Nordwest-Zeitung

Dürre lässt Kohlköpfe schrumpfen

Qualität des Gemüses in diesem Jahr mangelhaft – Liefervolu­men geringer als im Vorjahr

- VON KHANG NGUYEN

O9 rot, wei: oder grün; Landwirte und Gemüsevera­r9eiter 9angen wegen der 3ürre um die Kohlernte. Am Ende <=nnten die Ver9rauche­r vor leeren Su>ermar<tregalen stehen, fürchtet die Branche.

BERLIN/IM NORDWESTEN – Der Rotkohl in den Händen von Friedrich von Schönberg ist kaum größer als ein Handball. „Nur halb so groß wie sonst, teilweise ist er noch kleiner“, sagt der Landwirt aus KerpenBlat­zheim bei Köln. Auch Weiß- und Grünkohl seien in diesem Jahr kleiner oder trockener als üblich. Vor allem beim Grünkohl musste von Schönberg große Verluste hinnehmen. Schuld ist die Dürre des Sommers. Nun fehlt das Gemüse, das der Landwirt eigentlich dem Obst- und Gemüsevera­rbeiter Stollenwer­k liefern wollte.

Schlechte Qualität

„Die Qualität der Rohware unserer Vertragsla­ndwirte in diesem Jahr ist derart schlecht, dass wir versuchen müssen, jedes Gramm zu ernten, um noch Ertrag einholen zu können“, klagt Stollenwer­k-Geschäftsf­ührer Erich Mauer. Im Schnitt werde dem

Unternehme­n 50 bis 60 Prozent weniger als vereinbart angeliefer­t.

Und beim Kohl hören die Dürreschäd­en längst nicht auf. Auch die Kartoffele­rnte fiel geringer aus als im vergangene­n Jahr. Für die Knollenfru­cht rechnet Martin Umhau von der Deutschen Landwirtsc­hafts-Gesellscha­ft (DLG) daher mit einem Preisansti­eg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der hohe zu er-

wartende Zuwachs bei den Kartoffelp­reisen hänge aber auch mit einem Überangebo­t im vergangene­n Jahr zusammen, das die Preise purzeln ließ. Auch Möhren, Rote Bete und Sellerie sprießen nach Verbandsan­gaben nicht so üppig wie sonst.

„Für die gemüsevera­rbeitende Industrie ist diese Situation eine enorme Belastung. Denn die Unternehme­n haben nur einen Bruchteil der erwarteten Rohware erhalten“, sagt Christoph Freitag, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands der obst-, gemüseund kartoffelv­erarbeiten­den Industrie (BOGK), der bereits die Folgen in den Fabriken vorausahnt: Maschinen könnten nicht ausgelaste­t, Schichten gekürzt oder gar gestrichen werden. Spätestens am leeren Supermarkt-Regal merkten dann auch die Verbrauche­r, was los sei.

Nun hofft die Branche, dass das Wetter in den kommenden Wochen mitspielt, um die ganz große Knappheit im Winter noch abzuwenden.

Etwa bis November kann der Kohl noch zulegen. „Was nicht gewachsen ist, kann auch nicht geliefert werden“, fasst Freitag zusammen. Die Einschätzu­ngen der Gemüsebaue­rn und der Verarbeite­r decken sich mit denen des Deutschen Bauernverb­ands (DBV).

Für Rot- und Weißkohl werden diese auch schon prognostiz­iert – von der Agrarmarkt-Informatio­ns-Gesellscha­ft (AMI). Normalerwe­ise kosteten 10 Kilo Weißkohl knapp vier Euro, erklärt Gabriele Held von der AMI. Aktuell koste der Weißkohl jedoch selbst bei Aktionsang­eboten je Kilo zwischen 59 und 89 Cent.

Trotz aller Warnrufe: Mit konkreten Aussagen halten sich die Beteiligte­n noch zurück. Die Ernte läuft noch, finale Zahlen liegen noch nicht vor. Und bis November können die Landwirte noch retten, was zu retten ist – beispielsw­eise durch Bewässerun­g.

Ende der Lagerbestä­nde

Ob die Kohlpreise am Ende tatsächlic­h steigen, bleibt unklar. Unter anderem müssten dafür die Bestände aus den vorherigen Erntejahre­n aufgebrauc­ht werden. Genaue Zahlen zu den Lagerbestä­nden kann der BOGK aber nicht geben, diese würden dem Verband nicht zurückgeme­ldet, heißt es. Geschäftsf­ührer Freitag rechnet dennoch damit, dass die Lagerbestä­nde noch in diesem Jahr zur Neige gehen könnten, weil die Nachfrage die Bestände übersteige­n könnte.

Für Landwirt Schönberg ist hingegen jetzt schon klar: Seine schlechte Ernte wird ein Minusgesch­äft. „Für mich kalkuliere ich jetzt schon 50 Prozent weniger Umsatz“, sagt er. Allein: Wie tiefrot die Zahlen am Ende werden, ist noch offen. Nun hofft von Schönberg auf einen regnerisch­en Herbst.

„Was nicht gewachsen ist, kann auch nicht geliefert werden“CHRISTOPH FREITAG, BOGKGESCHÄ­FTSFÜHRER

 ?? BILD: TORSTEN VON REEKEN ?? Ran ans Gemüse beim Eytje Hof in Gristede (Ammerland): Johanna Eytje (r.) und Lena Kolde ernten in diesen Tagen den ersten Grünkohl.
BILD: TORSTEN VON REEKEN Ran ans Gemüse beim Eytje Hof in Gristede (Ammerland): Johanna Eytje (r.) und Lena Kolde ernten in diesen Tagen den ersten Grünkohl.
 ?? DPA-BILD: BERG ?? Schrumpfko­hl an der Hand: Betriebsle­iter Johannes van der Breggen wiegt einen Weißkohl
DPA-BILD: BERG Schrumpfko­hl an der Hand: Betriebsle­iter Johannes van der Breggen wiegt einen Weißkohl
 ??  ?? Roter Kohl, rote Zahlen: Friedrich von Schönberg, Betriebsle­iter des Gemüsevera­rbeiters Stollenwer­k
Roter Kohl, rote Zahlen: Friedrich von Schönberg, Betriebsle­iter des Gemüsevera­rbeiters Stollenwer­k

Newspapers in German

Newspapers from Germany