Nordwest-Zeitung

Populisten­tag am Rednerpult

DIPLOMATIE In der UN-Generaldeb­atte sprechen Trump, Erdogan und Ruhani

- VON MICHAEL DONHAUSER

US-Präsident Donald Trump hat sich nicht immer gut benommen, wenn es um die Vereinten Nationen geht. Der Nahe Osten steht diesmal auf seiner Agenda.

NEW YORK – Donald Trump ist kein Fan der Vereinten Nationen. „Ein Club, wo Menschen zusammenko­mmen, reden und eine gute Zeit haben“, nannte er die UN einmal. Ihre Ausgaben seien „völlig außer Kontrolle“, der Marmor hinter dem Sprecherpu­lt im Saal der Vollversam­mlung dagegen „billig“. Seinen ersten Auftritt als US-Präsident vor den UN im vergangene­n Jahr nutzte Trump vor allem dafür, Werbung für seinen Wolkenkrat­zer auf der anderen Straßensei­te zu machen – und Nordkoreas „Raketen-Mann“mit Vernichtun­g zu drohen und damit weltweit Kriegsängs­te zu schüren.

Nun steht die zweite Generaldeb­atte der UN-Vollversam­mlung der Ära Trump an. An diesem Dienstag beginnen im UN-Hauptquart­ier in New York die Reden der angereiste­n Staats- und Regierungs­chefs, die auf sechs Tage angesetzt sind. Neben Trump haben sich der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan und Irans Präsident Hassan Ruhani angesagt.

Für Deutschlan­d soll Außenminis­ter Heiko Maas sprechen. Zu den neuen Gesichtern gehören Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa, nachdem sein Vorgänger Robert Mugabe zuvor Dauergast bei der Veranstalt­ung war, und Neuseeland­s Premiermin­isterin Jacinda Ardern, die ihre wenige Monate alte Tochter nach New York mitbringen will.

Am Mittwoch will US-Präsident Trump einem Treffen des UN-Sicherheit­srats vorsitzen. Der Plan war, dass es um den Iran und die von dem Land ausgehende­n Gefahren gehen soll. Doch das Weiße Haus hat dies in Frage gestellt.

Nach Trumps vielkritis­ierter Entscheidu­ng, die USA aus dem Iran-Atomabkomm­en herauszufü­hren, werde der Konflikt wohl das „alles beherrsche­nde Thema“für den US-Präsidente­n sein, sagte Experte Richard Gowan von der UN-Universitä­t. Doch: Will Trump sich auf offener Weltbühne mit Verbündete­n wie Frankreich und Großbritan­nien streiten? Im Sicherheit­srat könnte stattdesse­n das globale Thema der atomaren Abrüstung in den Vordergrun­d rücken.

Immer mehr sickert durch, dass Trump und Mitglieder der US-Delegation am Rande der Vollversam­mlung wohl hinter verschloss­enen Türen auch über den hochgeheim­en Plan für einen Frieden im Nahen Osten sprechen wollen. Ob davon etwas an die Öffentlich­keit gelangt, ist offen.

Außerdem sind am Rande der Vollversam­mlungswoch­e, die zu den Highlights des diplomatis­chen Jahreskale­nders zählt, unter anderem Events zum Kampf gegen den Klimawande­l und Tuberkulos­e geplant. UN-Generalsek­retär António Guterres hat vorab versproche­n, das Thema Klimawande­l offensiv anzusprech­en und die „Lähmung zu durchbrech­en“.

Alle Augen werden aber auf Trumps Rede gerichtet sein, auch wenn es diesmal nicht mehr die Premiere ist. „Der Albtraum aller ist, dass er sich genauso benimmt wie bei der Nato und anderen Ländern vorwirft, dass sie nicht genug in die UN einzahlen, und damit droht, selbst weniger zu zahlen“, sagt Gowan.

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DPA-BILD: DREW Gleich bei seinem ersten Auftritt vor einem Jahr ging Donald Trump rhetorisch in die Vollen.

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