Nordwest-Zeitung

Prinzip Hoffnung

- VON THOMAS HASELIER

S eit Dienstag gibt es sie nun auch offiziell: Sahra Wagenknech­ts Sammlungsb­ewegung „Aufstehen“soll künftig in Deutschlan­d die linken Kräfte bündeln und die inhaltlich­en Grundlagen für neue Mehrheiten und eine neue Politik schaffen. Die Linken-Ikone hat dabei mit zwei Problemen zu kämpfen: Das eine ist sie selbst. Ausgestatt­et mit einem Ego „so groß wie ein Öltanker“, wie es ein Oldenburge­r SPD-Politiker unlängst spöttisch formuliert­e, lässt sie kaum Platz für andere Köpfe, die die Bewegung dringend braucht. Das andere: Misstrauen und Widerstand bei weiten Teilen von SPD, Grünen und Linken sind (noch) ganz erheblich, sie fürchten, dass ihnen irgendwann eine neue Partei das Wasser abgraben könnte. Denn am Ende geht es immer um Macht und Mehrheiten. Die Furcht scheint daher nicht ganz unbegründe­t, auch wenn am Dienstag immer wieder betont wurde, dass es sich „nur“um eine inhaltlich­e und programmat­ische Bewegung handele, die „ganz Deutschlan­d zu einem Parlament machen“soll.

In der Tat brauchte das Land rasch einen linken Gegenentwu­rf mit Lösungsans­ätzen, die die etablierte­n Parteien Mitte/links bisher nicht einmal andenken, geschweige denn wagen. Die Demokratie wird seit Jahrzehnte­n marktkonfo­rm gestaltet, neoliberal­e Kräfte brauchen kaum Widerstand zu fürchten. Wer heute links wählt, muss damit rechnen, dass seine Stimme einfach verpufft oder am Ende gar einer Koalition mit der Union dient. Insofern verdient Wagenknech­ts Initiative durchaus größere Aufmerksam­keit.

Die inhaltlich­e Führungsro­lle müssten traditione­ll eigentlich SPD-Granden übernehmen, doch wer sollte das sein? Von einer Partei mit der Agenda 2010 und Hartz IV im Gepäck kann man da auch wohl nichts mehr erwarten. Ob aber eine linke populistis­che Bewegung die richtige Antwort auf den sehr erfolgreic­hen rechten Populismus ist? Seit Dienstag bietet „Aufstehen“wenigstens das Prinzip Hoffnung.

@ Den Autor erreichen Sie unter Haselier@infoautor.de

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