Erster Kosmetikmeister
Gtephan Stitterich ist nun komplett gleichberechtigt – Kosmetik von Kopf bis Fuß
Stephan Stitterich hat es geschafft: Er ist Deutschlands erster männlicher Kosmetiker mit Meistertitel. Auf Umwegen hat er dieses Ziel erreicht. Sein beruflicher Weg begann in der Metallbranche . . . .
Stephan Stitterich hat es geschafft: Der Oldenbur; ger ist Deutschlands ers; ter männlicher Kosmeti; ker mit Meistertitel. Auf Umwegen hat er dieses Ziel erreicht. Sein beruf; licher Weg begann in der der Metallbranche.
OLDENBURG – An Sarah Connor und Verona Pooth hat er schon Hand angelegt – um die Stars noch strahlender erscheinen zu lassen. Mit Cremes, Lippenstift, Lidschatten, Nagellack und Co. kennt sich Stephan Stitterich bestens aus. Der Oldenburger ist Profi, wenn es um das Thema Schönheit und Pflege geht. Und dabei interessiert es ihn überhaupt nicht, ob er ein prominentes oder unbekanntes Gesicht vor sich hat. Seit 20 Jahren kümmert sich der 47-Jährige fachmännisch darum, dass sich andere Menschen attraktiv und wohl fühlen. Nun hat er seinen Traumberuf mit einem einzigartigen Titel gekrönt: Stephan Stitterich ist Deutschlands erster Kosmetikmeister.
Allein unter Frauen
Und damit – wieder – allein unter Frauen. Eine Rolle, die Stitterich gewöhnt ist. Denn wie schon vor Jahren während seiner Ausbildung war er nun auch in den Meisterlehrgängen der sprichwörtliche Hahn im Korb. Ohnehin gibt es die Möglichkeit, einen Meisterbrief im Kosmetikgewerbe zu erwerben, erst seit Juli 2015. Auf diese Chance hatte der Oldenburger, der aus Celle stammt, lange gewartet. Dabei war es überhaupt nicht klar, dass sich Stephan Stitterich in seinem Leben mal mit Cremes und Puder befassen wird. „Sondern mit Schmiere und Dreck“, erzählt er lachend von seinem beruflichen Werdegang. „Ich habe in der Metallbranche gelernt. Auf Wunsch meiner Eltern.“Doch schon früh sei ihm klar gewesen: „In diesem Beruf werde ich nicht alt.“Aber die Alternative?
„Ich hatte keine Idee“, sagt Stitterich. Wohl aber ein Verkaufstalent. Das war während der Wehrdienstzeit einem Bundeswehrkollegen aufgefallen. Der schlug ihm vor, Parfüms und Kosmetik zu verkaufen. Gute Verdienstmöglichkeiten habe man da. Als Vertreter von Tür zu Tür laufen, wollte Stephan Stitterich nun aber nicht. „Meine Freundin riet mir damals zu, als sie die Produkte sah.“Also wurden die Waren bestellt und Präsentationen veranstaltet.
Stephan Stitterich fand nicht nur Freude an dem Job, er hatte auch Erfolg. „Damals noch ohne Ahnung von Lippenstift und Mascara. Ich habe in Gesprächen mit Kundinnen einfach etwas dahin gebrabbelt. Doch es flatterten immer mehr Produktbestellungen ins Haus.“Bei einer dieser abendlichen Veranstaltungen passierte dann das, was den Lebensweg des jungen Mannes in andere Bahnen lenken sollte. „Eine Dame fragte mich: Warum machst Du das nicht beruflich?“
Kosmetiker? Stephan Stitterich hatte wohl Lust dazu. Er informierte sich über die Möglichkeiten einer Ausbildung, erfuhr, dass die kostenpflichtig ist, suchte sich das Cosmetic College Hannover dafür aus und musste feststellen, dass Männer und Frauen nicht gleichberechtigt sind. „Es gab noch nicht einmal die Bezeichnung männlicher Kosmetiker!“Als diese bürokratische Hürde genommen war, es endlich auch für den Herrn Stitterich einen Status gab, durfte er mit der Ausbildung loslegen. Das war im Schuljahr 1988/89 – und die Realität wohl noch nicht auf eine solchen Azubi vorbereitet, denn: „Als ich an meinem ersten Tag auch noch ein paar Minuten zu spät kam und mich ganz hinten in den Klassenraum setzte, dachten alle, ich sei ein Dozent.“
Wieder ein Exot
Anders als in der Metallbranche und beim Bund war Stitterich nun also ein Exot – von Kolleginnen und Ausbilderinnen interessiert beäugt. „Die Ausbildung gefiel mir. Ich jobbte, um sie mir leisten zu können.“Parallel dazu absolvierte der junge Mann eine Ausbildung zum medizinischen Fußpfleger. Nach zwei Jahren war er „staatlich geprüfter Kosmetiker“, und seine Eltern waren wieder gnädig gestimmt. „Ihnen hatte meine Entscheidung zu dieser Umschulung nämlich gar nicht gefallen.“
Ein großer Schritt war getan. Nun sollte es in die Selbstständigkeit gehen. Sein erstes „Kosmetikstudio“eröffnete Stitterich in Celle: „Auf 15 Quadratmetern im Geräteschuppen meines Elternhauses“, erzählt er. Drei Jahre arbeitete er dort, baute sich einen großen Kundenstamm auf – wollte aber noch mehr wachsen.
Wieder war es ein Freund, der ihn auf einen neuen Weg brachte. Er holte ihn nach Oldenburg, wo Stitterich für die Miss-Germany-Cooperation tätig wurde und außerdem in einem Friseurgeschäft am Scheideweg sein Kosmetikstudio betrieb. „Dort auf 25 Quadratmetern.“Es folgten mehrere Ortswechsel innerhalb Oldenburgs.
So abwechslungsreich die Modetrends, so bunt war und ist auch das Leben eines Profis für die Schönheit. Bei Modenschauen und Fotoshootings ist Stitterichs Können gefragt. Dort, wie auf der „Beauty Düsseldorf“, die internationale Fachmesse für Kosmetik, Nagel- und Fußpflege, Wellness und Körperfläche schlechthin, knüpfte der Oldenburger Kontakte. Zwischenzeitlich betrieb er ein Kosmetikstudio an der Nadorster Straße – auf 120 Quadratmetern.
Stephan Stitterich hätte also zufrieden sein können. War er aber nicht. „Mir fehlte der Meistertitel“, sagt er. Seine Kenntnisse waren nämlich in der Fachlehranstalt Oldenburg für Friseure und Kosmetiker (Donnerschweer-Straße) gefragt. „Ich wollte mein Fachwissen auch gern weitergeben. Aber ohne Meistertitel darf man ja nicht ausbilden.“Die Schule schaffte, mit Erlaubnis der Eltern der Auszubildenden, Ausnahmen. Stitterich selber legte dann auch noch mal los und absolvierte eine Ausbildung zum Nageldesigner sowie zum Farb- und Stilberater. Und träumte weiter vom Meistertitel. In Elke Fresemann, Bereichsleiterin der Friseurakademie habe er eine große Mitstreiterin gefunden, betont er. „Sie hat darum gekämpft, den
Meistertitel dann Vor zu der machen.“zwei erste handfest Jahren Vorbereitungslehrgang begann auf die KosmetikMeisterprüfung – und selbstverständlich war Stephan Stitterich dabei. Parallel zur Arbeit in seinem Kosmetikstudio, das er nun in der JupiterApotheke (Alexanderstraße 98) betreibt, drückte der 47Jährige noch mal die Schulbank. „Das Super-Team in der Apotheke gab mir während der Ausbildung immer Rückendeckung“, ist er dankbar.
Nicht „Chichi und Lala“
Nun ist Stephan Stitterich also auch ein von der Handwerkskammer geprüfter Meister seines Fachs. Und glücklich. Er strahlt, wenn er von seinem Beruf erzählt und davon, dass Verschönerung ein weites Feld sei. Mit „Chichiund Lala-Behandlung“habe das nichts zu tun. Kosmetik sei weitaus mehr, als die Hautoberfläche zu verbessern. „Die Behandlung geht tief in die Haut. Fast an die Grenzen zu dem, was ein Arzt macht“, erklärt der Profi. Für den Meistertitel müsse man darüber hinaus Kenntnisse über Chemie und Betriebswirtschaft nachweisen.
„Ich möchte ein Maximum an Beratung und Behandlung vermitteln – und zwar seriös“, sagt Stephan Stitterich. Aus dem Schwärmen für seinen Beruf kommt er gar nicht heraus. Der sei so vielfältig. „Und es kommt Feedback zurück. Entscheidend ist, dass man viel Leidenschaft dafür investiert.“Das bezieht der Kosmetiker auf die Berufsausbildung ebenso
wie auf den Umgang mit Kundinnen und Kunden.
Und jetzt kann er auch noch sein Kosmetikstudio verschönern: mit dem schmucken Meisterbrief im Rahmen.
→@ Ein Video sehen Sie unter www.nwzonline.de/Videos