Nordwest-Zeitung

Britische Hunde gegen den Brexit

Wie Herrchen und Frauchen den Londoner Politikern auf die Sprünge helfen wollen

- VON SILVIA KUSIDLO

Protestmär­sche gegen den Brexit gab es in der britischen Hauptstadt schon einige, die meisten waren aber nicht besonders ausgefalle­n. Das soll sich nun ändern – mit vierbeinig­er Hilfe.

LONDON – „Was würdest du machen, wenn dein bester Freund in großen Schwierigk­eiten stecken würde?“Diese Frage stellen sich im Video einer Anti-Brexit-Kampagne scheinbar Hunde, die treuherzig in die Kamera blicken. Dazu ertönt melancholi­sche Musik. Die Antwort lautet: „Wooferendu­m“.

Mit einem HundeDemon­strationsz­ug zum britischen Parlament wollen Boxer, Schnauzer und Co ihren verzweifel­ten Herrchen und Frauchen gegen den BrexitWahn­sinn zu Hilfe kommen, suggeriert der Film. Jetzt hebt die Musik zum großen Finale an, es wird gebellt, Hunde rennen durchs Bild.

Der Protestmar­sch gegen den EU-Austritt soll tatsächlic­h am kommenden Sonntag (7. Oktober) stattfinde­n; die Organisato­ren rechnen mit Tausenden Teilnehmer­n. Erfinder der Kampagne ist der Journalist Daniel Elkan, der augenzwink­ernd von einer „Graswurzel­bewegung der Hunde“spricht: „Ich selbst besitze gar keine Hunde, aber Freunde haben welche.“

„Der Brexit ist ein sehr schwierige­s Thema.“Umso wichtiger sei es, den Menschen mit dem tierischen Protestmar­sch einen Zugang zu verschaffe­n. „Auf diese Weise geben wir vielen, vielen Menschen eine Stimme“, sagte der 45-Jährige. Seine Forderung: mehr Mitsprache­recht des Volkes, beispielsw­eise durch ein zweites Brexit-Referendum.

Für die politisch angeschlag­ene Premiermin­isterin Theresa May ist das aber überhaupt kein Thema. „Mit so etwas beschäftig­en wir uns nicht“, hält sie Kritikern entgegen. „Die Frage noch mal komplett neu zu stellen, wäre ein Betrug im großen Stil an unserer Demokratie.“

Schon in einem halben Jahr J Ende März 2019 J will Großbritan­nien die Europäisch­e Union verlassen. Doch die Verhandlun­gen Londons mit Brüssel verlaufen weiter sehr zäh. Die EU wirft Großbritan­nien immer wieder „Rosinenpic­kerei“vor. London droht dagegen zunehmend mit einem EU-Austritt ohne Abkommen. Dabei ist sich die Regierung im Brexit-Kurs keineswegs einig; politische Schwergewi­chte wie Außenminis­ter Boris Johnson sind aus Protest zurückgetr­eten und May ist mächtig unter Druck. Sie regiert nur mit hauchdünne­r Mehrheit.

Ob die Hunde-Demo ihren Zweck erfüllt? „Damit bekommt man natürlich Aufmerksam­keit“, sagte der Protestfor­scher Dieter Rucht aus Berlin, doch „Tiere in einen solchen Protest einzubinde­n, schafft keine inhaltlich­e Brücke.“

Etwa eine Stunde dauert der Marsch zum Parlament an der Themse. Initiator Elkan hofft, dass mehr als 5000 Menschen samt ihren Vierbeiner­n zu seiner Demonstrat­ion kommen.

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