Verwüstungen
D em Ostbeauftragten der Bundesregierung kann man zu seinen deutlichen Worten nur gratulieren. Was er über die mentale Lage in den östlichen Provinzen zu sagen hat, trifft die Realität ziemlich genau. Doch mehr noch: Kaum je dürften Sprachlosigkeit und gegenseitiges Misstrauen zwischen West und Ost so groß gewesen sein wie derzeit.
Die Erfolge des Aufbau Ost fallen ins Auge, sind aber letztlich kosmetischer Natur. Ja – die Städte sind fein saniert. Ja – die Straßen sind oft besser als im Westen. Dafür ist die industrielle Basis dünn. Unternehmenspolitik wird im Westen gemacht. Noch immer sind die Löhne niedriger, die Preise haben sich aber angeglichen. Und dann ist da vor allem die mentale Verwüstung, die in den vergangenen Wochen nur noch gründlicher geworden ist. Bis heute werden die Erfahrungen Ostdeutscher ignoriert oder verlacht. Unvergessen sind ihnen aber ebenso die Walze „Treuhand“und die WestGoldgräber der Nachwendezeit. Auch das sind koloniale Erfahrungen. In den vergangenen Wochen hat der Ostdeutsche nun noch einmal ohne Pause die alten Stereotype über sich und seine Vergangenheit vernehmen müssen. Die Realität also ist ernüchternd: Wie es aussieht, werden auch weitere 28 Jahre nicht ausreichen, um all diese Risse zu kitten.
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