Ausregiert
D ie schwarz-rote Bundesregierung ist gescheitert, an sich selbst und den zu unterschiedlichen Charakteren, die mit der Regierungsarbeit betraut sind. Im Nachhinein wird man Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen noch dankbar sein für seine unbedachten Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz. Er hat den Zerfallsprozess der Regierung Merkel beschleunigt. Und mittlerweile ist das etwas, das zunehmend mehr Bürger, wenn vielleicht nicht herbeisehnen, dann doch nicht als Schreckgespenst empfinden.
Die Regierungsbildung stand schon unter einem unglücklichen Stern. Dass die Sozialdemokraten sich lange bitten ließen und schließlich doch einer Großen Koalition zustimmten, war schon ein Menetekel für Merkels letzte Amtszeit. Die Wähler der SPD werden es bis zum nicht mehr fernen Wahltag vergessen haben, dass die Sozialdemokraten viele teure, sozialpolitische Forderungen durchsetzen konnten. Die Genossen werden bald Gelegenheit haben, sich in der Opposition programmatisch und personell zu erneuern. Denn die Regierung, dazu gehört nicht viel Fantasie, wird nicht mehr lange bestehen und mit ihr werden viele bekannte Politiker ihrer Posten enthoben.
Dass die CDU-Fraktion mit der Abwahl des Kanzler-Vertrauten Volker Kauder den ersten wahrnehmbaren Schritt weg von ihrer Vorsitzenden gemacht hat, ist für Angela Merkel eine politische Katastrophe. Sie hatte persönlich für Kauder geworben, jetzt ist die Wahl von Ralph Brinkhaus eine doppelte Bürde. Man kann vielleicht noch verstehen, dass sie einer Vertrauensfrage ausweicht, weil sie an der Macht festhalten will. Die kühle Art, wie sie ihre Krisen gemeistert oder ausgesessen hat, kommt indes immer schlechter an bei den Bürgern. Zu kurz sind mittlerweile die Intervalle geworden, in denen die Regierung von hausgemachten Krisen erschüttert wird. @Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de
DEUTSCHE EINHEIT
Schneller zum Arzttermin, mehr Sprechstunden für Patienten, ein bisschen zusätzliches Geld für Ärzte – was der Bundesgesundheitsminister in seinem neuen Gesetzentwurf angerichtet hat, klingt vernünftig. Wenn Kassenpatienten nicht mehr das Gefühl haben, Wochen auf einen Arzttermin warten zu müssen, ist eines der größeren Ärgernisse des deutschen Gesundheitssystems beseitigt. Jens Spahn hat mit seinem Gesetzentwurf eine seltene Gabe an den Tag gelegt: Er hat genug politischen Mut, um Strukturreformen anzugehen und ist clever genug, zu vermeiden, damit Interessengruppen gegen sich aufzubringen.