Die Wohngemeinschaft der klugen Köpfe
Reto Weiler gibt Amt des Rektors am Hanse-Wissenschaftskolleg nach zehn Jahren ab
Der 71-Jährige hat erreicht, dass die Einrichtung in Delmenhorst heute internationale Anerkennung genießt. Er bezeichnet das HWK als „Glutofen für Gedanken und neue Projekte“.
DELMENHORST/OLDENBURG/ BREMEN – Professor Dr. Reto Weiler hatte in seinem akademischen Leben schon viel gemacht – auch und gerade international. So folgte er, nach zahlreichen anderen Stationen, 1986 einem Ruf auf die Professur Neurobiologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Seit 2004 leitet er das Forschungszentrum Neurosensorik.
Dort wurde ihm dann 2005 ein zusätzliches Amt an der Uni Oldenburg angetragen: Vize-Präsident für Forschung.
„Ich war eigentlich mit meiner eigenen Forschung glücklich genug. Aber ich sah auch die Möglichkeit, anderen Forschern etwas zu ermöglichen und in dieser Funktion auch gesellschaftlich etwas zu leisten.“Bis 2008.
In dem Jahr ergab sich eine zusätzliche Perspektive: Reto Weiler wurde Rektor des 1997 gegründeten Hanse-Wissenschaftskollegs (HWK) der Länder Bremen und Niedersachsen in Delmenhorst. „Das ist eine Art Intendanten-Aufgabe. Man bringt hochkarätige Wissenschaftler zusammen, hilft, Schätze zu heben. Aber das Unbekannte ist nicht planbar.“Dennoch funktioniert diese Denkfabrik.
Das liegt auch vielleicht daran, dass der Schweizer schon bei der Gründung des HWK als „großer Unterstützer dabei war“. So machte es Jahre später natürlich Sinn, dass Weiler das Amt des Rektors übernahm.
Sorgen um Wissenschaft
Das Haus in Delmenhorst hat 22 Appartements und die Gäste aus aller Welt werden Fellows genannt. Diese Wissenschaftler, aber mittlerweile auch Schriftsteller und Komponisten kommen (für maximal zehn Monate) nach Delmenhorst, um sich dort zurückzuziehen und gleichzeitig Neues zu schaffen.
„Wir sind ein Glutofen für Gedanken und neue Projekte. Wir sind ein Haus des akademischen Zeitraums“, so der Rektor. Aber die Kunst besteht auch darin, nicht nur den Einzelnen nach Kräften zu unterstützen, sondern diese Menschen auch zusammenzuführen. 25 dieser Einrichtungen gibt es nur weltweit.
Gleichzeitig verfolgte Reto Weiler das Ziel, diese Gäste mit den Universitäten im Nordwesten in eine Beziehung zu bringen. Weilers Ziel dabei: Die Region als Wissenschaftsstandort profilieren.
„Wir wollten die internationale Anerkennung unserer Region erreichen. Das ist uns gelungen.“Und was wird nun aus dem 71-Jährigen? „Ich bleibe der akademischen Welt erhalten. Und ich möchte irgendwo auf der Welt auch einmal Fellow sein.“
Aber er macht sich auch Sorgen um die Wissenschaft der Zukunft: „Wissenschaft darf nicht nur der Reparaturbetrieb der Gesellschaft sein. Sie muss auch wieder die wegweisende Kraft sein.“
Noch viel vor
Die Bremer Professorin für Kognitive Neuroinformatik, Prof. Dr. Kerstin Schill, wird zum 1. Oktober 2018 neue Rektorin des Hanse-Wissenschaftskollegs. Weiler wird an diesem Mittwoch mit einem Festakt im com.media Veranstaltungszentrum in Delmenhorst in den Ruhestand verabschiedet.
Doch so ganz stimmt das mit dem Ruhestand nicht. Denn er ist nicht nur international vernetzt, sondern hoch anerkannt: Er ist Honorarprofessor der University of Queensland, Australien, korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Senatsmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Mitglied des Österreichischen Wissenschaftsrats. Die Liste der Ehrungen ist ähnlich lang.