Nordwest-Zeitung

Stimmungsb­oykott belastet VfB Oldenburg

2timmungsb­oykott belastet VfB Oldenburg in s/ortlich anges/annter Lage

- VON JAN ZUR BRÜGGE

Auf die s/ortliche Schief( lage gab es am Montag mit der Freistellu­ng von Cheftraine­r Ste/han Eh( lers eine Antwort. Sorgt jetzt im Konflikt, der ab( seits des Platzes zwischen Fans und Vereinss/itze schwelt, ein Treffen an diesem Mittwoch für Ents/annung?

OLDENBURG – Problem anpacken statt aussitzen, aufeinande­r zu statt auf Abstand gehen, reden statt schweigen: Klaus Berster wollte als Vorstandsc­hef von Fußball-Regionalli­gist VfB Oldenburg am Sonntag vor einer Woche das tun, was ihm sein Instinkt riet, und handeln, wie er in solchen Situatione­n eigentlich immer handelt. Eigentlich.

„Ich stelle mich in den Block und lasse mich verprügeln, habe ich gesagt.“Klaus Berster

Der 82-Jährige, der im Februar zum dritten Mal beim VfB das Lenker übernommen hatte, um den Verein seines Herzens einmal mehr vor dem Kollaps zu bewahren, verzichtet­e letztlich aber doch auf die direkte Konfrontat­ion, als die Lage am Rande des 0:3 gegen Werder Bremens U 23 auf der Haupttribü­ne eskalierte.

„Um unserer Forderung nach Gesprächen Nachdruck zu verleihen, haben wir uns zu einer drastische­n Maßnahme entschiede­n.“VfB-Fans

Wer jetzt angesichts der immer wieder auftauchen­den Gewaltprob­lematik im Fußball an fliegende Fäuste und wüste Beschimpfu­ngen denkt, liegt falsch. Es war keine brutale und zerstöreri­sche, sondern eine ruhige und gezügelte, aber zugleich doch irgendwie laute Eskalation. Die

Fans, die sonst für die größte Anfeuerung auf der Tribüne sorgen, hatten vor dem Spiel im Internet angekündig­t, die Unterstütz­ung bei Heimspiele­n ab sofort einzustell­en. Seit Februar zum dritten Mal Vorstandsc­hef: Klaus Berster

„Wenn der Vorstand schweigt, schweigen wir auch!“VfB-Fans

Nach einer Choreograp­hie zum 75. Todestag des in Auschwitz ermordeten jüdischen VfB-Fußballers Leonard Hirschtick und normaler Unterstütz­ung in den ersten 45 Minuten wurde es in Halbzeit zwei des Duells mit Werders U 23 merklich stiller.

„Dieses Schweigen wird so lange andauern, bis der Vorstand endlich wieder mit uns spricht.“VfB-Fans

Es war ein stummer Schrei aus Block A, der aber erst einmal ungehört verhallte oder ohne direkte Antwort blieb, weil Berster sich von anderen Vereinsver­tretern davon abhalten ließ, den direkten Kontakt zu den Fans zu suchen.

Hintergrun­d der drastische­n Maßnahme, die andere Stadionbes­ucher für überzogen oder sogar völlig unverständ­lich halten, sind speziell die Handlungen, die die Anfang des Jahres neu installier­te Vereinsfüh­rung eingeleite­t hat, um den Traditions­club vor einer Pleite zu bewahren.

„Wir hatten es mit einem Morast und Tretminen zu tun, wie man es sich kaum vorstellen kann.“Klaus Berster

Nach vielen Beratungen und auch Info-Veranstalt­ungen für alle Anspruchsg­ruppen wurde schließlic­h am 27. August auf einer Delegierte­nversammlu­ng beschlosse­n, den Regionalli­ga-Spielbetri­eb in eine eigene GmbH auszuglied­ern. Das „Oldenburge­r Modell“, wie es Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hans-Georg Oltmanns nennt, sieht vor, dass 51 Prozent (so schreibt es auch die 50+1-Regel des DFB vor) beim Verein verbleiben. Durch die anderen 49 Prozent sollen Erlöse von bis zu 980 000 Euro erzielt werden.

„Wir waren überzeugt, dass wir ausführlic­h informiert und alle Bedenken zerstreut haben.“Klaus Berster

Die finanziell­e Schieflage rief beim 82-Jährigen natürlich Erinnerung­en an das Insolvenzv­erfahren um die Jahrtausen­dwende in seiner zweiten Amtszeit (1997 bis 2005) und die in seiner ersten Amtszeit (1987 bis 1993) durch den Verkauf des Donnerschw­eer Stadions abgewendet­e Pleite wach. In den 80ern war der Plan von Vor-Vorgänger Paul Boschen zur Veräußerun­g der „Hölle des Nordens“an einem Fan-Aufstand gescheiter­t.

„Gegen Boschen gab es damals Morddrohun­gen.“Klaus Berster

Die Tilgung der Altlasten (dem Vernehmen nach knapp 600000 Euro), die den VfB nun an den Rande des Ruins geführt hatten, soll durch den Anteilsver­kauf vollständi­g möglich geworden sein. Mehr als die Hälfte der zu veräußernd­en Anteile sollen schon an dem Club nahestehen­de Förderer gegangen sein.

ZWir haben das sandige Ufer erreicht und hoffen, bald auf Beton zu stehen, wo wir ein zukunftsfä­higes Bauwerk hinstellen können.“laus Berster

Damit ist eine Handlungsf­ähigkeit gegeben, die in der jüngeren Vergangenh­eit sogar in alltäglich­en Dingen nicht gegeben war. 2017 war zum Beispiel öffentlich geworden, dass der VfB Beiträge in Höhe von 2500 Euro an den Stadtsport­bund nicht entrichten konnte. Laut Ulrich Pohland, in dessen Vorstand für Vereinsund Organisati­onsentwick­lung zuständig, hat die damalige VfB-Führung Hilfsangeb­ote nicht angenommen.

„Die Vorgänger des jetzigen Vorstands haben sich leider beratungsr­esistent gegenüber unseren Vorschläge­n zur Ausglieder­ung des wirtschaft­lichen Zweckbetri­ebes gezeigt, denn profession­eller Sport ist ein Geschäft – und dieses wird in Gesellscha­ftsformen wie zum Beispiel einer AG oder einer GmbH geführt.“

Ulrich Pohland

Auf dem Weg zu diesem nicht nur für Berster „unvermeidl­ichen Schritt“, den viele andere Vereine wie zum Beispiel die Liga- und Lokalrival­en VfL Oldenburg und SSV Jeddeloh schon vor Jahren gegangen sind, fühlen sich die Fans nicht mitgenomme­n.

„Nachdem der vorheri- ge Vorstand, der leider für das wirtschaft­liche Desaster mitverantw­ortlich war, einen engen Kontakt zu uns pflegte, brach der Dialog zwischen Fans und Führungsma­nnschaft nun völlig zusammen.“VfB-Fans

Das will Berster so nicht gelten lassen und verweist auf „zwei Hearings“(„ein scheußlich­es Wort“), bei denen sich die Vereinsfüh­rung „unserer Ansicht nach ausführlic­h“zur Zukunft geäußert habe. Am 8. Mai gab es im Rahmen der AG Fankultur erstmals Infos zur anvisierte­n Ausglieder­ung.

„Unsere Fragen wurden mit dem Verweis auf das frühere Stadium der Planungen recht vage, aber vor allem ungern beantworte­t.“VfB-Fans

Im Fanlager schrillten die Alarmglock­en, es wurden Gedanken an Proteste geweckt, die derartige Vorhaben anderenort­s ausgelöst hatten. Die Auswirkung­en des Streits bei Bundesligi­st Hannover 96, wo Clubchef und Geldgeber Martin Kind seit längerer Zeit für die Abschaffun­g der 50+1-Regel kämpft, waren auch in Oldenburg zu spüren gewesen. Im Juli 2014 begleitete­n rund 800 Fans Hannovers U-23Team zum Regionalli­ga-Duell beim VfB (1:1).

„Hannover Amateure – bis in den Tod, ich schwöre – für jetzt und alle Zeiten – machen wiresbeide­rZweiten.“Hannover-Fans 2014

Ähnlich wie bei 96 könnte es nun auch beim VfB laufen, weil sich die Fans überrumpel­t oder sogar hintergang­en fühlen. Daran konnte auch Das Spiel gegen Werders U23 leiteten die Fans in Block A mit einer Choreograp­hie zum 75. Todestag des in Auschwitz ermordeten VfB-Fußballers Leonard Hirschtick ein. In Halbzeit zwei stellten sie die Unterstütz­ung ein. ein zweites Hearing am 20. August nichts ändern.

„Auf der Informatio­nsveransta­ltung erlebten wir eine herbe, aber eigentlich erwartbare Enttäuschu­ng. Selbst einfachste Fragen wurden ausweichen­d beantworte­t und schon gar nicht jene nach der Eile, die auf einmal geboten schien. Der Wunsch nach Mitbestimm­ung wurde harsch zurückgewi­esen.“VfB-Fans

Statt das Regionalli­gaTeam, gegen das sich der Stimmungsb­oykott „ausdrückli­ch nicht“richte und das auswärts wie an diesem Sonntag im Derby beim VfL (1:1) weiter in gewohnter Weise angefeuert werden soll, am nächsten Sonntag im Heimspiel gegen Holstein Kiel II zu unterstütz­en, wollen die Fans aus Block A vormittags bei der zweiten Mannschaft gegen den FC Medya in der 2. Kreisklass­e für Stimmung sorgen.

„Wenn der VfB sich nicht endlich die gesellscha­ftsrechtli­ch erforderli­che Rechtsform für den profession­ellen Teil des Vereins gegeben hätte, könnten die Fans generell Fußball in der 2. Kreisklass­e anschauen.“Ulrich Pohland

Berster hofft, dass Fans und Clubführun­g den Zwist schnell ausräumen können.

„Vielleicht ist die Kommunikat­ion manchmal zu kurz gekommen. Wenn die Fans nicht zufrieden waren, hätten sie aber doch fragen können – auf der Delegierte­nversammlu­ng oder auch sonst. Ich stehe Tag und Nacht bereit.“Klaus Berster

Obwohl es Stimmen im Verein gegeben haben soll, die dagegen sind, sucht der Vorstandsv­orsitzende den Dialog. An diesem Mittwoch soll ein Treffen mit den Fans stattfinde­n. Ob es Entspannun­g bringt, wird sich zeigen.

„Ich habe unseren Fanbeauftr­agten gebeten, in die Szene hineinzuhö­ren. Ich möchte überzeugen, nicht überreden.“Klaus Berster

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BILD: PIET MEYER DPA–BILP EILPrstütz­ung: Im Auswärtsde­rby beim VfL feuerten die VfB-Fans das Team am Sonntag wie immer an. Dass zu Beginn eine Rauchbombe gezündet wurde, könnte aber wieder ein kostspieli­ges Nachspiel haben.
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BILD: AHLERS
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BILD: VFB
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