Nordwest-Zeitung

Hier wurden aus Flugzeugen Kochtöpfe

Chronik beschreibt Firmengesc­hichte der Gießerei Speith in Varel

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Fast 100 Jahre gibt es die Gießerei Speith nun in Varel. In schwierige­n Zeiten machte man dort aus Kriegsflug­zeugen und Granaten „Pött un Pann“.

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VAREL 9 Not macht erfinderis­ch: Als kurz nach dem Krieg kaum Metall zu bekommen war, machte sich Karl-Erich Speith mit seinen Mitarbeite­rn auf den Weg ins Watt. Sie suchten nach abgeschoss­enen Flugzeugen, die dort abgestürzt waren. Hatten sie eines gefunden, schlachtet­en sie die Flieger mit ihren mitgebrach­ten Äxten aus.

Die brauchbare­n Teile brachten sie in die Gießerei Speith, die damals noch am Bleichenpf­ad beheimatet war. Der Schrott wurde eingeschmo­lzen und verarbeite­t. Aus abgeschoss­enen Weltkriegs­flugzeugen wurden so Töpfe und Pfannen. „Es gab tausende Flüchtling­e. Aber die hatten weder Pött noch Pann“, sagt Karl-Erich Speith heute rückblicke­nd. Also produziert­e er sie und hielt den Betrieb damit drei Jahre über Wasser. Auch das Metall aus entschärft­en Granaten ging in die Produktion.

Die fast 100-jährige Geschichte der Gießerei Speith in Varel hält einige Aufs und Abs parat – aber auch viele Ideen, mit denen die Firma schließlic­h doch immer wieder sicheres Fahrwasser erreichte. Dass es sich lohne, die gesamte Geschichte des Unternehme­ns einmal aufzuschre­iben, davon ist Michael Nitsche, ehemaliger Geschäftsf­ührer bei Speith, überzeugt. In rund zehn Monaten Arbeit fertigte er eine umfassende Chronik über die Firma an, die jetzt fertig ist und bald verfügbar sein soll.

Anlass für die Veröffentl­ichung der Chronik ist auch eine Zäsur in der Unternehme­nsgeschich­te: Die Firma befindet sich nun nämlich nicht mehr in der Hand der Gründerfam­ilie. Karl-ErichSpeit­h, heute 91 Jahre alt und 71 Jahre im eigenen Betrieb aktiv, hat Ende 2017 seine Firma an Christian Pahls übergeben.

In all den Jahren hat die Gießerei eine ganze Menge produziert. Auf die Töpfe und Pfannen folgten Straßensch­ilder und Wappen, die der Firma ein sicheres Einkommen bescherten. Vor allem wurden aber auch Gussteile für den Maschinen- und Anlagenbau produziert, die in alle Welt verschifft wurden.

„Wir haben auch ein paar interessan­te Dinge gegossen“, erinnert sich Karl-Erich Speith.

Etwa ein sehr großes Kasernenwa­ppen für arabische Fallschirm­springer, das in mehreren Teilen gegossen werden musste. Oder Leichtmeta­llrahmen für das Richtund Leuchtfeue­r beim Neubau des Wangerooge­r Leuchtturm­s.

Die Chronik deckt die komplette Unternehme­nsgeschich­te ab. Angefangen beim Eisenwerk und den HansaWerke­n, auf denen Speith gründet, über den Werdegang Alexander Speiths, der die Firma 1926 gründete, die schwierige­n ersten 20 Jahre, den Aufbau nach dem Krieg und die Wirtschaft­swunder-Zeit bis zur Gegenwart. Michael Nitsche konnte dabei auf zahlreiche Fotos und Dokumente zurückgrei­fen, die er im Archiv von Karl-Erich Speith fand.

Außerdem führte er ausführlic­he Interviews mit

Die Speith-Chronik ist erhältlich bei Michael Nitsche und kann bei ihm per E-Mail an michael.nitsche.1956@freenet.de bestellt werden. Kosten: 15 Euro zzgl. Versand.

Speith und dem langjährig­en Mitarbeite­r Rolf Kruse. „Die Chronik soll auch lesenswert sein und sich nicht auf technische Details konzentrie­ren“, verspricht Michael Nitsche.

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BILD: PRIVATARCH­IV SPEITH Blick in den Betrieb: So sah es kurz nach Zweiten Weltkrieg in der Gießerei aus.
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BILD: PRIVATARCH­IV SPEITH Über die knapp 100 Jahre Firmengesc­hichte gesehen, arbeiteten rund 300 Menschen bei Speith.
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BILD: HANRAETS Rolf Kruse (von links), Karl-Erich Speith, Michael Nitsche und Christian Pahls freuen sich über die Chronik.

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