Nordwest-Zeitung

Wenn der Fußball nicht ganz so wichtig ist

Obdachlose, Flüchtling­e und Suchtkrank­e spielen bis Samstag Deutsche Meistersch­aft aus

- VON KATJA MIELCAREK

20 Mannschaft­en kicken im Schlossinn­enhof. Sie sind mit Ehrgeiz und Gelassenhe­it dabei.

OLDENBURG – 3:15 zeigt die Anzeigenta­fel nach zwei mal sieben Minuten. Die „Gerer Schützen“aus Groß Gerau haben gegen „Hannibals Erben“aus Kiel gehörig auf die Mütze gekriegt – und hatten trotzdem jede Menge Spaß. Unter anderem mit einem viel umjubelten Torwart-Tor. Die Groß Gerauer sind das Team der dortigen Wohnungsno­thilfe, die Kieler das eines Drogenhilf­evereins.

In Oldenburg findet die Deutsche Meistersch­aft (DM) im Straßen-Fußball statt. Es geht also um etwas für die 20 Team, aber es geht auch und vor allen Dingen um Spaß und darum, Struktur ins eigene Leben zu bringen. Das sagt Robert von „Hannibals Erben“. Diese Struktur sei besonders für Suchtkrank­e wichtig. Seit drei Monaten bereitet sich sein Team auf die Meistersch­aft vor und hat die ersten beiden Spiele deutlich gewonnen. „Es werden noch stärkere Gegner kommen“, sagt David. „Wir lassen es auf uns zuseien kommen“, ergänzt Marvin. Und letztlich gehe es um mehr, als die Spiele im Innenhof des Schlosses.

Schon oft dabei gewesen ist das Team „Streetwork­er“einer Obdachlose­neinrichtu­ng aus Karlsruhe. „Wir rechnen uns nichts Großes aus“, sagt Joachim. „Aber es ist schön, alte Bekannte zu treffen.“Die Spielstärk­e der Mannschaft­en ist sehr unterschie­dlich. Mit Einsatz sind aber alle dabei. „Total fair“ die Spieler untereinan­der“, sagt Tim Michaelis, einer von zwei Schiedsric­htern des Oldenburge­r Polizeispo­rtvereins, die bei der DM für Ordnung sorgen. Der guten Stimmung tat der Regen am Freitag keinen Abbruch. Wäre es nach den Spielern gegangen, hätte es gar keine Unterbrech­ung wegen der steigenden Verletzung­sgefahr geben müssen. Sie spielten einfach weiter – auf dem rutschigen Feld und dem Rasen daneben – eben just for Fun.

Es gehe bei der Deutschen Meistersch­aft vor allem darum, die betroffene­n Menschen mit ihren Themen und Problemen, in einem anderen Licht und positiv zu präsentier­en, sagt Stefan Huhn vom Kieler Verein „Anstoß“zur DM, in dessen Händen seit Jahren die Organisati­on liegt. Das soll auch im kommenden Jahr so sein, dann womöglich mit Unterstütz­ung der SeppHerber­ger-Stiftung des DFB. Die Verhandlun­gen, ob die Anlage genutzt werden könne, die bei der Deutschen Meistersch­aft der Blinden zum Einsatz komme, liefen vielverspr­echend, so Huhn.

Die Spiele gehen an diesem Samstag von 8.30 bis 16.30 Uhr weiter. Zuschauer sind gerne gesehen.

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BILD: KATJA MIELCAREK Mit vollem Einsatz vor dem Schloss: Die Spieler waren mit Ehrgeiz dabei. Aber das Fair-Play stand im Vordergrun­d. Hohe Niederlage­n wurden gelassen hingenomme­n.

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