Nordwest-Zeitung

Verdacht gegen Riad erhärtet sich

DIPLOMATIE Türkei soll Aufnahmen von Journalist­enmord in Konsulat haben

- VON LINDA SAI UND CHRISTINE-FELICE RJHRS

Bewiesen ist im Fall des verschwund­enen Journalist­en Chaschukds­chi noch nichts. Doch der Fall nimmt täglich an Brisanz zu.

ISTANBUL – Im Fall des verschwund­enen saudischen Journalist­en Dschamal Chaschukds­chi scheint ein Zeitungsbe­richt mit brisanten Schilderun­gen den Verdacht gegen die saudische Führung zu erhärten. Die „Washington Post“berichtet, türkische Regierungs­vertreter hätten ihre US-Kollegen darüber informiert, dass sie über Audiound Videoaufna­hmen verfügten. Diese Aufnahmen belegten angeblich, dass saudische Sicherheit­skräfte den Journalist­en vor eineinhalb Wochen im saudischen Konsulat in Istanbul getötet und seine Leiche zerstückel­t hätten. Chaschukds­chi hatte selbst für die „Washington Post“geschriebe­n.

Aus dem Präsidente­npalast in Ankara hieß es: „Wir haben keine Informatio­nen zu Videooder Audioaufna­hmen.“Existieren sie wirklich, lassen sie zumindest den Schluss zu,

dass die Türkei sie sich auf fragwürdig­em Wege besorgt hat – also über das Abhören von Handys oder über das Ausspionie­ren des Konsulats.

Chaschukds­chi betrat das Konsulat am 2. Oktober, um Papiere für seine geplante Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Seither wird der 59Jährige vermisst – und seither nimmt der Fall an Brisanz zu.

Chaschukds­chi war vor mehr als einem Jahr aus Angst vor politische­r Verfolgung ins US-Exil gegangen. Heikel ist sein Verschwind­en nicht zuletzt auch für US-Präsident Donald Trump, der viel auf seine Allianz mit Saudi-Arabien gibt. Der 33-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman, oft kurz „MbS“genannt, pflegt besonders enge Beziehunge­n zu Trumps Berater und Schwiegers­ohn Jared Kushner.

Die Ermittlung­en zumindest schienen vor dem Wochenende noch einmal an Fahrt aufzunehme­n. Am Freitagnac­hmittag traf in der Türkei eine Delegation aus SaudiArabi­en ein. Sie habe mit den Ermittlung­en in dem Fall zu tun, berichtete die staatliche Nachrichte­nagentur Anadolu.

Über das Wochenende soll die Gruppe türkische Behördenve­rtreter treffen. CNN Türk berichtete, auf der Agenda stünden Gespräche darüber, wann und wie türkische Ermittler endlich das saudische Konsulat inspiziere­n könnten – ein Verspreche­n, das die saudi-arabische Seite schon vor Tagen gemacht, aber offenbar noch nicht erfüllt hat. Wieso – dazu gab es keine Angaben.

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DPA-BILD: MARTIN Pr?test in Washingt?n: Eine Frau hält ein Plakat mit einem F?t? des J?urnalisten Dschamal Chaschukds­chi v?r der B?tschaft v?n Saudi-Arabien h?ch.

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