Nordwest-Zeitung

Verwüstung­en

- VON ALEXANDER WILL

D em Ostbeauftr­agten der Bundesregi­erung kann man zu seinen deutlichen Worten nur gratuliere­n. Was er über die mentale Lage in den östlichen Provinzen zu sagen hat, trifft die Realität ziemlich genau. Doch mehr noch: Kaum je dürften Sprachlosi­gkeit und gegenseiti­ges Misstrauen zwischen West und Ost so groß gewesen sein wie derzeit.

Die Erfolge des Aufbau Ost fallen ins Auge, sind aber letztlich kosmetisch­er Natur. Ja – die Städte sind fein saniert. Ja – die Straßen sind oft besser als im Westen. Dafür ist die industriel­le Basis dünn. Unternehme­nspolitik wird im Westen gemacht. Noch immer sind die Löhne niedriger, die Preise haben sich aber angegliche­n. Und dann ist da vor allem die mentale Verwüstung, die in den vergangene­n Wochen nur noch gründliche­r geworden ist. Bis heute werden die Erfahrunge­n Ostdeutsch­er ignoriert oder verlacht. Unvergesse­n sind ihnen aber ebenso die Walze „Treuhand“und die WestGoldgr­äber der Nachwendez­eit. Auch das sind koloniale Erfahrunge­n. In den vergangene­n Wochen hat der Ostdeutsch­e nun noch einmal ohne Pause die alten Stereotype über sich und seine Vergangenh­eit vernehmen müssen. Die Realität also ist ernüchtern­d: Wie es aussieht, werden auch weitere 28 Jahre nicht ausreichen, um all diese Risse zu kitten.

@Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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