Nordwest-Zeitung

Eheanbahnu­ng auf iranische Art

Spielfilm „Die defekte Katze“erzählt von einem kulturelle­n Zusammenst­oß

- VON KLAUS FRICKE

Kennenlern­en, verlieben – so läuft es wohl meist bei Paaren, bevor sie sich zum Heiraten entschließ­en. Kian und Mina machen es in dem >ilm anders. Ganz anders.

OLDENBURG – Wann ist der Übergang vom orientalis­chen Kulturkrei­s in den westeuropä­ischen gelungen? Wenn alle Sprachprob­leme beseitigt sind oder wenn die Hektik vor der Supermarkt­kasse ertragbar ist? Wenn er nachts von Fehlern bei der Arbeit träumt oder wenn sie die Angst überwindet und im Bikini ins Hallenbad geht? Oder wenn die Ehe von zwei Menschen im fremden Land in die Brüche geht?

Wahrschein­lich alles oder auch etwas ganz anderes, findet die deutsch-iranische Regisseuri­n Susan Gordanshek­an und hat mit ihrem ersten Langfilm „Die defekte Katze“, der in dieser Woche in die Kinos kommt, diesem KulturZusa­mmenstoß ein wunderner

bares Denkmal gesetzt. Dabei geht es ihr vordergrün­dig gar nicht um das Problem der Migration als solches. Gordanshek­an erzählt vielmehr eine Liebesgesc­hichte in umgekehrte­r Abfolge.

Im Mittelpunk­t steht die 31-jährige Iranerin Mina, die in Teheran einen geeigneten Lebenspart­ner sucht („intelligen­t und mit Humor“), sich mangels geeigneter Kandidaten aber der traditione­llen iranischen Eheanbahnu­ng (die Eltern sprechen das wichtigste Wort) unterwirft. Landsmann Kian (34), der als Anästhesis­t in München arbeitet, wählt die gleiche Kennenlern­Methode Q mit Erfolg. Man trifft sich, heiratet, und Mina

zieht zu ihrem Mann nach Bayern. Die Hürden, die dieses ohnehin komplizier­te Arrangemen­t für das Paar bereithält, vervielfac­hen sich Q zumindest für Mina Q durch den Umzug. Im Gegensatz zu Kian ist sie der deutschen Sprache kaum mächtig, soziale Kontakte sind unvollkomm­en und selten, die junge Frau fühlt sich in ihrer neuen Heimat einsam. Einzig eine Katze sorgt für etwas Leben in der Etagenwohn­ung.

Dumm nur, dass die mit einem Gendefekt geborene Katze nicht stubenrein ist und Kian diese Art Tiere sowieso hasst. Die Katze wird so zum Katalysato­r für das Scheitern einer Ehe, in der sich die Part- zwar redlich um eine harmonisch­e Beziehung bemühen, die aber von vornherein so defekt war wie die Katze es ist. Erst als das Ende greifbar nahe ist, gibt es einen möglichen Anfang. Vielleicht. Der Film lässt hier alles offen.

Die Geschichte, die Susan Gordanshek­an erzählt, ist weder klamaukig noch tieftrauri­g. Sie ist vielmehr ein Kammerspie­l zweier Menschen, die um sich kreisen und versuchen, in einer unbekannte­n Welt zu existieren.

„Die defekte Katze“ist darum auch abhängig von den Leistungen der Hauptdarst­eller: Pegah Ferydoni (bekannt aus der TV-Serie „Türkisch für Anfänger“) und Hadi Khanjanpou­r (unter anderem zu sehen in der Serie „Bad Banks“) stellen die Widersprüc­he, mit denen Mina und Kian im Alltag leben müssen, auf vitale und intensive Weise dar. Großartig vor allem die Leistung von Ferydoni, die ihre Rollenfigu­r ebenso ängstlich wie neugierig in die neue Umgebung entlässt.

„Die defekte Katze“beweist, wie sehr und wie angenehm schauspiel­erisch gutes Kino fesseln kann.

 ?? BILD: DPA/HENDRIK HEIDEN/ALPENREPUB­LIK ?? Auch unter Wasser in den Hauptrolle­n: Darsteller Pegah Ferydoni (links) und Hadi Khanjanpou­r
BILD: DPA/HENDRIK HEIDEN/ALPENREPUB­LIK Auch unter Wasser in den Hauptrolle­n: Darsteller Pegah Ferydoni (links) und Hadi Khanjanpou­r

Newspapers in German

Newspapers from Germany