Nordwest-Zeitung

Diese Uni-Forschung geht jeden an

Wie alt Teewasser ist und welche ethischen Hürden autonome Autos umkurven

- VON MARCGEOSA HCKFER

Interessan­ter Abend mit der Universitä­tsgesellsc­haft: Schon zum zehnten Mal stellten Experten spannende Forschungs­ergebnisse allgemeinv­erständlic­h vor.

,LDENBURG – Ein Auto kommt aus einer unübersich­tlichen Kurve. Plötzlich tauchen vor dem Fahrzeug Menschen auf. Auf der rechten Fahrbahn stehen fünf Personen, auf der linken zwei. Neben der einen Straßensei­te türmen sich Felsen, neben der anderen geht es in den Abgrund. Was tun?

Keinem Autofahrer ist ein solches Horrorszen­ario zu wünschen – einem Programmie­rer, der Algorithme­n für selbstfahr­ende Autos entwickelt, genauso wenig. Warum?

Professor Mark Siebel fragt nach ethischen Kriterien, nach denen Konzerne und Politiker beim Programmie­ren autonomer Autos entscheide­n. Soll der Computer eine Abwägung treffen, durch welches Manöver weniger Menschen ums Leben kommen? Soll das Auto durch die Leitplanke in den Abgrund gelenkt werden, wenn nur eine Person im Fahrzeug sitzt?

Der Philosoph Siebel lieferte keine Antworten. Aber er will aufzeigen, welche wichtigen Abwägungen zu treffen sind. „Ein Mensch kann im Bruchteil von Sekunden keinen Abwägungsp­rozess vollziehen, wie er sich in Extremsitu­ationen verhalten soll“, Siebel. „Aber Programmie­rer haben für die Algorithme­n jede Menge Zeit – sie müssen Entscheidu­ngen treffen.“Möglicherw­eise würden diese im Fall eines Unfalls auch vor Gericht angefochte­n.

Siebel hielt einen von sechs Vorträgen bei der Wissenscha­ftssoirée am Donnerstag im Hörsaalzen­trum der Uni. Aus jeder der sechs Fakultäten stellten Professore­n ein Forschungs­thema vor. Zum zehnten Mal konnte die Universitä­tsgesellsc­haft Oldenburg (UGO) 200 Mitglieder und Gäste begrüßen.

S:/7asser im Meer@

Weniger dramatisch aber genauso spannend wie der Vortrag von Philosoph Siebel war der Beitrag der Professori­n Gudrun Massmann. Die Wissenscha­ftlerin vom Institut für Biologie und Umweltwiss­enschaften erläuterte, wo im salzigen Meer Süßwasser zu finden ist. Unter den ostfriesis­chen Inseln liegen so genannte Süßwasserl­insen. Sie speisen sich aus Niederschl­ag, der auf den Inseln versickert. Jahrzehnte später kommt das Wasser zum Vorschein. „Das Wasser, mit der Sie Ihren Tee kochen, ist leicht 50 Jahre alt“, berichtete die Forscherin.

Swea von Mende hatte mit ihren Mitstreite­rn im UGOVorstan­d vor zehn Jahren die Idee, Laien einen Einblick in die Forschung an der Uni zu geben. Spannend ist dieser Abend auch deshalb, weil Be- sucher einem Vortrag zugeteilt werden. „Immer wenn jemand sagt, das Thema interessie­re ihn weniger, ist er am Ende begeistert“, erzählt UGO-Vorstandsm­itglied Oliver Thomsen. „Man muss offen sein, dann geht man mit erweiterte­m Horizont heim.“

OLD NBURD GLt dem Grill

Professor Dirk Loerwald berichtete, wie er seiner Frau den Kauf eines Gasgrills, den sie nicht für notwendig gehalten habe, schmackhaf­t gemacht hat. Er wünsche sich einen Grill, der koste allerdings 1200 Euro, offenbarte er seiner Gattin. „Die zwei Tage danach waren hart. Aber dann sagte ich ihr, ihre Argumente hätten ihn überzeugt; er habe ein Gerät für nur 600 Euro gefunden. Sie war froh; und ich auch; denn dieses Gerät hatte ich von Anfang an vor Augen.“

Anschaulic­her lässt sich die Wirkung eines so genannten Nudge, eines Auslösers, wie die Ökonomen sagen, nicht beschreibe­n. Dessen Wirkung nutzt jeder Supermarkt: Wenn im Weinsortim­ent neben einer günstigen und einer mittelprei­sigen noch eine teure Flasche für 120 Euro liegt, steigt die Bereitscha­ft, nicht zur günstigste­n Flasche zu greifen. Loerwald: „Der Kunde wählt eher die Flasche im mittleren Preissegme­nt aus, wenn er sieht, dass es noch teurere in der Auswahl gibt.“Gut dass sich an die Fragen ein Abendessen mit viel Zeit zu Fragen anschloss.

 ?? BILD: DANIEL SCHMIDT ?? „Bitte folgen Sie uns“(von links): Prof. Dr. Gunter Kreutz, Prof. Dr. Dirk Loerwald, Prof. Dr. Jannika Mattes, Oliver Thomsen, Prof. Dr. Gudrun Massmann, Prof. Dr. Hans Michael Piper, Prof. Dr. Karsten Witt und Prof. Dr. Mark Siebel.
BILD: DANIEL SCHMIDT „Bitte folgen Sie uns“(von links): Prof. Dr. Gunter Kreutz, Prof. Dr. Dirk Loerwald, Prof. Dr. Jannika Mattes, Oliver Thomsen, Prof. Dr. Gudrun Massmann, Prof. Dr. Hans Michael Piper, Prof. Dr. Karsten Witt und Prof. Dr. Mark Siebel.

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