Britische Hunde gegen den Brexit
Wie Herrchen und Frauchen den Londoner Politikern auf die Sprünge helfen wollen
Protestmärsche gegen den Brexit gab es in der britischen Hauptstadt schon einige, die meisten waren aber nicht besonders ausgefallen. Das soll sich nun ändern – mit vierbeiniger Hilfe.
LONDON – „Was würdest du machen, wenn dein bester Freund in großen Schwierigkeiten stecken würde?“Diese Frage stellen sich im Video einer Anti-Brexit-Kampagne scheinbar Hunde, die treuherzig in die Kamera blicken. Dazu ertönt melancholische Musik. Die Antwort lautet: „Wooferendum“.
Mit einem HundeDemonstrationszug zum britischen Parlament wollen Boxer, Schnauzer und Co ihren verzweifelten Herrchen und Frauchen gegen den BrexitWahnsinn zu Hilfe kommen, suggeriert der Film. Jetzt hebt die Musik zum großen Finale an, es wird gebellt, Hunde rennen durchs Bild.
Der Protestmarsch gegen den EU-Austritt soll tatsächlich am kommenden Sonntag (7. Oktober) stattfinden; die Organisatoren rechnen mit Tausenden Teilnehmern. Erfinder der Kampagne ist der Journalist Daniel Elkan, der augenzwinkernd von einer „Graswurzelbewegung der Hunde“spricht: „Ich selbst besitze gar keine Hunde, aber Freunde haben welche.“
„Der Brexit ist ein sehr schwieriges Thema.“Umso wichtiger sei es, den Menschen mit dem tierischen Protestmarsch einen Zugang zu verschaffen. „Auf diese Weise geben wir vielen, vielen Menschen eine Stimme“, sagte der 45-Jährige. Seine Forderung: mehr Mitspracherecht des Volkes, beispielsweise durch ein zweites Brexit-Referendum.
Für die politisch angeschlagene Premierministerin Theresa May ist das aber überhaupt kein Thema. „Mit so etwas beschäftigen wir uns nicht“, hält sie Kritikern entgegen. „Die Frage noch mal komplett neu zu stellen, wäre ein Betrug im großen Stil an unserer Demokratie.“
Schon in einem halben Jahr J Ende März 2019 J will Großbritannien die Europäische Union verlassen. Doch die Verhandlungen Londons mit Brüssel verlaufen weiter sehr zäh. Die EU wirft Großbritannien immer wieder „Rosinenpickerei“vor. London droht dagegen zunehmend mit einem EU-Austritt ohne Abkommen. Dabei ist sich die Regierung im Brexit-Kurs keineswegs einig; politische Schwergewichte wie Außenminister Boris Johnson sind aus Protest zurückgetreten und May ist mächtig unter Druck. Sie regiert nur mit hauchdünner Mehrheit.
Ob die Hunde-Demo ihren Zweck erfüllt? „Damit bekommt man natürlich Aufmerksamkeit“, sagte der Protestforscher Dieter Rucht aus Berlin, doch „Tiere in einen solchen Protest einzubinden, schafft keine inhaltliche Brücke.“
Etwa eine Stunde dauert der Marsch zum Parlament an der Themse. Initiator Elkan hofft, dass mehr als 5000 Menschen samt ihren Vierbeinern zu seiner Demonstration kommen.