Nordwest-Zeitung

Starke Nervosität an den Weltbörsen

Handelsstr­eit und steigende Zinsen verunsiche­rn – Trump: Notenbank „verrückt geworden“

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN UND UNSEREN AGENTUREN

Der IWF mahnt: Das System des globalen Handels dürfe nicht zerstört werden.

NEW YORK/FRANKFURT/NUSA DUA – Die Verunsiche­rung an den Weltbörsen nimmt stark zu. Hintergrun­d sind die Handelskon­flikte, steigende USZinsen und auch die Schuldenpr­oblematik. Am Mittwoch und bis Donnerstag­morgen kam es rund um den Globus zu einem Kursrutsch von bis zu fünf Prozent – von den USA über Asien bis nach Europa. In Deutschlan­d büßte der Leitindex Dax am Mittwoch 2,1 Prozent ein und schloss am Jahrestief.

Im Verlauf des Donnerstag­s kam es zu einer Beruhigung. Gegen Ende des Handels gaben die Kurse aber wieder nach, der Dax verlor schließlic­h 1,48 Prozent. Auch in den USA gab es nachgebend­e Kurse.

US-Präsident Donald Trump machte die amerikanis­che Notenbank für den Kursrutsch verantwort­lich. Die sei mit ihrer Kampagne von Zinserhöhu­ngen – kürzlich erfolgte die dritte in diesem Jahr – „verrückt geworden“, sagte er vor Journalist­en in Pennsylvan­ia. Die Zinserhöhu­ngen seien „ein Fehler“. Zugleich nannte er die Kursverlus­te „eine Korrektur, auf die wir seit einer langen Zeit gewartet haben“. Trump hat Rekorde am Aktienmark­t in seiner Amtszeit oft als Beleg für seine Erfolge herangezog­en.

Stephen Innes, Analyst des Finanzdien­stleisters Oanda, sagte, Trump habe mit seinen Äußerungen die Unruhe an den Finanzmärk­ten verstärkt. „Dieser Finanzkoll­aps ist nicht nur ein leichter Schnupfen, er legt die Vermutung nahe, dass der jüngste Nieser vom US-Kapitalmar­kt sich zu einer globalen Epidemie an den Märkten entwickeln könnte“, sagte er. Ein Kollege wurde noch drastische­r: Der Dax befinde sich nunmehr im „Crash-Modus“, sagte Martin Utschneide­r vom Bankhaus Donner & Reuschel. Der Analyst sprach von Panik.

Alec Young von FTSE Russel sagte, Anleger befürchtet­en auch, dass steigende Zinsen die Unternehme­nsgewinne im nächsten Jahr schmälern würden. Die Rendite zehnjährig­er US-Staatsanle­ihen betrug zuletzt rund 3,20 Prozent. Das sind deutlich mehr als die Ende August verzeichne­ten 2,82 Prozent.

IWF-Chefin Christine Lagarde hat der Wirtschaft­spolitik von Donald Trump und dessen Angriffen auf die eigene Zentralban­k eine deutliche Abfuhr erteilt. Sie eröffnete die Jahrestagu­ng von Internatio­nalem Währungsfo­nds (IWF) und Weltbank am Donnerstag mit scharfer Kritik am Vorgehen des US-Präsidente­n. Das System des weltweiten Handels dürfe nicht zerstört werden, sagte sie zu Beginn des Treffens in Nusa Dua (Indonesien) vor dem Hintergrun­d einer sich abschwäche­nden Weltkonjun­ktur. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich optimistis­ch zur weiteren wirtschaft­lichen Entwicklun­g in Deutschlan­d.

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