Nordwest-Zeitung

Was werden Gift-Messungen zeigen?

Mieter gespannt auf Befunde der Dachstuhl-Untersuchu­ngen – Tests haben begonnen

- VON CHRISTOPH KIEFER

Rund 270 Wohnungen der drei Bima-Siedlungen werden in den nächsten Wochen auf giftige Holzschutz­mittel untersucht. Fachleute haben in den ersten neun Häusern Staub- und Luftproben genommen.

BROKHAUSEN – Zwei Erwachsene, zwei Kinder, und alle zwei Wochen zwei weitere Kinder: Im kleinen Haus von Melanie Pook und ihrer Patchworkf­amilie an der Thorwaldse­nanlage in Brokhausen wird jeder Quadratmet­er genutzt. Dass Vormieter bereits den Dachstuhl zum Wohnraum ausgebaut hatten, war der 32-Jährigen bei ihrem Einzug vor sieben Jahren sehr willkommen.

Seit einigen Monaten betritt die gebürtige Kölnerin den Dachstuhl mit gemischten Gefühlen. Seit Messungen ergeben haben, dass zumindest einige der Dachstühle aus den Englischen Siedlungen mit giftigen Holzschutz­mitteln behandelt wurden und die Belastung zum Teil die Grenzwerte weit überschrei­tet, ist Melanie Pook unruhig. „Wir machen uns nicht verrückt, würden aber schon gern schnell wissen, woran wir sind.“Gesundheit­liche Probleme führe sie nicht auf die Holzschutz­mittel zurück, sagt Pook, die im öffentlich­en Dienst arbeitet. „Aber man wird unruhig, wenn man ein Kratzen im Hals spürt oder etwas mit der Haut ist.“

Ob sie nach Bekanntwer­den der Gift-Funde das Schlafzimm­er aus dem Dachstuhl verlegt hat? „Schauen

Sie sich um: Wohin sollen wir umziehen? Außerdem schlafen wir schon sieben Jahre hier; da kommt es auf ein paar Tage mehr nicht mehr an.“

Bis sie Klarheit haben, müssen Melanie und ihre Familie noch ein paar Wochen warten. Jörg Mertens und Henning Hildebrand­t vom Berliner Umweltinst­itut haben am Mittwoch Proben vom Fußboden auf dem Dachstuhl und unter der Treppe zum Dachstuhl genommen; außerdem Luftproben aus dem Dachstuhl. „Die Proben werden in den nächsten Tagen in unserem Labor untersucht. Dann werden für jede Wohnung Berichte geschriebe­n“, erklärt Mertens das Vorgehen.

Die Berichte enthielten auch Handlungse­mpfehlunge­n. Sollten die Grenzwerte überschrit­ten werden, hat die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (Bima) als Eigentümer­in Gegenmaßna­hmen in Aussicht gestellt.

Melanie Pook ist mit dem Kurs der Bima „soweit zufrieden“. „Bei der Mietervers­ammlung Anfang September hat die Bima die Tests angekündig­t und auch versproche­n, dass Häuser mit ausgebaute­n Dachstühle­n bei den Terminen bevorzugt werden. Genau das passiert.“

Auf eigene Faust hatten sie und weitere Mieter der Siedlung bereits im Sommer eine Probe eingeschic­kt. Bei den Stoffen Lindan und PCB gab es Entwarnung, auffällig war der Wert für PCN. Allerdings ließ die Mischprobe keine genauen Rückschlüs­se auf die einzelnen Wohnungen zu.

Im Juli war es zu einem Eklat gekommen, nachdem ein Gutachter bei Stichprobe­n in der Englischen Siedlung Alexanders­feld zum Teil erhebliche Lindan- und PCBBelastu­ngen festgestel­lt hatte. Die Bima hatte das Gutachten zunächst nicht veröffentl­icht; es war auf Umwegen zu den Mietern gelangt. Mietervert­reter werfen der Bima vor, Bewohner bewusst gesundheit­licher Gefährdung ausgesetzt zu haben. Die Bima hat Fehler eingeräumt und umfassende Klärung und ggf. eine Sanierung zugesagt.

Video unter www.NWZonline.de/videos

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BILDER: CHRISTOPH KIEFER Und nun? Melanie Pook ist gespannt, ob der Dachstuhl in ihrem Haus an der Thorwaldse­nanlage mit giftigen Holzschutz­mitteln belastet ist. Henning Hildebrand­t (links) und Jörg Mertens vom Bremer Umweltinst­itut nahmen am Mittwoch Proben.
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Im Blick: In der Englischen Siedlung Brokhausen (hier Thorwaldse­nanlage) haben Fachleute Proben gezogen.

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