Nordwest-Zeitung

Kletter-Star schwankt zwischen Fels und Olympia

Alexander Megos gewinnt WM-Bronze in der Disziplin Lead – Start in Tokio offen

- VON MANUEL SCHWARZ

INNSBRUCK – Nach seinem bronzenen WM-Coup stand Alexander Megos etwas bedröppelt vor dem jubelnden Publikum. Der Kletterer aus Erlangen winkte kurz, schlendert­e in Flipflops zum Podium, lächelte verlegen. Der 25-Jährige hatte die erste deutsche Männer-Medaille in der Königsdisz­iplin Lead seit 1993 geholt, der Erfolg sorgt im Deutschen Alpenverei­n (DAV) für glänzende Augen im Hinblick auf Olympia. Ist Megos nun Mitfavorit auf eine Medaille 2020 in Tokio? Das ist die falsche Frage. Die richtige: Tritt er überhaupt an?

Die Szene blickt der Premiere der Kletterer bei Sommerspie­len mit unterschie­dliDort chen Gefühlen entgegen. Die Wettkämpfe­r sehnen den Vergleich auf der schillernd­sten Sportbühne herbei, Traditiona­listen fürchten um den Charme ihres so unabhängig­en Sports. Irgendwo dazwischen steht Megos und sagt: „Ich habe mich noch nicht vollends entschiede­n.“

Das liegt daran, dass Megos’ Leidenscha­ft nicht der Wettkampf an künstliche­n Anlagen ist, sondern der Fels. ist er einer der stärksten Athleten der Welt. Die Sommerspie­le hat er im Blick – aber eben nicht ausschließ­lich. „Auf Olympia zu setzen, bedeutet, dass sämtliche Projekte am Fels vermutlich erstmal zurückgest­ellt werden müssen“, erzählte er.

Dabei ist es nicht so, dass die besten Athleten im Lead, also dem Schwierigk­eits- und Ausdauerkl­ettern mit Seil, automatisc­h die Favoriten auf Olympia-Medaillen sind. Bei den Spielen in Japan wird nämlich nur im OlympicCom­bined-Format geklettert, einem Dreikampf aus Lead, Bouldern und Speed-Klettern. In der extra für Olympia geschaffen­en Wertung werden bei der WM in Innsbruck erstmals Medaillen vergeben. Megos ist Mit-Favorit auf die Entscheidu­ng am Sonntag.

Gerade das Kombinatio­nsformat aber sorgt für Unmut und könnte Megos dazu bewegen, auf Tokio zu verzichten. „Es kann passieren, dass bei Olympia Athleten dabei sind, die mittelmäßi­g in allen Diszipline­n sind, die Top-Athleten aus den jeweiligen Diszipline­n aber fehlen“, sagte er.

Die anfänglich­e Empörung hat sich inzwischen zwar gelegt und viele Spitzenkle­tterer werden versuchen, in Tokio dabei zu sein, meinte Megos. „Die meisten haben gesehen, dass es eine Chance darstellt, den Sport einem größeren Publikum zu präsentier­en“, sagte er. Ob bei ihm Vernunft oder Gefühl entscheide­n, das ist noch nicht abzusehen.

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DPA-BILD: GRODER Fingerkraf­t nötig: Alexander Megos holte bei der Kletter-WM in der Disziplin Lead die Bronzemeda­ille

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