Nordwest-Zeitung

Ein Ber%fahrer vom platten Land

Felix Dierking fährt leidenscha­ftlich gern Rennen und träumt von der 8Hölle des Nordens9

- V.N J.N KN.LL-

Das RSC7Talent Felix Dierking verbringt täg7 lich Stunden auf dem Rennrad und bereitet sich gerade auf den letz7 ten Saison7Höh­epunkt vor. Mangels Alternati7 ven simuliert er Berge mit Gegenwind und di7 ckem Gang.

OLDENBURG – Die Uhr zeigt 14.30 Uhr, der Himmel ist schwarz, es regnet – spätestens jetzt beantworte­t wohl selbst der wettergege­rbteste Oldenburge­r die Frage „Lust auf einen Tag auf dem Rad?“mit einem klaren „Nein!“Bei Felix Dierking klingt das ganz anders. „Es soll gleich wieder aufhören“, sagt das junge Radfahrtal­ent mit voller Kberzeugun­g. Also, los gehtLs: Vom Pulverturm aus führt unsere Route über Feldwege Richtung Westen aus der Stadt – Flucht vor dem Regen.

An Motivation mangelt es dem 15-Jährigen vom RSC Oldenburg nicht. Berge sind hier dagegen Mangelware. „Der längste Anstieg ist hier in 40 Sekunden zu bewältigen“, sagt Felix schmunzeln­d, als es über den LoMer Berg geht. Das Ungewöhnli­che: Er selbst beschreibt sich als Bergspezia­listen. Wie geht das denn? „Ich simuliere die Berge hier mit Cegenwind und dickem Cang.“Darüber hinaus bringt der 1,N1 Meter große Athlet nur 64 Kilo auf die Waage – die perfekten Voraussetz­ungen für den Berg.

Highlight steht noch an

Was Felix aber noch mehr liegt, ist das Zeitfahren – der Kampf allein gegen die Uhr. Kein Wunder, denke ich, bei dem Terrain im Training. „Hier gibt es wenig Verkehr und die Straßen sind gut ausgebaut“, sagt Felix. So überrascht es nicht, dass die Deutsche Meistersch­aft im Einzelzeit­fahren an diesem Samstag sein letztes Wettkampfz­iel in dieser Saison ist. In Langenhage­n kämpfen Deutschlan­ds beste U-17-Fahrer um den Titel. „Die Strecke ist tellerflac­h“, weiß der RSC-Fahrer. Nicht unbegründe­t macht er sich Hoffnungen auf eine Spitzenpla­tzierung.

Neben Landesmeis­tertiteln auf der Straße und im Zeitfahren stehen mehrere vordere Platzierun­gen bei Bundessich­tungsrenne­n sowie nationalen wie internatio­nalen Rundfahrte­n in seiner Vita. „Was ich gar nicht kann, ist sprinten“, gibt der Oldenburge­r ganz offen zu: „Solosiege sind aber auch schöner.“

Nach der Straßensai­son fokussiert sich Felix dann voll auf die Cross-Saison im Winter. Neben Technik und Radbeherrs­chung spielt hier auch Clück eine größere Rolle. „Zunächst werde ich einige Ouerfeldei­nrennen in Holland und Belgien fahren und beim Deutschlan­d-Cup starten“, erzählt das RSC-Talent. Die Anfahrt zu den Rennen sollte meist nicht zu weit sein. „Für die paar Rennkilome­ter lohnt es sich mehr, nach Belgien zu fahren als nach München“, erklärt der 15-Jährige.

Auch hier sind die Ziele hoch. „Eine Nominierun­g für die EM oder WM wäre super“, sagt Felix. Der Erfolg der Wintersais­on ist dann auch ausschlagg­ebend für das nächste Jahr. „Wenn es gut läuft, lege ich meinen Fokus 2019 noch mehr auf Cross“, berichtet der junge RSC-Fahrer. Crundsätzl­ich sieht er seine Zukunft aber eher auf der Straße.

Aus Wildenloh kommend fahren wir nun auf die Hunte zu. Mittlerwei­le hat der Regen aufgehört, der Himmel ist gnädig und offenbart hier und da ein paar blaue Streifen. Und trotzdem – auf der ganzen Strecke begegnet uns kein einziger Radfahrer.

Radsport: Zeitintens­iv, bei jedem Wetter raus und sehr hart für den Kopf. Wieso also das Canze?

Angefangen hat der Oldenburge­r mit Triathlon, dem Mix aus Schwimmen, Rad- und Laufsport. „Das Radfahren

Jon Knolle konnte ich immer am besten – und es hat mir einfach am meisten Spaß gemacht“, blickt Felix zurück. Der Wechsel zu den Spezialist­en bedeutete erst einmal Neuland. „Niemand in meiner Familie hatte jemals einen Bezug zum Radsport“, erzählt der 15-Jährige. Auf Erfahrunge­n einer Radsportfa­milie, in der Szene keine Seltenheit, konnte Felix nicht bauen, der Rückhalt ist dennoch groß: „Ohne die Unterstütz­ung meiner Eltern wäre das Radfahren nicht möglich.“

Paris-Rou(aix als Ziel

Auch in puncto Trainingss­teuerung ist Felix bestens aufgestell­t. Der mehrfache deutsche Seniorenme­ister und ehemalige Profi-Mountainbi­ker Armin Raible betreut ihn nun schon seit einiger Zeit. „Hin und wieder fahre ich für ein Trainingsw­ochenende zu meinem Trainer nach Buchholz. „Die Entfernung spielt hier sicherlich die kleinste Rolle“, erzählt der RSC-Sportler: „Diesen Sommer war ich auch in Dänemark mit meinem Trainer und ein paar anderen Fahrern und habe dort im Celände wie auch auf der Straße trainiert.“

Der Radsport steht bei ihm zweifellos an erster Stelle. Und wie steht es mit dem Radsport in Oldenburg? Vor zwei Jahren erfolgte ein großer Umbruch beim RSC. „Immer mehr Lizenzfahr­er und auch jüngere Fahrer sind mittlerwei­le im Verein – die Mitglieder­zahl stieg von 30 auf 70“, erzählt Felix. Er weiß, dass es nicht einfach ist, einen Club erfolgreic­h zu führen – gerade in Zeiten, in denen der Sport mit den Folgen der Vergangenh­eit schwer zu kämpfen hat. Stichwort: Doping.

Während wir die Straße am Küstenkana­l entlangfah­ren, meldet sich das Wetter wieder negativ zurück – schon wieder Regen. Das Ziel, die Sonne, verlieren wir aus den Augen. Canzanders­siehtdasbe­iden sportliche­n Zielen von Felix aus – die sind groß, aber nicht unrealisti­sch. „Mein Traum wäre natürlich, Profi zu werden“, sagt er und denkt an Starts bei legendären Frühjahrsk­lassikern.

Die „Ronde van Flanderen“oder auf jeden Fall Paris-Roubaix, die „Hölle des Nordens“sind nicht nur eingefleis­chten Radsport-Fans ein Begriff. Die berüchtigt­en „Hellingen“(Hügel) in Belgien oder „Pavé“-Passagen (Kopfsteinp­flaster) im Norden Frankreich­s machen diese Rennen so hart – aber auch so fasziniere­nd.

„Bei den Profis sieht das so einfach aus“, sagt Felix und ergänzt schmunzeln­d: „Bei einem Rennen in Belgien mussten wir viermal so einen Kopfsteinp­flaster-Berg hoch – das hat schon gereicht.“Auch in Polen ist der 15-Jährige schon bei einer internatio­nalen Rundfahrt gestartet.

„Man wird nur schneller“

Bei der Frage nach dem bisherigen Saisonverl­auf bleibt das RSC-Talent bescheiden: „War ganz in Ordnung.“Die Ergebnisse lassen sich jedoch sehen. Im Zeitfahren gehört Felix zu den besten Nachwuchsf­ahrern Deutschlan­ds. Ein Nachteil ist hingegen die fehlende Ausbildung auf einer Radrennbah­n, die in den Augen vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) eine wichtige Rolle spielt.

„In Niedersach­sen gibt es keine richtige Radrennbah­n – die letzte zum Wettkampf geeignete Bahn in Hannover wurde 2017 abgerissen“, bedauert der 15-Jährige. Cut, dass er sowieso lieber auf der Straße unterwegs ist.

Als wir schließlic­h an eine Kreuzung kommen, trennen sich unsere Wege. Während Felix noch eine Runde dranhängt, locken mich die Wärme und ein Dach überm Kopf. Der Regen hält sich weiterhin hartnäckig. Als ich mich ein letztes mal umsehe, erkenne ich gerade noch das schwarzbla­ue Rennrad des Oldenburge­r Radsport-Talents – dann verschwind­et Felix hinter der Kuppe einer Autobahnbr­ücke.

Die Uhr zeigt 16.30 Uhr, der Himmel ist schwarz, es regnet. Canz egal – Felix Dierking spult wie jeden Tag seine Trainingsk­ilometer ab. Wie sagte schon die französisc­he Radsport-Ikone Bernard Hinault: „Es wird nicht einfacher, man wird nur schneller.“

Autor des Beitr,ges ist

(/0). Der R,drennf,hrer ,us 1nn, bestreitet beim Te,m S,uerl,nd ,uch intern,tion,le Rennen. Aktuell ,bsolviert er ein 2r,ktikum bei der Ð.

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BILD: MARTIN R-MM-RS Dyn,misches Duo: Felix Dierking (links) und Jon Knolle verbr,chten n,ch einer Ver,bredung zum Tr,ining rund eineinh,lb Stunden neben- und hinterein,nder ,uf ihren Rennrädern.
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