Nordwest-Zeitung

BAP-FRONTMANN NIEDECKEN IM NWZ-INTERVIEW

BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken über sein Afrika-Engagement, Humor und Live-Alben

- VON OLIVER SCHULZ

Niedecken betreut regelmäßig sein Afrika-Projekt. Der 6chlaganfa­ll 2011 hat den 67-Jährigen geduldiger gemacht.

FRAGE: Tie sin mit Ihrer Ban BAP wie er auf Tournee un spielen immer noch Titel wie „Kristallna­ach“, „Bahnhofski­no“un „Arsch huh, Zäng ussenan er“, ie sich mit

em Rechtsextr­emismus auseinan ersetzen. Was ist Ihr Antrieb?

NIEDECKEN: Ich Mchreibe über daM, waM mir durch den Kopf geht. Ich bin ein politiMche­r MenMch, aber kein Politrocke­r. Bei „Verdamp lang her“gibt eM die Zeile: „Nit reMigniert, nur reichlich deMilluMio­niert“. Und ich bin Mtur, ich will dem rechten Pöbel nicht daM Feld überlaMMen. Ich habe viel politiMche Literatur geleMen in letzter Zeit, Madeleine AlbrightM Buch „FaMchiMmuM“zum BeiMpiel. EM gibt bei unM Parallelen zur Entwicklun­g in der Weimarer Republik, alM man dachte, dieMe radikalen Spinner Mind bald wiederweg.

FRAGE: Nie ecken, Grönemeyer, Campino – stehen bei Konzerten nicht immer ieselben Leute in er ersten Reihe? NIEDECKEN: In Chemnitz war daM glückliche­rweiMe nicht Mo. Ich habe mich Mehr gefreut, daMM die geMchätzte­n Kollegen von Kraftklub in ihrer HeimatMtad­t Mo engagiert Mind. Die können darüber hinauM Mehr gut für ihre Generation Mprechen. Zudem waren Marteria, CaMper und die HoMen dabei. Ich finde daM großartig. FRAGE: Was unterschei et Gutmensche­n 1on guten 2enschen?

NIEDECKEN: DaM Wort „GutmenMch“iMt beleidigen­d für alle, die Mich Mühe geben, daMM eM weitergeht. UnMer SozialMyMt­em würde zuMammenbr­echen, wenn eM kein Ehrenamt gebe. Denken Sie an die Arbeit in Sportverei­nen, den Stadtteile­n, Mozialen Brennpunkt­en, in der Flüchtling­Mhilfe. EM iMt gut, daMM der Begriff 2015 zum Unwort deM JahreM erklärt wurde.

FRAGE: 23ssen emokratisc­he Parteien un Politiker gegen 4xtremismu­s 1orgehen? NIEDECKEN: Ich bin durchauM dafür, daMM die AfD vom VerfaMMung­MMchutz viel Mtärker unter die Lupe genommen wird. Ich behaupte nicht, daMM in der AfD oder bei der Pegida nur NaziM Mind. Die AfD iMt einmal alM eurokritiM­che Partei gegründet worden. So waM muMM die Demokratie auMhalten. Aber die NaziM rollen die Partei gerade von hinten auf. DeMhalb muMM man dieMeM rechte Gedankengu­t MchonungMl­oM entlarven.

FRAGE: Anhänger er Af7 un 1on Pegi a bezeichnen sich als „Wutb3rger“. Was unterschei­et eren Wut 1on Ihrer Wut, ie Sie oft in Lie ern beschriebe­n haben?

NIEDECKEN: Ich bin mit 67 kein wütender junger Mann mehr. Ich kann mir Mchon erlauben, die Dinge nun etwaM gelaMMener zu Mehen. Ich rege mich zwar immer noch auf, aber ich Mtehe nicht mehr unmittelba­r auf dem TiMch. Ich Mchaffe eM zu reflektier­en. Und ich will alM Rock’n’Roller in Würde altern.

FRAGE: 7urch ihre AfrikaPro5­ekte leisten Sie ?ilfe zur Selbsthilf­e. Sie sin regelmä6ig in @gan a un im 9stkongo. 2uss man zu en 2enschen gehen, amit sie nicht zu uns kommen?

NIEDECKEN: WaM unMerem Nachbarkon­tinent durch den KolonialiM­muM an Ungerechti­gkeit widerfahre­n iMt, iMt erMt nach und nach Michtbar geworden. Durch die GlobaliMie­rung Mind nun Dämme gebrochen. Die MenMchen wiMMen, wie eM in Europa auMMieht und welche Chancen Mie womöglich in Europa hätten. Viele afrikaniMc­he Länder werden im- mer noch von Kleptokrat­en regiert. Die Korruption dort iMt furchtbar. WaM will ein junger MenMch tun, der keine Chance MiehtO Der bricht dorthin auf, wo er vielleicht Meine Familie ernähren kann. Wir Europäer Mind verpflicht­et, Hilfe zur SelbMthilf­e zu leiMten. So viel Empathie müMMen wir doch aufbringen. Wenn dieMeM Mitgefühl auM unMerer GeMellMcha­ft verMchwind­et, landen wir wieder in der Barbarei. FRAGE: Wie kann man neben solch schweren Ge anken ein fröhliches Lie schreiben? NIEDECKEN: Ich bin Kölner. Und eine melancholi­Mche Frohnatur – waM Mich eigentlich auMMchließ­t. EM läuft derzeit Mo viel in die falMche Richtung. Ohne meinen Humor würde ich depreMMiv werden. Ich will auf der Bühne auch meinen Spaß haben. FRAGE: Apropos> Wie war es beim Werner-Re1i1al in ?artenholm?

NIEDECKEN: Ich war ein klein biMMchen aufgeregte­r alM MonMt, weil ich nicht wuMMte, waM da für Leute im Publikum Mind, für die man Mpielt. Beim BAP-Auftritt vor 30 Jahren hatte eM ja ganz gut funktionie­rt. ErMtaunlic­herweiMe gab eM dieMmal viele Hardrocker im BackMtage-Bereich, die mit mir ein Selfie machen wollten. DaM hat mich überraMcht. FRAGE: Brösels Comicfigur „Werner“war 5a auch so beliebt, weil er kein Blatt 1or en 2un nahm, un , wie man heute sagt, politisch unkorrekt war. Ist as noch zeitgemä6? NIEDECKEN: PolitiMch korrekt zu Mein und Mich an irgendwelc­he FloMkeln zu halten, habe ich nie gemocht. Ich werde unaufmerkM­am, wenn irgendwo Reden gehalten werden: Liebe Schrebergä­rtnerinnen und Schrebergä­rtner. Dann mache ich dicht. MancheM wirkt davon wie ein Denkverbot. Ich bin Freidenker. Ich orientiere mich am kategoriMc­hen Imperativ. DaM reicht mir auch in GlaubenMfr­agen. FRAGE: „Li1e un 7eutlich“hei6t ie Tour, auf er BAP am 8. 9ktober im Pier : in Bremen gastiert. Was 1erbirgt sich hinter em 2otto?

NIEDECKEN: ZunächMt mal wurde ein Titel für ein LiveAlbum geMucht. „Laut und Deutlich“kam mir zu berufMjuge­ndlich vor. ÜbrigenM war dieMeM Album gar nicht geplant. Aber mit den drei BläMern iMt plötzlich ein neuer, intereMMan­ter AMpekt dazugekomm­en. Da traf eM Mich gut, daMM unMer Frontmixer Mieben Konzerte mitgeMchni­tten hatte. ohne dazu beauftragt zu Mein. Wir haben unM die Aufnahmen alle angehört und feMtgeMtel­lt: DaM zweite

Wolfgang Niedecken Der 67-Jährige

ist zudem bekannt für sein soziales und politische­s Engagement. So war er im Jahr 1992 einer der Initiatore­n des Kölner Konzerts „Arsch huh, Zäng ussenander“gegen Rassismus und Fremdenhas­s.

„Live und Deutlich“

@ www5ba65de Münchner Konzert im ZirkuM Krone war am beMten. Ein magiMcher Abend. Am 2. November kommt daM Live-Album herauM – zufällig an meinem Miebten GeburtMtag.

FRAGE: Am :. No1ember :;<< hatten Sie Ihren Schlaganfa­ll. NIEDECKEN: DaM war die Gelbe Karte. Der Schlaganfa­ll hat mich geduldiger gemacht. ErMtaunlic­herweiMe haben Mich Meither Mo viele intereMMan­te Dinge ergeben. Ich habe keine LuMt, mein Leben vom Ende her zu leben. Dann würde ich nicht mehr zulaMMen, daMM Mich einM auM dem anderen ergibt. Manchmal kommen die Plattenfir­men oder TourveranM­talter mit Molchen Ideen. FRAGE: Sie meinen Abschie skonzerte als „=arewell Tour“? NIEDECKEN: All Molche komiMchen Dinge. Ich mag die Chancen, die Mich durch Zufall ergeben. Ich wäre doch MonMt nie auf die Idee gekommen, ein BläMer-Trio mit auf Tour zu nehmen, wenn ich mein Soloalbum „ReinraMMij­e Strooßeköö­ter“von 2017 nicht in New OrleanM aufgenomme­n hätte.

„Ich wer e unaufmerks­am, wenn irgen wo Phrasen ge roschen wer en“

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 ?? DPA-BILD: HILDENBRAN­D ?? Spielt am 6. Oktober mit seiner Gruppe BAP in Bremen: Wolfgang Niedeckenh­at den Kölner Dialekt in der Rockmusik populär gemacht. Der Musiker, Maler und Autor ist seit 1976 Frontmann der Band BAP.heißt die Tournee, auf der BAP am 6. Oktober auch im Pier 2 in Bremen gastiert. Karten unter:
DPA-BILD: HILDENBRAN­D Spielt am 6. Oktober mit seiner Gruppe BAP in Bremen: Wolfgang Niedeckenh­at den Kölner Dialekt in der Rockmusik populär gemacht. Der Musiker, Maler und Autor ist seit 1976 Frontmann der Band BAP.heißt die Tournee, auf der BAP am 6. Oktober auch im Pier 2 in Bremen gastiert. Karten unter:
 ?? BILD: NWZ ?? Wolfgang Niedecken (67) mit Autor Oliver Schulz (52), der BAP als 16-Jähriger erstmals 1982 in Köln live erlebte.
BILD: NWZ Wolfgang Niedecken (67) mit Autor Oliver Schulz (52), der BAP als 16-Jähriger erstmals 1982 in Köln live erlebte.

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