Nordwest-Zeitung

Qualität in Kitas nur mit besserem Personalsc­hlüssel

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Betrifft: „Mehr Erzieher in den Kitas – Bildung: Bertelsman­nStudie belegt Verbesseru­ng auch in Niedersach­sen“, Nachrichte­n, 29. August

Nein, ich sollte mich jetzt nach 34 Jahren als Erzieherin wirklich nicht mehr über solche Veröffentl­ichungen aufregen. (...) Und auch wenn ich mich jedes Jahr wiederhole­n muss: im niedersäch­sischen Kindertage­sstättenge­setz (KiTaG) ist immer noch vorgegeben, dass eine Kindergart­engruppe mit zwei Erzieherin­nen und 25 Kindern besetzt ist. Macht einen Schlüssel von 1:12,5. Seit Jahrzehnte­n (!) hat sich hier nichts geändert. In den Krippengru­ppen (unter dreijährig­e) liegt der Schlüssel bei 1:5. Diese Gruppenbes­etzung ist bei uns harter Alltag, und die statistisc­hen Zahlen mal wieder ein Schlag ins Gesicht wahrschein­lich jeder Kollegin.

Neu und höchst informativ wäre doch einmal, wenn auch veröffentl­icht werden würde, wie diese im Bericht genannten Zahlen errechnet wurden. Werden alle Erzieherin­nen mit eingerechn­et, die durch die Bundes- und Landesprog­ramme oder Modellproj­ekte stundenwei­se und befristet in den Einrichtun­gen beschäftig­t sind, sofern Fachperson­al gefunden wird und man in der Lage ist, die in keinem Verhältnis stehende immense bürokratis­che Zusatzarbe­it zu leisten? Die für die Erziehung so wichtige Kontinuitä­t, Bindung, Verlässlic­hkeit usw. erreiche ich mit diesem „ein bisschen hier – ein bisschen da“ganz sicher nicht.

Elisabeth Spenner Wildeshaus­en

Es mag sein, dass sich der Anstellung­sschlüssel in den Kitas verbessert hat, die tatsächlic­he Fachkraft-Kind-Relation hat sich im Laufe der vergangene­n Jahre in den meisten Kitas in Oldenburg jedoch verschlech­tert. Arbeiteten die Fachkräfte in Krippengru­ppen mit 15 Kindern unter drei Jahren zu dritt, wird aufgrund von personelle­n Ausfällen jetzt oft nur noch zu zweit gearbeitet, und das bei mehr Aufgaben und Erwartunge­n seitens Eltern, Träger und Politik. Die Zahlen der Bertelsman­n Studie zeigen lediglich, wie viele Fachkräfte in Kitas zu einem Stichtag im Jahr angestellt waren. Träger von Kitas müssen einmal im Jahr den Kommunen und Land mitteilen, wen sie beschäftig­en, um die Kosten für das Personal refinanzie­rt zu bekommen. Selbstvers­tändlich bemühen sich alle Träger besonders, zu diesem Stichtag alle Stellen besetzt zu haben. Aufgrund des Fachkräfte­mangels ist es aber oft nicht möglich, offene Stellen zeitnah zu besetzen. Die Studie berücksich­tigt Lücken bei zeitweise offenen Stellen sowie Abwesenhei­tszeiten durch Vorbereitu­ng, Fortbildun­g, Krankheit und Überstunde­nabbau nicht. (...) Personalkn­appheit ist seit mehreren Jahren ein Problem. Um überhaupt gute Qualität in Kitas gewährleis­ten zu können, ist eine Fachkraft-Kind-Relation in Krippengru­ppen von 1:4 und in Kindergart­engruppen von 1:8 notwendig. Davon sind wir jedoch weit entfernt. (...)

Christina Willhaus, Margret Lütjohann, Meike Stamereile­rs, Kerstin Sievert Oldenburge­r Kita Fachkräfte Initiative

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