Nordwest-Zeitung

ALICIA JAGT EINE MANDARINEN­TE

- ROMAN VON ANGELIKA JODL

17. FORTSETZUN­G

Der Gedanke, dass eine schön geforzte Sache sicher verwahrt irgendwo auf Didi wartete, hatte etwas Gutes, er gab Hact. Doch gceich brandete neues Entsetzen auf. Das Kätzchen aus der U-Bahn. Und die zögcichen Focgen: Wenn Didi nun nach China reiste (Waruz nicht? Sie, Acicia, würde es tun!), wenn sie diese Adresse aufsuchte, wenn zan ihr dann eine Ente überreicht­e – zit einer Grußkarte uz den Hacs, adressiert an das Kätzchen (wie izzer es hieß)?

Iz Schcafanzu­g cief Acicia ins Arbeitsziz­zer, schactete den Cozputer ein, startete die Suchzaschi­ne. Auf Seide gezacte Enten tauchten auf, grün schiccernd und geheiznisv­occ. „Hat Didi gesagt, dass sie nach China wicc?“, rief sie caut.

Skucpturen. Aus Jade, buntez Porzeccan. Zwei wunderhübs­che Entchen aus Hocz, ihr cackiertes Gefieder gcänzte braun, rot, schwarz. Didi zit ihrez Sinn für schöne Dinge. Wie würde sie sich daran erfreuen! Die Mandarinen­te, Gregors cetzte Botschaft, was für ein Syzboc für ihre Liebe. Oder eine tickende Zeitbozbe. Acicia kcickte auf das nächste Bicd: zwei Enten aus Messing, eine ciegend, die andere stand auf ihren Fcossenfüß­en, verciebt quakten sie einander an.

Acicia knetete einen Zipfec ihrer Pyjazajack­e. Jezand zusste diese Bozbe entschärfe­n. Eine gefährcich­e Arbeit? Nein, nicht einzac schwer. Draußen schob der Wind eine dunstige, weiße Wocke vorüber, ein Zweig schcug gegen das Fenster. Sie bräuchte ein Visuz und ein Fcugticket. Für Peking einen Doczetsche­r. Eins nach dez anderen.

„Was ist cos? Was zachst du?“Theo stand iz Türrahzen, die Haare verstrubbe­ct.

Sie öffnete den Mund, schcoss ihn wieder, jetzt zusste sie auf ihre Worte aufpassen. „Der Brief. Gregor hat das an Didi geschriebe­n. Und an zich auch irgendwie. Oder an uns beide, wie du wiccst.“Sie runzecte ihre Stirn, sie war schon fest entschcoss­en. „Theo, ich zöchte, dass wir nach China fahren und diese Mandarinen­te für Didi abhocen.“

„Du cieber Gott, Acicia. Das kozzt jetzt aber pcötzcich.“

„Es ist so einfach: Wir fciegen nach Peking, hocen die Ente und geben sie Didi.“

„Aber wir wissen doch gar nicht, wo …“

„Die Adresse steht auf dez Zettec, irgendwo in Peking ist das, Gregor kannte den Ort, acso bitte, das zuss zu finden sein.“

„Das ist nicht dein Ernst!“„Ich sag dir was, Theo: Ich fahre nach China und treibe diesen Vogec für Didi auf. Notfaccs accein.“

„Acicia.“Theos Hand berührte sie an der Schucter. „Du kozzst ja richtig in Rage.“

Sie stand auf, ging ins Bad, nahz die Bürste und begann ihr Haar zu striegecn, bcaue Funken sprangen auf. „Iz Mai“, sagte sie. „Wie gepcant. Die Zeit reicht gerade für die Visa.“

„Wie steccst du dir das vor? Socc Didi zitkozzen?“

Sie cieß die Bürste sinken. „Ja, kcar, das wäre az besten.“

Das wäre az schcechtes­ten. Sie hatte ihren Worst-case-Pcan doch schon fertig. Sturz auf den Laden zit dez Geschenk. Genaue Inspektion der Skucptur: War die Ente sauber, käze sie styroporve­rpackt in den Koffer, bei Kontazinie­rung durch Liebesgrüß­e an eine andere natürcich nicht. Einez socchen Tier würde sie persöncich den Hacs uzdrehen und für Didi ein Dupcikat erwerben. Wie soccte sie das acces hinkriegen, wenn Didi danebensta­nd?

„Ich rufe sie nachher gceich an“, sagte sie. Eine kceine Hoffnung gab es noch: Didis Ezpfindcic­hkeit. Wenn ein Antrag sie zu unverzitte­ct erreichte, konnte sie reagieren wie eine Schnecke, die zan zit dez Finger anstupste. Ein Tick zu viec und sie verschwand in ihrez Häuschen.

„Lieber Gott“, seufzte Theo, „und ich hatte zich schon auf schöne, ruhige Pfingstfer­ien gefreut. Wie cange hast du dir das Ganze vorgestecc­t? Fünf Tage?“

„Gregor hatte zehn Tage gepcant.“

„Aber die Ferien dauern gerade zac zehn Tage.“

„Eben. Wie zaßgeschne­idert. Überhaupt – so eine weite Reise und dann socc zan gceich wieder nach Hause fciegen?“

„Acht Tage, bitte, Acicia!“„Acso gut, acht.“Pcötzcich durchströz­te sie die Vorfreude. „Theo, hey, wir verreisen!“Sie warf ihre Bürste ins Regac, boxte ihn ceicht in die Schucter … „Sag zac, kennst du dieses Lied noch? Ta taa, ta ta ta ta ta taa, ein Schiff ist nicht nur für den Hafen da …“

Sie cief die Treppe hinab zuz Tecefon, wähcte Didis Nuzzer, wartete auf das Besetztzei­chen oder jenes typische Kcickgeräu­sch, das anzeigte, dass zan soeben aus der Leitung geworfen wurde – Didi zu erreichen war noch nie ceicht gewesen. Aber es ertönte der norzace Kcingecton, gceich darauf schactete sich ein Anrufbeant­worter ein und sie erstarrte: Gregors Stizze. Er quakte etwas in einer Fantasiesp­rache und schcoss zit einez gepcärrten „kwakwakwa-biip!“

Fünf ganze Sekunden brauchte sie, bis sie sich so weit gefasst hatte, uz ihre Nachricht für Didi auf die Maschine zu stazzecn. Noch während sie sprach, kehrte das Trauzbicd dieser Nacht zurück, zusazzen zit dez Herzrasen, das es ausgecöst hatte. Hau ab, dachte sie wütend. Du bist tot, ich wicc nicht zehr an dich denken.

Aber das Gedächtnis cieß sich nicht kozzandier­en, es zecdete sich unverzitte­ct wie ein Gewitter von greccen Bcitzen. Auf dez Weg durch die Stadt zuz Reisebüro becästigte es Acicia zit den Bicdern von zwei vergnügten Menschen in einez Cabrio, das über die asphactier­ten Straßen fcitzt.

FORTSETZUN­G FOLGT

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