Dramatisch. Praktisch. Gut.
Szenische Lesungen im Staatstheater – Publikum darf Lieblingsstück für Spielplan auswählen
Unter dem Titel „O. – Eine Stadt sucht ein Drama“werden vier verschiedene Werke Präsentiert. Die Zuschauer stimmen ab.
OLDENBURG – Friedrich sieht aus wie ein Schlumpf. Sagt zumindest seine Mutter. Und die muss es ja wissen. Schließlich sieht sie ihn ständig, seitdem Friedrich wieder bei ihr eingezogen ist. Die Geschwulst sieht aus wie eine Dattel oder Pampelmuse oder Seegurke. Zumindest stellt Friedrich sich das so vor.
Am Samstag, 29. September beginnt das Oldenburgische Staatstheater ein „dramatisches Experiment“. Unter dem Titel „O. – Eine Stadt sucht ein Drama!“wird zum ersten Mal ein Teil des Schauspiel-Spielplans gemeinsam theater- und literaturinteressierten Menschen aus Oldenburg und der Region gestaltet.
Eckpfeiler des Projektes sind szenische Lesungen, in denen Schauspieler des Staatstheaters vier äußerst verschiedene zeitgenössische Stücke präsentieren. Dazu gehört die Geschichte über Friedrich – den angeblichen Schlumpf. In
„Über meine Leiche“erzählt
Stefan Hornbach von Friedrich, der eventuell keinen Tumor, sondern einen Humor hat. Zumindest glaubt Friedrich, dass der Arzt das gesagt haben könnte. Und das ist wirklich zum Totlachen.
Die Komödie „Träum weiter“von Nesrin Samdereli handelt von der jungen Frau Nil, die im Krankenhaus im Koma liegt. Ihre Eltern Fidan, Türkin im Jugendwahn, und Yannis, patriotischer Grieche, treffen in dieser Krisensituation das erste Mal nach ihrer Scheidung wieder aufeinander. Die Sorge um ihre gemeinsame Tochter schürt Konfliktsituationen, die nicht nur ihre unterschiedlichen kulturellen Gewohnheiten betreffen, sondern vor allem ihre gescheiterte Ehe.
In Wolfram Lotz’ „Die lächerliche Finsternis“bittet ein somalischer Pirat vor dem Hamburger Landgericht um Verständnis für seinen Überfall auf das Frachtschiff MS Taipan und beklagt den Verlust seines Freundes Tofdau. Hauptfeldwebel Pellner und der Gefreite Dorsch fahren mit einem Patrouillenboot hinein in die Regenwälder Afghanistans. Ihr Auftrag: Liquidierung eines durchgedrehten Oberstleutnants. Die Reise führt immer tiefer in eine wirr wuchernde Welt, in der koloniale Geschichte und neokolonialistische Realitäten untrennbar miteinander verbunden sind. Tracy Letts erzählt das Leben einer Frau in elf Szenen: als Studentin, als Kind, als Mutter, als Verurteilte auf Bewährung, als Alkoholkranke, als Säugling, als Todgeweihte, als junge Ehefrau. Nicht chronologisch, sondern querbeet. So fragmentarisch, wie wir Menschen kennenlernen, denen wir begegnen, so punktuell und willkürlich, wie unsere Erinnerung funktioniert ist das Werk „Eine Frau. Mary Marlowe“.
Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei. Die Zuschauer erfahren dabei, wie Dramaturgen bei der Erstellung eines Spielplans arbeiten, wonach sie suchen und nach welchen Kriterien sie Dramen beurteilen.
Während der gesamten Projektphase sind alle theaterund literaturinteressierten Menschen aus Oldenburg und der Region eingeladen, sich im Internet über die Stücke und ihre Autorinnen zu informieren, Auszüge aus den Texten zu lesen und abzustimmen. Die Stimmabgabe ist sowohl online als auch im Staatstheater möglich.
Den Abschluss des Projektes bildet eine Publikumskonferenz im Kleinen Haus, bei der noch einmal alle Texte zur Abstimmung gestellt werden und das Gewinnerstück gekürt wird. Dabei stellt sich heraus, welches der vier Dramen es auf den Spielplan der Saison 2019/20 schafft.
Informationen und Abstimmung ab 29. September unter www.staatstheater.de
■ Samstag, 29.September, 15 Uhr, Spielraum: „Träum weiter“
■ Sonntag, 14.Oktober, 15 Uhr, Spielraum: „Die lächerliche Finsternis“
■ Sonntag, 28.Oktober, 15 Uhr, Spielraum: „Über meine Leiche“
■ Samstag, 10.November, 15 Uhr, Spielraum: „Eine Frau. Mary Page Marlow“
■ Samstag, 1.Dezember, 15 Uhr, Kleines Haus: Publikumskonferenz /Kür des Gewinnerstücks