Von Oldenburg ins New York Chinas
Wie Sebastian Machowski zu seinem Trainer-Job in Shenzhen kam und was ihn dort erwartet
Der frühere BasketsTrainer arbeitet künftig in einer Millionen-Metropole. Machowski wird nicht nur kulturell, sondern auch im Basketball viel Neues erleben.
SHENZHEN/OLDENBURG – Anfang des Jahres verbrachte Sebastian Machowski mehrere Stunden in der Volkshochschule Oldenburg, um Japanisch zu büffeln. Die Sprachkenntnisse, die er sich in dem dortigen Grundkurs mühsam aneignete, helfen ihm derzeit allerdings herzlich wenig weiter. Machowski hat zwar tatsächlich einen neuen Job als Basketball-Trainer in Asien gefunden – jedoch nicht in Japan, sondern in China.
„Das war vergebene Liebesmüh’, blickt Machowski schmunzelnd auf seine Vokabel-Paukerei zurück, die er auf sich genommen hatte, weil sich seinerzeit ein Engagement in Japan für ihn anbahnte. Dies zerschlug sich, dafür öffnete sich für den 46jährigen ehemaligen Coach der EWE Baskets Oldenburg im Juli aber eine andere Tür nach Fernost.
Treffen in Las Vegas
„Ein Agent rief mich an und teilte mir mit, dass ein Club aus China kurzfristig einen neuen Co-Trainer sucht, der schon über Erfahrung als Chefcoach verfügt“, erzählt Machowski, der sofort Feuer und Flamme war und sich kurzerhand einen Flug nach Las Vegas buchte, um sich mit Wang Jianjun bekanntzumachen. Der Cheftrainer der Shenzhen Leopards hospitierte zu der Zeit in der US-Zockermetropole beim NBA-Club
Los Angeles Clippers während der Summerleague der nordamerikanischen Profiliga.
Die Chemie zwischen dem chinesischen und dem deutschen Trainer stimmte auf Anhieb, „und danach war für mich klar, dass ich das machen will“, berichtet Machowski, der nach seiner Freistellung bei den Eisbären Bremerhaven seit Dezember 2017 ohne Club war.
Vor der Vertragsunterschrift bei den Chinesen tagte freilich noch der Familienrat. Nach Rücksprache mit Ehefrau Nathalie entschied Machowski schließlich, sich ins Abenteuer China zu stürzen. Dass er Frau, den fünfjährigen Sohn Jonathan und das erst im Mai geborene Töchterchen Sophia in Oldenburg zurücklassen muss, sei ein „Wermutstropfen“, räumt Machowski ein: „Aber ich wollte diese Herausforderung unbedingt annehmen und bin glücklich, dass mich meine Frau so unterstützt.“Immerhin: Als der Ex-Profi am Dienstag ins Flugzeug nach China stieg, wurde er von seinen Liebsten begleitet. Einen Monat werden die Machowskis in der 13-Millionen-Einwohner Metropole Shenzhen im Südosten Chinas zusammen sein – bis zum Saisonstart am 21. Oktober, dann fliegen Frau und Kinder zurück nach Norddeutschland. „Ab dann habe ich sowieso keine Zeit mehr für die Familie“, sagt Machowski achselzuckend. Denn das Programm in der CBA, der Chinese Basketball Association, ist straff: 46 Partien bestreitet jedes Team in der regulären Saison, danach folgen die Playoffs. Da die Saison bereits Ende März endet, finden pro Woche drei bis vier Ligaspiele statt. „An Training ist da kaum noch zu denken“, sagt Machowski, der mit seinem neuen Club zur Saisonvorbereitung gerade für mehrere Wochen im spanischen Valladolid weilte.
Wie im Gewächshaus
Zuvor hatte der gebürtige Berliner schon eine Weile in Shenzhen verbracht – und einen ersten Eindruck von der Mega-Stadt in unmittelbarer Nähe zu Hongkong gewonnen. „Auf den Straßen ist enorm viel los – vergleichbar mit New York“, berichtet Machowski. Das Klima sei „subtropisch“, durch die vielen Bäume und Pflanzen fühle er sich „ein bisschen wie im Regenwald“, sagt er und fügt hinzu: „Es ist in etwa so, als wenn man in Oldenburg das Gewächshaus des Botanischen Gartens betritt.“
Mit den Gepflogenheiten der chinesischen Kulinarik machte Machowski ebenfalls schon Bekanntschaft, als er in einem Restaurant Hühnchen
bestellte – und ihm dieses mitsamt Kopf serviert wurde. „Wenn dich das Essen anguckt, ist das für einen Europäer natürlich schon erstmal gewöhnungsbedürftig“, sagt Machowski und lacht: „Aber bisher hat sich mir mein Magen noch nicht umgedreht.“
In seiner Zeit als Profi spielte Machowski in sechs verschiedenen Ländern, in Asien war er aber nie – weder beruflich noch privat. Umso mehr freut er sich auf die kommenden Monate: „Das ist für mich eine komplett neue Erfahrung. Ich finde das unheimlich spannend und interessant.“
Nicht nur kulturell, sondern auch im Basketball erwartet Machowski allerlei Neues. So sind in Chinas höchster
Liga nur zwei ausländische Spieler im Kader eines Teams erlaubt. Damit nicht genug: Von diesen beiden darf im ersten und im vierten Viertel jeweils nur einer spielen, einzig im zweiten und dritten dürfen beide auf dem Parkett stehen. „Dementsprechend hohe Summen fließen für ausländische Spieler – da werden teilweise Millionen-Gehälter gezahlt“, berichtet Machowski.
Geld ist genug vorhanden, auch bei Machowskis Shenzhen Leopards. Mit einem Budget von rund 20 Millionen Euro läge der Club in der Bundesliga mit Bayern München an der Spitze – in Chinas erster Liga bewegt er sich damit lediglich im oberen Drittel.
Die Shenzhen Leopards leisten sich für die nächste Saison Ex-NBA-Spieler Jared
Sullinger (26), der fünf Jahre für die Boston Celtics aktiv war. Zwischen 2013 und 2016 trug der ehemalige BasketsSpielmacher Bobby Brown (33/heute bei Olympiakos Piräus) das Trikot der Leoparden. Auch als Co-Trainer lässt sich in der CBA ordentlich verdienen. „Mein Job ist auch aus finanzieller Sicht attraktiv“, sagt ein offener Machowski, der nicht der einzige deutsche Coach in der Liga ist. Der frühere Bundestrainer Dirk Bauermann wechselte im Sommer von Würzburg zu den Sichuan Blue Whales.
Nowitzki kommt
Basketball ist in China hinter Tischtennis zur populärsten Sportart geworden, im nächsten Jahr findet hier die WM statt. Die NBA hat das Reich der Mitte mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern längst als riesigen Wachstumsmarkt erkannt, im Oktober werden zwei Vorbereitungsspiele der Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki und Maximilian Kleber gegen die Philadelphia 76ers in China stattfinden – eines davon in der 18000 Zuschauer fassenden Halle in Shenzhen. „Wenn es geht, werde ich mir das Spiel anschauen. Vielleicht klappt es dann ja auch mit einem Treffen mit Dirk und Maxi“, sagt Machowski, der Ende der 1990er-Jahre mit Nowitzki für die deutsche Nationalmannschaft spielte.
Eine Unterhaltung mit seinen Landsmännern wäre für Machowski eine willkommene Abwechslung. Denn in seinem Team sprechen nur wenige der chinesischen Spieler Englisch, Machowski muss mit ihnen über einen Dolmetscher kommunizieren. Mit Japanisch kommt er in China eben nicht weit.