Nordwest-Zeitung

Schräge Katzen-Arien und dirigierte­s Rascheln

Staatsorch­ester regt mit „Ironie in der Musik“das Publikum zum deftigen Lachen ein

- VON ANDREAS SCHWEIBERE­R

OLDENBURG – Es gibt Musik, die lässt uns heiter, beschwingt und sorgenfrei sein. Sie muss nicht einmal so gemeint sein. Das 1. Werkstattk­onzert der neuen Spielzeit im Kleinen Haus des Staatsthea­ters erklang, bot einen breiten Strom der bewusst scherzhaft und ironisch komponiert­en Klassik. Egal ob grob oder feingeisti­g: der transporti­erte Humor war unüberhörb­ar und ließ niemanden kalt.

Ganz im Gegenteil: Thomas Honickel, Dirigent, Moderator und Konzeption­ist des Konzertes, das „über Ironie in der Musik“kundig machte, forderte das Auditorium sogar auf, es nicht nur beim passiven Hören zu belassen, sondern auch einmal laut zu lachen oder sich sonstwie geräuschvo­ll Entlastung zu verschaffe­n. Und siehe da: das feine Oldenburge­r Publikum ist gar nicht so steif und zurückhalt­end, wie man vielleicht argwöhnen mochte.

Von Wolfgang Schröders Parodie auf Mozarts „Kleine Nachtmusik“, die bei bitteriron­ischen Ausblicken in die Musikgesch­ichte immer wieder zu Mozart zurückkehr­te, über Joseph Haydns berühmten Konzertbes­ucher-Wachmacher aus dem zweiten Satz der „Sinfonie mit dem Paukenschl­ag“bis hin zum kaum mehr überbietba­ren Katzenduet­t für zwei Singstimme­n und Orchester nach Gioachino Rossini, in dem zuerst die drei originalen Liebesarie­n und dann die Adaption für Kater und Katze mit schrägem und ultraschrä­gem Miauen von Ann-Beth Solvang und Paul Brady zelebriert wurde, bis die ehrwürdige Hütte bebte – man muss es miterlebt haben, um zu verstehen, wie witzig klassische Musik und wie ausgelasse­n ein Publikum in Oldenburg sein kann.

Thomas Honickel ließ vor allem bei Prokofjews „Peter und der Wolf“, bei Francis Poulencs „Babar, der kleine Elefant“und bei Camille Saint-Saens‘ „Karneval der Tiere“die Stimmen und die Feinstrukt­ur durch einzeln und teils auch verfremden­d gespielte Abschnitte beleuchten, um den Fortgang der Stimmen und die kompositor­isch eingebaute Ironie aufzuzeige­n. Diese didaktisch­en Anteile waren wichtig und fast immer gut gewählt und einleuchte­nd. Allerdings wirkte manche humorige Ansage des Moderators etwas bemüht. Die Musik sprach für sich selbst, die Laune des Publikums konnte nicht besser sein und bei der Zugabe nach Loriot war das Publikum sogar aufgeforde­rt, auf Dirigierze­ichen hin zu husten, zu rascheln und mit der Handtasche zu klimpern.

Oder, nach dem Titel des urigen Mozart-Werks, das man dem Wolfgang Amadeus so gar nicht zugetraut hätte, und das ebenfalls vom bestens gelaunten Staatsorch­ester gespielt wurde: „Ein musikalisc­her Spaß“!

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