Schulleiter prüfen Kultusminister Tonne
Kritik an Quereinsteigern – Planung von 1300 neuen Lehrern im nächsten Schulhalbjahr
Bei ihrer Herbsttagung verschonen die Schulleiter den Kultusminister nicht mit Kritik. Der reagiert gelassen – einmal ausgelacht wird er trotzdem.
ZEMME – Es ist eine Premiere für Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt besucht der SPD-Mann die Herbsttagung der niedersächsischen Schulleiter. Kein leichter Termin, Tonne weiß das – vor zwei Jahren wurde seine Vorgängerin Frauke Heiligenstadt während ihrer Rede von den Schuldirektoren mehrmals höhnisch ausgelacht.
Auch diesmal lässt der Verbandsvorsitzende Frank Stöber seinem Frust freien Lauf. Er komme sich vor wie der Held in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, der in einer Zeitschleife festsitze und ein und denselben Tag immer wieder erlebe, sagt Stöber.
„Wir sind es leid, alljährlich vom Kultusminister zu hören, was schon alles Tolles in Sachen Bildungspolitik getan wurde, wie wunderbar die Inklusion klappt und wie traumhaft der Ganztag organisiert ist.“Denn in der „grandiosen Bilanz“sei für die Schulleitungen kaum Platz.
Der neue Kultusminister gehe zwar offen mit den Schulleitern um und die Besoldung der Grundschulleiter sei auf das Niveau von Gymnasiallehrern angehoben worden. „Mehr ist aber nicht passiert“, so Stöber.
Auch den Einsatz von Quereinsteigern in Schulen sieht der Verbandschef kritisch. „Wie verantwortungslos ist es denn, junge Menschen, die zuletzt im Labor Ratten seziert haben, mit 24 Pflichtstunden die Woche auf unsere Kinder loszulassen?“Nötig sei dringend eine bessere pädagogische Ausbildung.
Auf die Kritik reagiert Tonne gelassen. „Wenn Sie gesagt haben, mehr als die bessere Besoldung von Schulleitungen kleiner Schulen ist nicht passiert, dann haben Sie formal damit recht“, räumt er ein. „Aber wir haben auch nie gesagt, dass wir mit einem Schritt aufhören.“
Bis zum Jahresende lasse die Landesregierung juristisch prüfen, welche Konsequenzen eine bessere Bezahlung von Grund-, Haupt- und Realschullehrern für die Besoldungsstrukturen haben werde. Danach solle es einen Stufenplan geben, der auch eine Anhebung der Bezüge von Leitungspositionen berücksichtigen werde. Aber nicht alles könne mit dem Tempo geschehen, das sich die Praktiker wünschen.
Außerdem kündigte Tonne an, bis zum neuen Schulhalbjahr 1300 neue Lehrer einzustellen. „Damit können wir zwei Ziele erfüllen: Jede von den 750 Lehrkräften, die ausscheiden, kann ersetzt werden. Und jeder Absolvent einer Lehrerausbildung erhält ein Angebot – das ist de facto eine Einstellungsgarantie“, sagte der Kultusminister.
Nur einmal während seiner gut einstündigen Rede erntet der Kultusminister ironische Lacher: Als er ankündigt, das Land werde das Beamtengesetz ändern, damit bereits pensionierte Lehrer leichter freiwillig in Schulen unterrichten könnten. Denn ein Großteil der Lehrer geht aus gesundheitlichen Gründen in Frühpension – auch wegen der hohen Arbeitsbelastung.