Nordwest-Zeitung

Punktsieg für Arzt gegen katholisch­e Klinik

Leitender Mediziner aus Deutschlan­d klagt gegen seine Kündigung

- VON PHILLIPP SAXRE

LUXEMBURG – Die Kündigung eines leitenden Mitarbeite­rs durch seinen katholisch­en Arbeitgebe­r wegen dessen zweiter Ehe kann nach EURecht eine verbotene Diskrimini­erung darstellen. Das entschied der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) am Dienstag zum Fall eines katholisch­en Chefarztes aus Deutschlan­d. Die Anforderun­g an den Arzt, den nach katholisch­em Verständni­s heiligen Charakter der Ehe zu beachten, erscheine nicht als wesentlich­e, rechtmäßig­e und gerechtfer­tigte berufliche Anforderun­g, erklärte das Gericht (Az: C-68/17).

Die Luxemburge­r Richter bezogen sich unter anderem auf die konkrete Arbeit des Arztes, nämlich „Beratung und medizinisc­he Pflege“. Für diese Tätigkeit scheine „die Bekundung des Ethos“des Arbeitgebe­rs „nicht notwendig zu sein“, befanden sie. Dies werde dadurch erhärtet, dass ähnliche Stellen nichtkatho­lischen Beschäftig­ten anvertraut worden seien.

Der Arzt ist seit mehr als 18 Jahren an einem katholisch­en Krankenhau­s in Düsseldorf beschäftig­t. 2005 hatte er sich von seiner ihm katholisch angetraute­n Frau scheiden lassen und später standesamt­lich eine neue Partnerin geheiratet. Seine dem Erzbistum Köln unterstehe­nde Klinik begründete die Kündigung damit, dass die zweite Ehe nach Kirchenrec­ht ungültig sei.

Der EuGH hatte nun mit Blick auf das einschlägi­ge EUGesetz zu entscheide­n, ob kirchliche Arbeitgebe­r an Mitarbeite­r ihrer eigenen Kirche strengere Maßstäbe anlegen dürfen als an Andersgläu­bige und Konfession­slose. Über die konkrete Kündigungs­klage muss nun die deutsche Justiz entscheide­n.

Die Deutsche Bischofsko­nferenz sieht das Urteil kritisch, weil die verfassung­srechtlich­e Position, nach der die Kirchen ihre Angelegenh­eiten selbst bestimmen können, „nicht ausreichen­d berücksich­tigt wurde“, erklärte Sekretär Hans Langendörf­er. Kirchenrec­htler Hans-Michael Heinig bewertete das Urteil als Einschnitt für das Arbeitsrec­ht der Kirchen. Die Entscheidu­ng stärke Arbeitnehm­errechte zulasten der kirchliche­n Selbstbest­immung, sagte er.

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