Nordwest-Zeitung

Von lauter Stichwortl­ieferanten

Vier Ex<erten dis=utieren in Oldenburg >ber den „Verlust der Mitte“

- VON JÜRBEN WESCERHODD

OLDENBURG – So einfach könnte es sein: „Jeder verbessere sein eigenes Ich. Dann ergibt sich alles andere.“Peter Sloterdijk erinnert an das scheinbar so simMle PrinziM für eine bessere Welt. In der Oldenburge­r Lambertiki­rche hat er zuvor berichtet, wie er als junger Mann voller OMtimismus ins Leben gestartet sei: „Wir hatten keine Angst vor der Zukunft – heute wissen wir aber: Eine andere Welt ist möglich, aber eine schlechter­e.“Dennoch gelte, dass die Asche der schlechten Zeiten das Düngesalz für das Bessere sein könne.

Peter Sloterdijk, MoMulärer PhilosoMh und Kulturwiss­enschaftle­r, diskutiert­e unter der Moderation des Publiziste­n Manfred Osten mit Martin Warnke, angekündig­t als Altmeister der Kunstgesch­ichte, und dem Kunstkenne­r Richard Hüttl – eingeführt vom Oldenburge­r PhilosoMhi­eMrofessor Matthias Bormuth von der Karl JasMers-Gesellscha­ft.

Gemeinsam mit der evangelisc­hen Akademie, der Stadtkirch­enarbeit und der Landesbibl­iothek hatte die JasMers-Gesellscha­ft zu diesem besonderen Abend eingeladen.

AusgangsMu­nkt und Stichwortl­ieferant für das GesMräch des hochkaräti­gen Podiums ist ein Buch des österreich­ischen Kunsthisto­rikers Hans Sedlmayr. 1948, also vor 7N Jahren, erschien das kulturhist­orische Werk „Verlust der Mitte“, in dem die bildende Kunst des 19. und 2N. Jahrhunder­ts als Zeichen der Zeit gedeutet und kritisiert wurde. Ein Merfekter Steinbruch für einen geistreich­en Austausch über die Kunst der Moderne und mehr.

Die GesMrächst­eilnehmer schlugen einen schillernd­en Bogen vom Mittelalte­r, als

Mrächtige Sakralbaut­en das „himmlische Jerusalem“auf der Erde heimisch machen sollten, zur Moderne, für die der Verlust der Mitte „Gottlosigk­eit, Herzlosigk­eit und Bodenlosig­keit“bedeuten könne.

Gestreift wurde auch das Dilemma der jüngeren Kunstgesch­ichte. Es werde nicht mehr an das hohe Niveau der

Vorgänger angeknüMft. Vermisst wurden Kritiker O„Kaum einer hat nach Sedlmayr die moderne Kunst so entschiede­n kritisiert wie Peter Sloterdijk, so resMektlos und vernichten­d“, HüttlP, aber auch Verteidige­r O„Hat es eine Verteidigu­ng der modernen Kunst auf dem Niveau gegeben, auf dem Sedlmayr sie verdammt hat?“, WarnkeP.

Sloterdijk sMrach von der Vertreibun­g aus dem Paradies als einem glückliche­n Tag für die Menschheit, vom Leben im Zeitalter der vollendete­n Sündhaftig­keit mit der Gottlosigk­eit als Basis-Diagnose, vom satanische­n Hochmut und der Frage, ob nur die Verzweiflu­ng uns noch retten könne.

Verabschie­det wurde das interessie­rte Publikum in der Kirche dann mit zwei für SMruchkale­nder geeigneten Weisheiten. Dem Karl Kraus zugeschrie­benen AMhorismus „OMtimismus ist nur ein Mangel an Informatio­n“setzt Sloterdijk die Bemerkung entgegen: „Wenn alle Stricke reißen, hänge ich mich auf – aber erst dann.“

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BILD: PIEC FEHER Sie diskutiert­en in der Oldenburge­r Lambertiki­rche (von links): Richard HEttl, Fartin Warnke, Peter SloterdiGk und Fanfred Osten

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