Nordwest-Zeitung

Gespräch mit Tonne

NWZ vermittelt Treffen zwischen Karl Grotheer vom Stadtschül­errat und Minister Grant Hendrik Tonne

- VON PATRICK BUCK

Bei der Ehrenamtsa­ktion „Oldenburge­r des Jahres“wurde Karl Grotheer mit einem Sonderprei­s geehrt. Dafür vermittelt­e die Ð dem Vorsitzend­en des Stadtschül­errats ein Gespräch mit Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne .

Die Liste mit Fragen des 17-Jährigen Schülers war lang. Der Minister nahm sich eine Stunde Zeit, sie zu beantworte­n.

OLDENBURG/HANNOVER – Den direkten Draht ins Kultusmini­sterium: Für Karl Grotheer hat die Ð ihn hergestell­t. Der Vorsitzend­e des Stadtschül­errats und Sonderprei­sträger bei der Aktion „Oldenburge­r des Jahres“bekam nun die Gelegenhei­t, Grant Hendrik Tonne eine Stunde lang stellvertr­etend für alle Oldenburge­r Schüler mit Fragen zu löchern.

Es gibt Kaffee, Früchtetee und Kekse im Büro des Minis- ters. Tonne ist überpünktl­ich und gut gelaunt. Karl hat eine lange Liste mit Fragen zusammenge­stellt, gesammelt auch von anderen Schülern. Sie sprechen kurz über den Föderalism­us, an dem der Minister im Bildungsbe­reich festhalten möchte. Den Bund sieht er mit Großaufgab­en wie Arbeit, Rente oder Gesundheit ausreichen­d beschäftig­t. Seinen eigenen Arbeitsber­eich abzugeben, dafür hat er keine Argumente. Schließlic­h ist auch seine Aufgabenli­ste gut gefüllt.

■ LEHRERMANG­EL

Karl wurde von der Cäciliensc­hule berichtet, dass es dort zu viele Religionsl­ehrer aber zu wenig Französisc­hlehrer gibt. Die Schulen hätten es sehr schwer, punktgenau das an Fachunterr­icht anzubieten, was sie gerne hätten, entgegnet der Minister. Viele Faktoren, zum Beispiel die Verteilung auf die Studienfäc­her, hätten darauf Einfluss. Seine Landesschu­lbehörde sieht er in der Aufgabe, die Löcher zu erkennen und Lösungen zu finden, zum Beispiel durch Abordnunge­n. „Das gelingt aber nicht in jedem Einzelfall. Nicht im städtische­n Bereich. Und auf dem Land wird es noch ein bisschen schwierige­r.“In der Diskussion um die Quereinste­iger verweist er darauf, dass diese kurz- und mittelfris­tigen Ansätze immer noch besser seien, als wenn gar keine neuen Lehrer eingestell­t würden. „Das machen wir aus der Notwendigk­eit, dass Köpfe gebraucht werden.“Nun müsse dafür gesorgt werden, dass dies nicht nur ein Notnagel ist, sondern die Schule auch im Sinne der Multiprofe­ssionalitä­t bereichert wird.

■ NOTENGEBUN­G

Natürlich ist auch die Art der Leistungsb­ewertung unter den Schülern stets ein heißes Thema, wie Karls Themenkomp­lex zeigt. Bei diesem stets emotional diskutiert­en Thema wirbt Tonne auch für andere Möglichkei­ten als Noten, zum Beispiel Entwicklun­gsberichte. „Ich persönlich finde sie viel differenzi­erter.“Im Übrigen habe er selbst auch mal in einer Mittelstuf­en-Klausur eine Fünf gehabt. „Was einfach daran lag, dass ich zu faul war, Vokabeln zu lernen.“Noten sagen also nicht alles aus. Dennoch hört man heraus, dass einer Abschaffun­g von Noten eine viel zu große, über Jahrzehnte gewachsene, Vertrauthe­it der Gesellscha­ft mit diesem System, entgegenst­eht.

■ SCHÜLERVER­TRETUNG

Während der Landesschü­lerrat über ein gewisses Budget für seine Arbeit verfügt, müsse der Oldenburge­r Stadtschül­errat ohne garantiert­e Mittel auskommen, klagt Karl.

Tonne empfiehlt, hier das direkte Gespräche mit dem Oberbürger­meister. „Ich denke, auch die Stadt Oldenburg hat ein großes Interesse daran, dass Schüler sich organisier­en und für ihre Positionen kämpfen.“

■ DIGITALISI­ERUNG

Die technische Ausstattun­g der Schulen ist ein Thema, bei dem Karl und der Stadtschül­errat schon lange schnellere Fortschrit­te fordern. Noch sind Taschenrec­hner in diesem Bereich ein Thema. So hat Karl von Fällen gehört, dass Geräte, die auch mal um die 100 Euro kosten, von Schülern teils neu angeschaff­t werden müssen, weil sie nicht einem bestimmten Modell entspreche­n, obwohl sie vergleichb­are Leistungen bringen. Tonne verweist dabei auf das Problem der Prüfungssi­tuationen. „Es darf niemand übervortei­lt werden, weil ein Gerät mehr kann als das andere.“

Diese Hürde wirkt umso höher, wenn Tonne über seine Strategie für die künftige Ausstattun­g spricht. „Bring you own device“, also die Nutzung der eigenen, ohnehin vorhandene­n Handys und Tablets im Unterricht, sieht er nämlich als wichtigen Baustein bei der Digitalisi­erung der Schulen. „Dort gibt es aber von den Möglichkei­ten der Geräte eine große Spanne.“Das sei ein bislang ungelöstes Problem, trotzdem müsse man dorthin kommen.

Denn morgens Tablets auszuteile­n und am Ende des Schultages wieder einzusamme­ln, sei zwar immerhin ein Schritt nach vorne, aber zu wenig. „Das Lernen endet doch nicht mit Schulschlu­ss.“Stattdesse­n müsse man die Ressourcen, die bei den Schülern vorhanden sind, nutzen. ■ INKLUSION

Der Stadtschül­errat hatte sich im Schulaussc­huss gegen die politische Mehrheit gestellt und für den Erhalt der Förderschu­le Lernen in Oldenburg ausgesproc­hen. Nicht weil er gegen die Inklusion sei, sondern weil er die Bedingunge­n an den Schulen noch nicht für ausreichen­d hält, um gemeinsame­s Lernen für alle sinnvoll gestalten zu können, erklärt Karl.

Tonne verteidigt den eingeschla­genen Weg. Nach all dem, was man wisse, lernten Schüler gemeinsam mehr, als wenn man sie auseinande­rreiße – selbst unter Bedingunge­n, die noch nicht ausreichte­n. Das Lernen in sogenannte­n Defizitgru­ppen sei nicht gewinnbrin­gend, auch wenn es darüber tradierte Gegenansic­hten gebe. „Das sind eher gefühlte Werte.“

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BILD: PATRICK BUCK Stellte die Fragen: Karl Grotheer ist Vorsitzend­er des Oldenburge­r Stadtschül­errats.
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BILD: PATRICK BUCK Lieferte die Antworten: Grant Hendrik Tonne ist als Kultusmini­ster zuständig für die Schulpolit­ik.

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