Iin „Nord“reicht ihnen nicht
Was die Griechen über das Referendum denken
ATHEN/SKOPJE – Die griechische Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras vom „Bündnis der Radikalen Linken“(Syriza) will endlich einen Schlussstrich unter dem 27 Jahre schwelenden Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien ziehen. Doch die überwältigende Mehrheit der Griechen ist dagegen.
Rund 1,8 Millionen stimmberechtigte Mazedonier sind am Sonntag zu einem Referendum aufgerufen. Die Frage lautet: „Sind Sie für die Mitgliedschaft in der EU und der Nato, indem Sie das Abkommen zwischen der Republik Mazedonien und der Hellenischen Republik anerkennen?“
Das besagte Abkommen, ein Kompromiss, ist 20 Seiten stark und umfasst 20 Artikel. Erst am 17. Juni unterzeichneten nach monatelangem Ringen die beiden Außenminister das Dokument. Es sieht im Kern vor, dass die seit 1991 unabhängige Republik Mazedonien fortan Nord-Mazedonien heißen soll. Die vier Extra-Buchstaben im Staatsnamen sind ein Zugeständnis an Griechenland. In dessen Norden liegt die Region Makedonien.
Im Gegenzug erkennt Athen erstmals die Existenz der mazedonischen Nation sowie mazedonischen Sprache im nördlichen Nachbarland an. Für Athen ist dies ein historischer Tabubruch.
Dafür erkennt Skopje wiederum an, dass Alexander der Große, der legendäre antike
Feldherr, historisch und kulturell zum griechischen Erbe (und nicht zum nationalen Erbe Nord-Mazedoniens) zählt. Auch dies ist ein Novum.
So soll unter dem Namensstreit zwischen Athen und Skopje nun ein Schlussstrich gezogen werden. Die Einigung ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Griechenland seinen bisher erbitterten Widerstand gegen den Beitritt des kleinen Nachbarn in die EU und die Nato aufgibt.
Der Ball liegt zunächst bei den Bürgern in Mazedonien. Nur wenn in Skopje am Sonn- tag mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten am Referendum teilnehmen, ist es gültig. Falls zudem eine Mehrheit von 50 Prozent plus eine Stimme mit „Ja“stimmt und anschließend diverse Änderungen in der Verfassung vorgenommen werden, ist die griechische Seite am Zug.
Ein entsprechendes Referendum in Griechenland lehnt Tsipras hingegen kategorisch ab. Die Regierung will das Abkommen mit Skopje im Athener Parlament ratifizieren lassen – und zwar mit einer einfachen Mehrheit.
Der Knackpunkt: Die überwältigende Mehrheit der Griechen ist gegen das Abkommen mit Skopje. Schon am 21. Januar demonstrierten Hunderttausende in Thessaloniki gegen die sich damals abzeichnende Einigung. Es folgte am 4. Februar eine Großdemo in Athen.
Die breite Ablehnung der Griechen spiegelt sich auch seit Monaten in Umfrageergebnissen wider. Deutlich fiel das Ergebnis etwa in der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Metron Analysis“aus. Demnach lehnen 71 Prozent der Befragten das Abkommen ab, lediglich 21 Prozent stimmen zu.
Kritiker monieren, dass Tsipras und Co. in der heiklen Namensfrage überhaupt keinen Volksauftrag hätten. In Griechenland, dem Geburtsland der Demokratie, ist diese Konstellation ein Unding. So dürfte das krisengeschüttelte Land wieder vor heißen Wochen und Monaten stehen. Diesmal aber wegen der heiklen Causa Mazedonien.