Mehr Geld für Grünkohl?
Warum das Oldenburger Wintergemüse teurer werden könnte
Nicht nur der Grünkohl macht Sorgen. Beim Weißkohl belaufen sich die Verluste auf 40 Prozent, beim Rotkohl sogar 50 Prozent.
HANNOVER/VECHTA – Die lange Dürrezeit in diesem Sommer in Niedersachsen könnte zu höheren Grünkohl-Preisen führen. „Der Aufwand und die Betriebskosten für die Landwirte waren sehr hoch in diesem Jahr“, sagte der Gemüsebau-Experte Erich Klug von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Ob der heiße und trockene Sommer auch Auswirkungen auf die Ertragsmenge und die Qualität haben wird, lasse sich nicht pauschal beantworten. Das hänge vom
Standort ab und davon, ob die Anbauflächen beregnet werden können oder nicht. „In der Regel hat man im Gemüsebau Beregnungsmöglichkeiten“, sagte Klug. Aber die Beregnung sei für die Landwirte mit deutlich höheren Kosten verbunden gewesen als in Durchschnittsjahren.
„Man kann schon sagen, dass Sommerkohl, den wir im
August geerntet haben, mit mehr gelben Blättern behaftet war und auch längst nicht so groß war, wie er eigentlich sein sollte“, sagte Ludger Niemann, Betriebsleiter bei dem Tiefkühlgemüseproduzenten Elo-Frost aus Vechta-Langförden. „Aber inzwischen haben wir Top-Qualität auf den Feldern stehen, in ausreichender Menge.“
Auf ganz Deutschland bezogen rechnet der Deutsche Bauernverband auch wegen des Dürre-Sommers bei Kohlgemüse mit Ertragseinbußen bis zu 50 Prozent bezogen auf den langjährigen Durchschnitt. „Beim Kohl fahren wir eine unterdurchschnittliche Ernte ein“, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied am Donnerstag. Auch der Bundesverband der obst-, gemüseund kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) rechnet mit Ernteeinbußen. „In einigen Regionen belaufen sich die Verluste bei Weißkohl auf bis zu 40 Prozent und bei Rotkohl auf bis zu 50 Prozent“, sagte BOGK-Geschäftsführer Christoph Freitag. Auch beim Grünkohl entfalle im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt absehbar die Hälfte der Ernte.
HANNOVER – Niedersachsens Agrarministerin Barbara OtteKinast (CDU) hat Konsequenzen aus den massiven Ernteausfällen angekündigt. „Dieses Dürrejahr 2018 hat uns alle sehr wachgerüttelt“, sagte sie anlässlich des Erntedankfestes am 7. Oktober. Die Dürre im Sommer habe in der niedersächsischen Land- und Forstwirtschaft Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Euro verursacht.
Bei vielen Verantwortlichen seien „die Alarmglocken angegangen“, dass die Landwirtschaft sich den Folgen des Klimawandels anpassen müsse, betonte die Ministerin. Allein in Niedersachsen hätten rund 2000 Landwirte Anspruch auf Entschädigung. Die Trockenheit führte nach Angaben der Landwirtschaftskammer zu Ernteausfällen von durchschnittlich 30 Prozent, vor allem im nördlichen und westlichen Niedersachsen.
Otte-Kinast sagte, die Politik könne die Landwirte bei der Anpassung an das sich wandelnde Klima noch mehr unterstützen, etwa durch Forschungsprojekte. „Wir brauchen eine komplette Ackerbau-Strategie“, sagte sie. Unter anderem müsse in die angebauten Sorten „eine größere Vielfalt reingebracht werden“.
Als Beispiel nannte OtteKinast besondere Sommerfrüchte und Winterkulturen. „Einige Landwirte haben bereits damit begonnen, auf spezielle Sorten umzustellen, die eine höhere Trockentoleranz aufweisen.“Es gehe darum, die Bodenstruktur so zu verbessern, dass der Boden mehr Wasser speichern könne. „Nur so wird es gelingen, die Ernteeinbußen bei Extremwetterereignissen zu minimieren.“
Die Ministerin wies Kritik an der industrialisierten Landwirtschaft zurück. „Jeder erwartet für sich einen attraktiven Arbeitsplatz, aber den Landwirten gesteht man das nicht zu“, sagte sie. Landwirte sollten sich in den Augen mancher Menschen bewegen wie vor 100 Jahren. „Die sollen am besten mit der Milchkanne über den Hof laufen.“Landwirte müssten heute aber ihre Ställe modernisieren und mit Maschinen arbeiten. Das verstünden viele Leute nicht. „Die wünschen sich am Wochenende eine heile Welt auf dem Lande. Es ist schwer, dieses Bild in den Köpfen zu verändern.“