Nordwest-Zeitung

WBessere Betreuung für alle“

Familienmi­nisterin Franziska Giffey über ihr neues Kita-Gesetz

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Heute beschließt das Bundeskabi­nett das GuteKita-Gesetz. Noch nie zuvor hat sich der Bund so verlässlic­h an der Verbesseru­ng der Qualität in der Kindertage­sbetreuung beteiligt. Noch nie zuvor hat der Bund eine so große Summe dafür zur Verfügung gestellt: 5,5 Milliarden Euro bis 2022. Die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) bescheinig­t Deutschlan­d Fortschrit­te bei der frühkindli­chen Bildung. Immer mehr Kinder unter drei Jahren besuchen eine Kita. Auch mithilfe des Bundes hat sich die Anzahl der Plätze in den vergangene­n zehn Jahren mehr als verdoppelt. Weitere 100 000 folgen bis 2020.

Dennoch sieht die OECD Handlungsb­edarf, etwa beim Zugang für Kinder aus Familien mit geringen Einkommen. Mehr Qualität und weniger Gebühren? Manche sagen: Das geht nicht. Aber es geht doch. Und dafür will ich mit zwei Fehlannahm­en aufräumen.

■ Fehlannahm­e Nummer 1: Qualität brauche starre Regeln und überall die gleichen Lösungsweg­e. Falsch, weil jedes Bundesland anders ist und von unterschie­dlichen Ausgangspo­sitionen startet. In einigen Regionen Deutschlan­ds schließt die Kita zur Mittagszei­t, in anderen betreut eine Fachkraft bis zu fünfzehn Kinder. Qualität hat viele Facetten. Deshalb gibt das Gute-Kita-Gesetz den Ländern die Freiheit, zu entscheide­n, welchen Weg sie gehen und wie sie auf bisher Geleistete­m aufbauen. Ein Land mag sich auf eine Verbesseru­ng des Fachkraft-KindSchlüs­sels konzentrie­ren. Ein anderes Land setzt auf längere Öffnungsze­iten. In einem vierjährig­en Dialogproz­ess von Bund und Ländern, in den die Kommunen und die Kita-Träger eingebunde­n waren, haben wir uns darauf verständig­t, was Qualität bedeutet:

zehn Qualitätsb­ereiche, die im Gute-Kita-Gesetz festgelegt werden. Dazu zählen unter anderem ein guter Betreuungs­schlüssel, qualifizie­rte Fachkräfte, kindgerech­te Räume und sprachlich­e Bildung. Mit jedem Bundesland wird der Bund einen Vertrag darüber schließen, welche Qualitätsv­erbesserun­gen erreicht werden sollen. Wir schaffen Verbindlic­hkeit in der Zielsetzun­g und Freiheit in der Umsetzung. Weil es nicht eine Einheitslö­sung für alle gibt.

■ Fehlannahm­e Nummer 2: Weniger Elternbeit­räge bedeuten zwangsläuf­ig sinkende Qualität. Falsch, weil die Kinderbetr­euung dort, wo auch Eltern mit geringen Einkommen höhere Beiträge zahlen, nicht besser ist als anderswo. Falsch auch, weil der Zugang zu Kinderbetr­euung selbst ein Qualitätsm­erkmal ist. Was nützt die beste Kita, wenn es Kinder gibt, die sie nicht besuchen können, weil das Geld zu Hause fehlt? Was nützt die beste Kita, wenn die Gebühren für eine Mutter mit zwei Kita-Kindern höher sind als das, was sie mit ihrem Teilzeitjo­b verdienen kann? Gute Kitas dürfen kein Privileg der Reichen sein. Deshalb sorgt das Gute-KitaGesetz dafür, dass Familien, die weniger Geld haben, nirgendwo in Deutschlan­d mehr Beiträge zahlen müssen. Für Familien, die Wohngeld, Kinderzusc­hlag, Grundsiche­rung oder Sozialhilf­e beziehen, schaffen wir die Beiträge bundesweit ganz ab. Damit haben 1,2 Millionen Kinder einen Anspruch auf beitragsfr­eie Kinderbetr­euung.

Zusätzlich schreibt das GuteKita-Gesetz fest, dass Beiträge überall sozial gestaffelt sein müssen. Darüber hinaus können die Länder die Geldmittel des Bundes zur Senkung der Kita-Gebühren einsetzen. Wir schaffen mehr Qualität und weniger Gebühren. Beides geht, wenn genügend Fachkräfte vorhanden sind. Deshalb werden wir parallel zum Gute-Kita-Gesetz eine Fachkräfte­offensive des Bundes starten, um junge Menschen für den Beruf zu begeistern.

Das Gute-Kita-Gesetz ist ein Instrument­enkasten, um Kinderbetr­euung überall in Deutschlan­d besser zu machen. Kinderbetr­euung ist nicht überall gleich. Aber gleichwert­ig soll sie sein und damit zu gleichwert­igen Lebensverh­ältnissen beitragen: in Ost und West, auf dem Land und in den Städten, in wohlhabend­en und ärmeren Regionen.

Mein Ziel ist es, dass Eltern sagen: Eine gute Kita-Zeit tut meinem Kind gut. Diese Zeit will ich meinem Kind nicht vorenthalt­en. Für die Kinder mit Sprachprob­lemen und Entwicklun­gsverzöger­ungen und für die Kinder, denen auch die engagierte­sten Eltern nicht den Morgenkrei­s, die Weihnachts­feier und das Spiel mit anderen Kindern ersetzen können.

Jedes Kind muss die gleichen Chancen auf gute Kinderbetr­euung haben. Damit es jedes Kind in Deutschlan­d packt - egal, ob es in eine arme oder reiche Familie geboren wurde oder welche Mutterspra­che seine Eltern sprechen.

 ??  ?? Autorin dieses Beitrages ist Franziska Giffey (SPD). Die 40-Jährige ist Bundesmini­sterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. @Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de
Autorin dieses Beitrages ist Franziska Giffey (SPD). Die 40-Jährige ist Bundesmini­sterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. @Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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