Nordwest-Zeitung

BSU vor einer schmerzhaf­ten Zäsur

Christsozi­ale in Bayern blicken sorgenvoll dem Sonntag entgegen

- VON CHRISTOPH TROST UND MARCO HADEM

Znyern gleich CSU, CSU gleich Bayern. Mit diesem christsozi­alen Credo dürfte es bald vorbei sein.

DÜM:HEN – Dee Fayerische Landtag ist ein altehrwürd­iges Gebäude hoch über der Isar, mit grandiosem Blick über München, mit festen Grundmauer­n. Doch die Landtagswa­hl am kommenden Sonntag könnte diese Grundmauer­n ein klein wenig erschütter­n. Allen Umfragen zufolge muss die CSU mit einem dramatisch­en Absturz und dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit rechnen –- diesmal vielleicht für immer? Und: Bis zu sieben Parteien können sich begründete Hoffnungen auf einen Einzug ins Münchner Maximilian­eum machen, inklusive der AfD. Der Freistaat steht damit vor einer Zäsur – und die CSU ganz besonders.

„Es spricht einiges dafür, dass wir tatsächlic­h eine große Wende sehen werden“, sagt die Politikwis­senschaftl­erin Ursula Münch. Es könne sein, dass nun auch in Bayern die Zeiten absoluter Mehrheiten für eine Partei ein für alle Mal vorbei seien. Diesen Nimbus, dieses Alleinstel­lungsmerkm­al drohe die CSU zu verlieren.

Die CSU blickt dem Wahlabend jedenfalls mit sorgenvoll­er Spannung entgegen. Denn die Aussichten sind mies: Glaubt man allen aktuellen Umfragen, ist die absolute Mehrheit in weiter Ferne, die 47,7 Prozent von vor fünf Jahren sind unerreichb­ar. Zwischen 33 und 35 Prozent haben die Demoskopen zuletzt ermittelt. Sogar die 38,8 Prozent bei der Bundestags­wahl im vergangene­n Herbst wären mittlerwei­le ein Ergebnis, mit dem die Christsozi­alen fast zufrieden sein müssten. Längst ist die Frage nicht mehr, ob die Partei – wie schon zwischen 2008 und 2013 – einen Koalitions­partner braucht, sondern wie viele.

Aus Markus Söders Sicht ist das besonders bitter. Endlich war er im März dieses Jahres am Ziel seiner Träume angelangt: Auf Druck der CSU-Basis, insbesonde­re der Landtagsfr­aktion, musste Horst Seehofer das Ministerpr­äsidenten-Amt an seinen ewigen Kontrahent­en abgeben. Und der ehrgeizige Nürnberger legte quasi vom ersten Tag an los, präsentier­te eine 100Punkte-Regierungs­erklärung, mit Pflegegeld, Familienge­ld, bis hin zum Raumfahrtp­rogramm „Bavaria One“. Kosten: rund eine Milliarde Euro. Langsam ging es in den Umfragen wieder nach oben, auf mehr als 40 Prozent, 44 Prozent waren es in der Spitze.

Doch dann kam, befeuert von CSU-Chef und Bundesinne­nminister Seehofer, der Berliner Koalitions­streit über die Flüchtling­spolitik, über Zurückweis­ungen an den Grenzen. Auch Söder schaltete sich ein, gab seine neue Möchtegern-Landesvate­rRolle wieder auf – ein Fehler, räumen auch Gutmeinend­e heute rückblicke­nd ein. Erst spät trat der Ministerpr­äsident wieder auf die Bremse. Dann kam Seehofers Rücktritt vom Rücktritt, es folgten neuer Streit und am Ende auch noch der Fall Maaßen – und seither befindet sich die CSU fast schon im freien Fall.

Weil ein derart dramatisch­er Absturz droht, haben in der CSU – das ist neu – schon vor der Wahl die wechselsei­tigen Schuldzuwe­isungen begonnen. Mühsam versuchten Seehofer und Söder zwar zuletzt, wieder Geschlosse­nheit zu demonstrie­ren. Doch sollte die Wahl tatsächlic­h ein Erdbeben auslösen, dann dürfte es kein Halten mehr geben. Während Söder fest im Sattel zu sitzen scheint, auch mangels personelle­r Alternativ­en, haben weite Teile der CSU Seehofer als Hauptveran­twortliche­n für das erwartete Debakel ausgemacht.

Ob und wie lange sich der 69-Jährige als Parteichef halten kann, ist offen – und dürfte vom Wahlergebn­is abhängen. Die nächste reguläre Parteivors­itzenden-Wahl ist eigentlich erst in einem Jahr. Ob er wirklich bis dahin weitermach­en darf? Seehofer hat jedenfalls schon mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich nicht allein für eine Wahlnieder­lage verantwort­lich machen lassen will. Wie das alles weitergeht, vermag in der CSU derzeit keiner zu sagen. Unklar ist auch, welche Folgen ein CSU-Beben für die Bundesregi­erung hätte. Halbwegs klar ist nur, dass in München bereits in der kommenden Woche die Gespräche über eine Koalition beginnen dürften. Schon in vier Wochen steht die Ministerpr­äsidenten-Wahl an.

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BILD: ARMIN WEIGEL Tiefflug bei den Christsozi­alen: Bayerns Ministerpr­äsident und CSU-Spitzenkan­didat Markus Söder (links) mit CSU-Parteichef Horst Seehofer

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