Was werden Gift-Messungen zeigen?
Mieter gespannt auf Befunde der Dachstuhl-Untersuchungen – Tests haben begonnen
Rund 270 Wohnungen der drei Bima-Siedlungen werden in den nächsten Wochen auf giftige Holzschutzmittel untersucht. Fachleute haben in den ersten neun Häusern Staub- und Luftproben genommen.
BROKHAUSEN – Zwei Erwachsene, zwei Kinder, und alle zwei Wochen zwei weitere Kinder: Im kleinen Haus von Melanie Pook und ihrer Patchworkfamilie an der Thorwaldsenanlage in Brokhausen wird jeder Quadratmeter genutzt. Dass Vormieter bereits den Dachstuhl zum Wohnraum ausgebaut hatten, war der 32-Jährigen bei ihrem Einzug vor sieben Jahren sehr willkommen.
Seit einigen Monaten betritt die gebürtige Kölnerin den Dachstuhl mit gemischten Gefühlen. Seit Messungen ergeben haben, dass zumindest einige der Dachstühle aus den Englischen Siedlungen mit giftigen Holzschutzmitteln behandelt wurden und die Belastung zum Teil die Grenzwerte weit überschreitet, ist Melanie Pook unruhig. „Wir machen uns nicht verrückt, würden aber schon gern schnell wissen, woran wir sind.“Gesundheitliche Probleme führe sie nicht auf die Holzschutzmittel zurück, sagt Pook, die im öffentlichen Dienst arbeitet. „Aber man wird unruhig, wenn man ein Kratzen im Hals spürt oder etwas mit der Haut ist.“
Ob sie nach Bekanntwerden der Gift-Funde das Schlafzimmer aus dem Dachstuhl verlegt hat? „Schauen
Sie sich um: Wohin sollen wir umziehen? Außerdem schlafen wir schon sieben Jahre hier; da kommt es auf ein paar Tage mehr nicht mehr an.“
Bis sie Klarheit haben, müssen Melanie und ihre Familie noch ein paar Wochen warten. Jörg Mertens und Henning Hildebrandt vom Berliner Umweltinstitut haben am Mittwoch Proben vom Fußboden auf dem Dachstuhl und unter der Treppe zum Dachstuhl genommen; außerdem Luftproben aus dem Dachstuhl. „Die Proben werden in den nächsten Tagen in unserem Labor untersucht. Dann werden für jede Wohnung Berichte geschrieben“, erklärt Mertens das Vorgehen.
Die Berichte enthielten auch Handlungsempfehlungen. Sollten die Grenzwerte überschritten werden, hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) als Eigentümerin Gegenmaßnahmen in Aussicht gestellt.
Melanie Pook ist mit dem Kurs der Bima „soweit zufrieden“. „Bei der Mieterversammlung Anfang September hat die Bima die Tests angekündigt und auch versprochen, dass Häuser mit ausgebauten Dachstühlen bei den Terminen bevorzugt werden. Genau das passiert.“
Auf eigene Faust hatten sie und weitere Mieter der Siedlung bereits im Sommer eine Probe eingeschickt. Bei den Stoffen Lindan und PCB gab es Entwarnung, auffällig war der Wert für PCN. Allerdings ließ die Mischprobe keine genauen Rückschlüsse auf die einzelnen Wohnungen zu.
Im Juli war es zu einem Eklat gekommen, nachdem ein Gutachter bei Stichproben in der Englischen Siedlung Alexandersfeld zum Teil erhebliche Lindan- und PCBBelastungen festgestellt hatte. Die Bima hatte das Gutachten zunächst nicht veröffentlicht; es war auf Umwegen zu den Mietern gelangt. Mietervertreter werfen der Bima vor, Bewohner bewusst gesundheitlicher Gefährdung ausgesetzt zu haben. Die Bima hat Fehler eingeräumt und umfassende Klärung und ggf. eine Sanierung zugesagt.
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