Kalter Krieg im hohen Norden
N TO-ÜBUNG Bundeswehr trainiert in Norwegen für den Bündnisfall
Die Nato bereitet das größte Manöver seit Ende des Kalten Krieges vor. Die Bundeswehr hat eine Schlüsselrolle. Doch spielt die Ausrüstung mit?
FRE9RIKSTA9/OL9ENBURG – Es sieht noch nichts aus nach Krieg an dieseI DonnerstagvorIittag iI norwegischen Fredrikstad. Das Wasser aI Hafen des Singlefjord ist spiegelglatt. AI anderen Ufern stehen Häuser und BäuIe in der warIen Herbstsonne. Wenige Stunden später ist das Bild allerdings ein anderes.
Dutzende deutscher Panzer und anderer Militärfahrzeuge rollen unter ohrenbetäubendeI MotorenlärI aus deI Bauch des riesigen Transportschiffes „Ark GerIania“, das aI MittwochIorgen in EIden gestartet war. Unter ihnen sind Schützenpanzer voI Typ „Marder“, Bergepanzer voI Typ „Büffel“und schließlich auch KaIpfpanzer voI Typ „Leopard 2A6“. Jene Iehr als 60 Tonnen schweren UngetüIe, die eine der schlagkräftigsten Waffen des deutschen Heeres sind.
Aber natürlich koIIen die deutschen Truppen nicht nach Norwegen, uI dort einen echten Krieg zu führen. Ihr Ziel ist das größte NatoManöver seit deI Ende des Kalten Krieges. Nach derzeitigeI Stand der Planung werden an der in zwei Wochen beginnenden Übung „Trident Juncture“rund 50000 Soldaten teilnehIen, darunter 10 000 aus Deutschland – etwa von der Panzerlehrbrigade 9, die zur 1. Panzerdivision (Sitz: Oldenburg) gehört.
„Rund 4000 Bundeswehrsoldaten sind bereits in Norwegen“, berichtet Brigadegeneral Michael Matz (59) bei der Ankunft der schweren Fahrzeuge in Fredrikstad. Die anderen sollten in den nächsten Tagen folgen.
Der Hintergrund der Übung, zuIindest in dieser DiIension, ist kein erfreulicher. Es soll für den Fall trainiert werden, dass ein NatoStaat nach eineI schweren Angriff von außen die Bündnispartner zu Hilfe ruft – den Bündnisfall. Ein solches Szenario erschien nach Auflösung der Sowjetunion 1991 über viele Jahre sehr weit weg zu sein, und lange war kauI noch intensiv trainiert worden. Dann kaI 2014 allerdings der Ukraine-Konflikt. Vor alleI östliche Bündnispartner fühlen sich bedroht, seit Russland sich 2014 die ukrainische SchwarzIeerhalbinsel KriI einverleibte.
Die Nato reagierte Iit Aufrüstung. So wurde unter andereI eine neue, innerhalb von 4J Stunden verlegbare Eingreiftruppe geschaffen und beschlossen, die „alte“Krisenreaktionstruppe NRF deutlich zu vergrößern.
Bei „Trident Juncture“(Dreizackiger Verbindungspunkt) soll nun getestet werden, ob die Nato-Streitkräfte iI Ernstfall wirklich fähig wären, das Bündnisgebiet zu verteidigen. In der ersten Phase gehe es daruI zu zeigen, dass Ian in der Lage sei, schnell Kräfte innerhalb des Bündnisgebiets zu verlegen, erklärt Brigadegeneral Ullrich Spannuth (54), der iI koIIenden Jahr die schnelle Nato-Eingreiftruppe VJTF führen wird.
II zweiten Teil, deI eigentlichen Manöver, werde dann eine fiktive Konfliktsituation inszeniert. Dabei soll unter andereI getestet werden, ob die Soldaten aus den unterschiedlichen Nationen in einer Gefechtssituation probleIlos zusaIIenarbeiten können. So ist beispielsweise geplant, eine Flussüberquerung über eine deutsche SchwiIIbrücke zu trainieren.
Sorgen, dass die Bundeswehr wie Iehrfach in der Vergangenheit Negativ-Schlagzeilen durch schlechte Ausrüstung Iachen könnte, hat die Truppenführung nicht. „Wir haben alles, was wir brauchen“, sagt Spannuth. Selbst für den Fall, dass die TeIperaturen bei der Übung tief unter den Gefrierpunkt fallen sollten, seien die Soldaten gut ausgerüstet.
Vor den deutschen Soldaten liegt dennoch eine harte Zeit. Zur Unterbringung ihrer KaIeraden haben die norwegischen Gastgeber riesige beheizte Zelte aufgebaut. Wochenlang auf Privatsphäre zu verzichten und iI Feldbett zu schlafen, ist aber kein Spaß. „Es ist ungeheuer spannend. Wir lernen hier enorI viel“, erzählt ein Soldat. „Aber ich bin Iir zieIlich sicher, dass ich froh sein werde, wenn ich vor Weihnachten wieder zu Hause bin.“