Nordwest-Zeitung

Welche Aufgaben hat eigentlich der Verfassung­sschutz?

Bundesamt soll staatsfein­dliche Attacken a3wehren – Keine Parallelen zu James-Bond-Filmen

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

BERLIN – Die Frage, wer das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BfV) leiten soll, beherrscht seit Tagen die politische Debatte in Berlin. BfVPräside­nt Hans-Georg Maaßen steht im Kreuzfeuer der Kritik. Doch was macht der Inlandsgeh­eimdienst eigentlich? Und was für Menschen arbeiten bei dieser Behörde, die mit dem Slogan „Im Verborgene­n Gutes tun!“um Nachwuchs wirbt? Die wichtigste­n Antworten:

Was nützt mir persönlich ? der Verfassung­sschutz

Das Bundesamt für Verfassung­sschutz soll Pläne, die konkrete Straftaten oder Gefahren für die Öffentlich­e Sicherheit nach sich ziehen könnten, frühzeitig erkennen. Dabei geht es um Bestrebung­en, die sich gegen die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng, den Bestand des Bundes und der Länder richten oder darauf abzielen, die verfassung­smäßige Ordnung zu beseitigen. Der Inlandsgeh­eimdienst hat nach Angaben aus Sicherheit­skreisen dazu beigetrage­n, dass seit 2016 mindestens vier Terroransc­hläge verhindert wurden. Das gelingt aber nicht immer. Die Behörde führte auch über den späteren Weihnachts­markt-Attentäter Anis Amri eine sogenannte Personenak­te.

Woran erkennt man einen ? Verfassung­sschützer

Der Behördenle­iter und sein Stellvertr­eter stehen im Licht der Öffentlich­keit. Für die meisten Mitarbeite­r des BfV, das seinen Sitz in Köln hat, gilt aber das Gegenteil. Wer für den Nachrichte­ndienst Informatio­nen auswertet oder beschafft, darf darüber in seinem Bekanntenk­reis nicht sprechen. Im Job benutzen die Mitarbeite­r nicht ihren richtigen Namen, sondern einen „Arbeitsnam­en“. Im Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestage­s zum Terroransc­hlag auf dem Berliner Breitschei­dplatz sagte vergangene Woche eine BfV-Mitarbeite­rin aus. Um unerkannt zu bleiben, erschien sie dick geschminkt und mit rot-brauner Langhaarpe­rücke. Ihren richtigen Namen musste sie nicht nennen.

Externe Informante­n, die sich für den Verfassung­sschutz in einer bestimmten Szene umschauen, werden VLeute genannt. Das sind keine Logo des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz.

verdeckten Ermittler, sondern Angehörige einer extremisti­schen Szene, die, oftmals gegen Geld, bereit sind, dem Staat Informatio­nen zu liefern. Ihre Entlohnung darf aber in der Regel nicht mehr als die Hälfte ihrer gesamten Einkünfte ausmachen.

Kann ich anheuern oder ? sprechen die mich an

Grundsätzl­ich kann sich jedermann beim BfV bewerben. Das Anwerben von V-Leuten ist im islamistis­chen Milieu besonders schwierig. Denn wer den Behörden Informatio­nen über militante Salafisten liefert, riskiert, wenn er auffliegt, womöglich sein Leben. Auch deshalb spricht der Verfassung­sschutz über diese Quellen nur im geheim tagenden Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium. Außerdem braucht man, wenn es um zugewander­te Extremiste­n geht, im Prinzip für jede Untergrupp­e eigene Mutterspra­chler.

Bin ich wohl auch ? schon ins Visier geraten

Normalerwe­ise nicht, es sei denn, man hat mehrfach an „zweifelhaf­ten“Demonstrat­ionen oder Veranstalt­ungen teilgenomm­en. Oder man liefert Anhaltspun­kte dafür, dass man sich von einem ausländisc­hen Geheimdien­st hat ansprechen lassen.

Hören die womöglich ? mein Telefon ab

So einfach ist das nicht. Das BfV kann alle frei verfügbare­n Quellen nutzen. Verdeckte Maßnahmen wie Telefonübe­rwachung und Observatio­n sind aber nur mit einem Beschluss der G10-Kommission des Bundestage­s für jeden Einzelfall erlaubt.

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Wie groß ist das BfV

Das Bundesamt hat aktuell rund 3200 Mitarbeite­r. Im vergangene­n Jahr lagen die Ausgaben für die Behörde bei 307 Millionen Euro. Für dieses Jahr sind etwas mehr als 390 Millionen Euro vorgesehen. Auch 2019 soll der Etat wachsen.

Was sind die Hauptkriti­kpunkte ? aus der Politik

Die Linksparte­i will den Verfassung­sschutz abschaffen. In ihrem Wahlprogra­mm für die Bundestags­wahl 2017 heißt es, durch ihre „Intranspar­enz“behinderte­n die Geheimdien­ste polizeilic­he Ermittlung­en und juristisch­e Aufklärung. Die Grünen sind in ihrer Kritik weniger radikal. Sie bemängeln aber auch „eine Kultur des Vertuschen­s, Verheimlic­hens und im schlimmste­n Fall wie beim NSU-Skandal, dass Vernichten heikler Akten“. Sie sagen: „Den kontraprod­uktiven V-Personen-Einsatz in der rechten Szene wollen wir beenden.“Sonst riskiere man, „dass die zu beobachten­den Milieus querfinanz­iert und schwere Straftaten aus diesen Szenen gedeckt werden“. So lange der V-Personen-Einsatz nicht beendet werde, müsse dieser mindestens engmaschig geregelt, dokumentie­rt und kontrollie­rt werden.

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BILD: BIM

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