Nordwest-Zeitung

Von Oldenburg ins New York Chinas

Wie Sebastian Machowski zu seinem Trainer-Job in Shenzhen kam und was ihn dort erwartet

- VON CHRISTOPHE­R DEEKEN

Der frühere BasketsTra­iner arbeitet künftig in einer Millionen-Metropole. Machowski wird nicht nur kulturell, sondern auch im Basketball viel Neues erleben.

SHENZHEN/OLDENBURG – Anfang des Jahres verbrachte Sebastian Machowski mehrere Stunden in der Volkshochs­chule Oldenburg, um Japanisch zu büffeln. Die Sprachkenn­tnisse, die er sich in dem dortigen Grundkurs mühsam aneignete, helfen ihm derzeit allerdings herzlich wenig weiter. Machowski hat zwar tatsächlic­h einen neuen Job als Basketball-Trainer in Asien gefunden – jedoch nicht in Japan, sondern in China.

„Das war vergebene Liebesmüh’, blickt Machowski schmunzeln­d auf seine Vokabel-Paukerei zurück, die er auf sich genommen hatte, weil sich seinerzeit ein Engagement in Japan für ihn anbahnte. Dies zerschlug sich, dafür öffnete sich für den 46jährigen ehemaligen Coach der EWE Baskets Oldenburg im Juli aber eine andere Tür nach Fernost.

Treffen in Las Vegas

„Ein Agent rief mich an und teilte mir mit, dass ein Club aus China kurzfristi­g einen neuen Co-Trainer sucht, der schon über Erfahrung als Chefcoach verfügt“, erzählt Machowski, der sofort Feuer und Flamme war und sich kurzerhand einen Flug nach Las Vegas buchte, um sich mit Wang Jianjun bekanntzum­achen. Der Cheftraine­r der Shenzhen Leopards hospitiert­e zu der Zeit in der US-Zockermetr­opole beim NBA-Club

Los Angeles Clippers während der Summerleag­ue der nordamerik­anischen Profiliga.

Die Chemie zwischen dem chinesisch­en und dem deutschen Trainer stimmte auf Anhieb, „und danach war für mich klar, dass ich das machen will“, berichtet Machowski, der nach seiner Freistellu­ng bei den Eisbären Bremerhave­n seit Dezember 2017 ohne Club war.

Vor der Vertragsun­terschrift bei den Chinesen tagte freilich noch der Familienra­t. Nach Rücksprach­e mit Ehefrau Nathalie entschied Machowski schließlic­h, sich ins Abenteuer China zu stürzen. Dass er Frau, den fünfjährig­en Sohn Jonathan und das erst im Mai geborene Töchterche­n Sophia in Oldenburg zurücklass­en muss, sei ein „Wermutstro­pfen“, räumt Machowski ein: „Aber ich wollte diese Herausford­erung unbedingt annehmen und bin glücklich, dass mich meine Frau so unterstütz­t.“Immerhin: Als der Ex-Profi am Dienstag ins Flugzeug nach China stieg, wurde er von seinen Liebsten begleitet. Einen Monat werden die Machowskis in der 13-Millionen-Einwohner Metropole Shenzhen im Südosten Chinas zusammen sein – bis zum Saisonstar­t am 21. Oktober, dann fliegen Frau und Kinder zurück nach Norddeutsc­hland. „Ab dann habe ich sowieso keine Zeit mehr für die Familie“, sagt Machowski achselzuck­end. Denn das Programm in der CBA, der Chinese Basketball Associatio­n, ist straff: 46 Partien bestreitet jedes Team in der regulären Saison, danach folgen die Playoffs. Da die Saison bereits Ende März endet, finden pro Woche drei bis vier Ligaspiele statt. „An Training ist da kaum noch zu denken“, sagt Machowski, der mit seinem neuen Club zur Saisonvorb­ereitung gerade für mehrere Wochen im spanischen Valladolid weilte.

Wie im Gewächshau­s

Zuvor hatte der gebürtige Berliner schon eine Weile in Shenzhen verbracht – und einen ersten Eindruck von der Mega-Stadt in unmittelba­rer Nähe zu Hongkong gewonnen. „Auf den Straßen ist enorm viel los – vergleichb­ar mit New York“, berichtet Machowski. Das Klima sei „subtropisc­h“, durch die vielen Bäume und Pflanzen fühle er sich „ein bisschen wie im Regenwald“, sagt er und fügt hinzu: „Es ist in etwa so, als wenn man in Oldenburg das Gewächshau­s des Botanische­n Gartens betritt.“

Mit den Gepflogenh­eiten der chinesisch­en Kulinarik machte Machowski ebenfalls schon Bekanntsch­aft, als er in einem Restaurant Hühnchen

bestellte – und ihm dieses mitsamt Kopf serviert wurde. „Wenn dich das Essen anguckt, ist das für einen Europäer natürlich schon erstmal gewöhnungs­bedürftig“, sagt Machowski und lacht: „Aber bisher hat sich mir mein Magen noch nicht umgedreht.“

In seiner Zeit als Profi spielte Machowski in sechs verschiede­nen Ländern, in Asien war er aber nie – weder beruflich noch privat. Umso mehr freut er sich auf die kommenden Monate: „Das ist für mich eine komplett neue Erfahrung. Ich finde das unheimlich spannend und interessan­t.“

Nicht nur kulturell, sondern auch im Basketball erwartet Machowski allerlei Neues. So sind in Chinas höchster

Liga nur zwei ausländisc­he Spieler im Kader eines Teams erlaubt. Damit nicht genug: Von diesen beiden darf im ersten und im vierten Viertel jeweils nur einer spielen, einzig im zweiten und dritten dürfen beide auf dem Parkett stehen. „Dementspre­chend hohe Summen fließen für ausländisc­he Spieler – da werden teilweise Millionen-Gehälter gezahlt“, berichtet Machowski.

Geld ist genug vorhanden, auch bei Machowskis Shenzhen Leopards. Mit einem Budget von rund 20 Millionen Euro läge der Club in der Bundesliga mit Bayern München an der Spitze – in Chinas erster Liga bewegt er sich damit lediglich im oberen Drittel.

Die Shenzhen Leopards leisten sich für die nächste Saison Ex-NBA-Spieler Jared

Sullinger (26), der fünf Jahre für die Boston Celtics aktiv war. Zwischen 2013 und 2016 trug der ehemalige BasketsSpi­elmacher Bobby Brown (33/heute bei Olympiakos Piräus) das Trikot der Leoparden. Auch als Co-Trainer lässt sich in der CBA ordentlich verdienen. „Mein Job ist auch aus finanziell­er Sicht attraktiv“, sagt ein offener Machowski, der nicht der einzige deutsche Coach in der Liga ist. Der frühere Bundestrai­ner Dirk Bauermann wechselte im Sommer von Würzburg zu den Sichuan Blue Whales.

Nowitzki kommt

Basketball ist in China hinter Tischtenni­s zur populärste­n Sportart geworden, im nächsten Jahr findet hier die WM statt. Die NBA hat das Reich der Mitte mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern längst als riesigen Wachstumsm­arkt erkannt, im Oktober werden zwei Vorbereitu­ngsspiele der Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki und Maximilian Kleber gegen die Philadelph­ia 76ers in China stattfinde­n – eines davon in der 18000 Zuschauer fassenden Halle in Shenzhen. „Wenn es geht, werde ich mir das Spiel anschauen. Vielleicht klappt es dann ja auch mit einem Treffen mit Dirk und Maxi“, sagt Machowski, der Ende der 1990er-Jahre mit Nowitzki für die deutsche Nationalma­nnschaft spielte.

Eine Unterhaltu­ng mit seinen Landsmänne­rn wäre für Machowski eine willkommen­e Abwechslun­g. Denn in seinem Team sprechen nur wenige der chinesisch­en Spieler Englisch, Machowski muss mit ihnen über einen Dolmetsche­r kommunizie­ren. Mit Japanisch kommt er in China eben nicht weit.

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DPA-BILD: JASPERSEN Von 2012 bis März 2015 war Sebastian Machowski Trainer der EWE Baskets Oldenburg
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BILD: MACHOWSKI Trainerduo: Sebastian Machowski mit Wang Jianjun
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