarsch Voraussetzungen zu deren Schutz getroffen werden, erläuterte Janssen. So ist unter anderem
vorgesehen, auf einem zwei Meter breiten Streifen an den Gewässern eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung
zu untersagen. Zudem dürfte in einem fünf Meter breiten Streifen vom 1. Oktober bis 31. Januar kein Dünger auf die Felder aufgebracht werden.
Kritik an der Einrichtung des NSG und der nur kurzen Informationszeit – die Stadt Elsfleth sowie die betroffenen Landeigentümer waren erst am 9. August informiert worden – übte der CDU-Ratsherr Malte Lübben. Für ihn käme die Einrichtung des NSG mit den verbundenen Auflagen einer Enteignung der Landwirte gleich.
Hiervon sprach auch der Landwirt Arndt Glüsing-Lüerßen, der mit seinem Vater einen Betrieb in Elsfleth bewirtschaftet, und bald mit seiner Frau deren elterlichen Betrieb übernehmen will. Er sieht das Fortführen und die Zusammenlegung der beiden Betriebe gefährdet, wie er in einer schriftlichen Stellungnahme mitteilte und auch im Ausschuss äußerte. Da das
NSG zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Flächen der Betriebe läge und jede Menge Auflagen, Verordnungen sowie Verbote mit sich bringe, sei die landwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Flächen und Betriebe auf konventionelle Art und Weise nicht mehr möglich, so Glüsing-Lüerßen. Dies käme „im Prinzip einer Enteignung zu 100 Prozent gleich“.
Janssen verwies in der Sitzung darauf, dass die Flächen bereits 2004 festgesetzt und Anfang 2005 der EU gemeldet worden wären, der Schutzstatus bereits seit diesem Zeitpunkt gelte. Dem Vorwurf der Enteignung hielt er ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg entgegen. Nach diesem könne nur von einer Enteignung gesprochen werde, wenn keine Wertschöpfung aus dem Gebiet mehr möglich sei.
Der Landwirt Hermann Josef Hempen, der einen Milchviehbetrieb an der Watkenstraße hat, erklärte, dass er eventuell in den nächsten Jahren plane, diesen zu erweitern und sieht nun mit dem NSG ein Problem hierfür. Auf die Frage, ob Janssen ihm eine Genehmigung zusagen könnte, erwiderte dieser, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Cordula Rebehn (UWE) fragte in diesem Zusammenhang, ob nur die Gewässer von Einschränkungen betroffen seien oder auch umliegende Flächen. Betroffen sei zunächst nur der FünfMeter-Schutzstreifen, erläuterte Janssen. Bei Baumaßnahmen, wie beispielsweise ein Stallgebäude oder ein Windpark, im Umkreis sei jedoch eine FFH-Vorprüfung notwendig.
Der Ausschuss stimmte schließlich mehrheitlich für eine Stellungnahme der Stadt an den Landkreis. In dieser wird die Ausweisung des Naturschutzgebietes kritisch gesehen, da erhebliche Einschränkungen für die Landwirte befürchtet werden. Es wird sich stattdessen für die Einrichtung eines Landschaftsschutzgebietes ausgesprochen, das weniger Einschränkungen mit sich bringt. Der Landkreis könne bei dem FFH-Gebiet zwischen der Einrichtung eines Natur- oder Landschaftsschutzgebietes wählen. Thomas Wenzel (Grüne) stimmte gegen die Stellungnahme, da sie ihm zu sehr die Interessen der Landwirtschaft und nicht die des Naturschutzes vertrete.