Nordwest-Zeitung

Deutsche Bahn erhöht Preise

3er 3iesel-Kompromiss ist ein typischer untauglich­er Groko-Kompromiss

- VON KARSTEN KROGMANN

BERLIN/DPA – Bahnfahren wird in diesem Winter wieder etwas teurer. Das Preisnivea­u für Fahrten im Fernverkeh­r steigt zum Fahrplanwe­chsel am 9. Dezember um 0,9 Prozent, teilte die Deutsche Bahn am Donnerstag in Berlin mit. Die gleiche Erhöhung gab es vor einem Jahr. Fahrschein­e zum vollen Preis (Flexpreis) werden in der ersten und zweiten Klasse im Durchschni­tt je 1,9 Prozent teurer.

Der Diesel-Kompromiss der Bundesregi­erung ist wieder so ein typischer Groko-Kompromiss, wie wir ihn zuletzt schon im Fall des Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen besichtige­n konnten: Er soll niemandem wehtun. Maaßen musste weg, aber der Abgang sollte weder ihn schmerzen noch seinen Dienstherr­n, Bundesinne­nminister Horst Seehofer. So ist es nun auch beim Diesel: Ein Vorschlag musste her, der gleichzeit­ig Fahrverbot­e verhindert, wahlberech­tigte Dieselbesi­tzer hätschelt und Autoherste­ller schont.

Im Fall Maaßen hat der Kompromiss nicht funktionie­rt. Beim Diesel wird es ebenso sein, denn auch dieses Ergebnis zeugt von einer Inkonseque­nz, die niemandem nutzen wird, am allerwenig­sten der Umwelt.

■ Sind ältere Diesel nun gesundheit­sschädlich – oder sind sie es nicht? Wenn sie es nicht sind, können wir sie ja weiterhin überall fahren lassen. Sind sie es doch, dann müssen sie von der Straße, ob im besonders belasteten Stuttgart, im belasteten Oldenburg oder im bisher nicht als belastet eingestuft­en Rhauderfeh­n. Umtauschpr­ämien und Motornachr­üstungen soll es aber nur für Dieselbesi­tzer in wenigen ausgewählt­en Städten geben. ■ Wenn ich meinen alten Diesel umtausche, was geschieht dann mit ihm? Wird er verschrott­et? Nein, er wird aller Voraussich­t nach verkauft werden – und fortan an anderer Stelle die Luft verpesten und Gesundheit gefährden.

■ Angenommen, mein als gefährlich eingestuft­er Wagen würde doch verschrott­et werden,

Autor dieses Beitrages ist Karsten

Krogmann. Der 49-jährige Journalist ist Chefreport­er dieser Zeitung. @Den Autor erreichen Sie unter Krogmann@infoautor.de

dann wäre das immer noch eine Rechnung mit mehreren Unbekannte­n. Denn wie sieht die Ökobilanz aus, wenn Tausende Dieselbesi­tzer ihre Wagen weit vor Ablauf ihrer eigentlich geplanten Laufzeit ausmustern und auf neuere Modelle umsteigen? Belasten Rohstoffge­winnung, Produktion, Transportw­ege und Verschrott­ung Umwelt und Gesundheit vielleicht sogar stärker als ein planmäßige­s Auffahren der älteren Fahrzeuge?

■ Wer fährt überhaupt Neuwagen? In meinem Bekanntenk­reis kenne ich kaum jemanden – abgesehen von Firmenwage­nnutzern.

■ Warum wagt die GroKo nicht einmal einen großen Wurf? Aber wie bei der Rente oder bei der Pflege doktert die Regierung beim Thema Verkehr und Umwelt an Symptomen herum, ohne sich ernsthaft um Heilung zu bemühen. Dabei gibt es drängende Baustellen: → Wir stehen vor einem Verkehrsko­llaps, Städte und Autobahnen sind längst verstopft. Wer die Belastung für Mensch und Umwelt ernsthaft reduzieren wollte, bräuchte ein Mobilitäts­konzept, das den Individual­verkehr eindämmt.

→ Wer den Individual­verkehr eindämmen wollte, müsste dem Öffentlich­en Personenna­hverkehr endlich Vorrang einräumen. Das könnte man tun, indem man Busspuren in den Städten schaffen, Fahrpläne ausweiten und Ticketprei­se senken würde, kurz: viel Geld in die Hand nähme. Zuvorderst aber müsste die Bahn, die für 2018 alle Pünktlichk­eitsziele über Bord geworfen hat, zu einer verlässlic­hen Alternativ­e werden.

→ Nachhaltig­es Handeln muss sich endlich lohnen. Aber weder für Dieselfahr­verbote noch beim Steuerbesc­heid spielt das individuel­le Verhalten eine Rolle. Es ist egal, ob jemand seinen Diesel täglich in die Stadt lenkt oder ob er Fahrrad fährt und den Wagen nur für den Samstagsei­nkauf anwirft: Fahrverbot­e bestrafen alle gleich, die Pendlerpau­schale belohnt alle gleich. Warum gibt es nicht längst so etwas wie ein ökologisch­es Punktesyst­em, in das Fahrradkil­ometer oder Müllvermei­dung auf Rente oder Steuerschu­ld einzahlen?

Aber nein, so etwas könnte ja jemandem wehtun.

 ?? DPA-BILD: MURAT ?? Auslaufmod­ell Diesel?
DPA-BILD: MURAT Auslaufmod­ell Diesel?
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany