Verdacht gegen Riad erhärtet sich
DIPLOMATIE Türkei soll Aufnahmen von Journalistenmord in Konsulat haben
Bewiesen ist im Fall des verschwundenen Journalisten Chaschukdschi noch nichts. Doch der Fall nimmt täglich an Brisanz zu.
ISTANBUL – Im Fall des verschwundenen saudischen Journalisten Dschamal Chaschukdschi scheint ein Zeitungsbericht mit brisanten Schilderungen den Verdacht gegen die saudische Führung zu erhärten. Die „Washington Post“berichtet, türkische Regierungsvertreter hätten ihre US-Kollegen darüber informiert, dass sie über Audiound Videoaufnahmen verfügten. Diese Aufnahmen belegten angeblich, dass saudische Sicherheitskräfte den Journalisten vor eineinhalb Wochen im saudischen Konsulat in Istanbul getötet und seine Leiche zerstückelt hätten. Chaschukdschi hatte selbst für die „Washington Post“geschrieben.
Aus dem Präsidentenpalast in Ankara hieß es: „Wir haben keine Informationen zu Videooder Audioaufnahmen.“Existieren sie wirklich, lassen sie zumindest den Schluss zu,
dass die Türkei sie sich auf fragwürdigem Wege besorgt hat – also über das Abhören von Handys oder über das Ausspionieren des Konsulats.
Chaschukdschi betrat das Konsulat am 2. Oktober, um Papiere für seine geplante Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Seither wird der 59Jährige vermisst – und seither nimmt der Fall an Brisanz zu.
Chaschukdschi war vor mehr als einem Jahr aus Angst vor politischer Verfolgung ins US-Exil gegangen. Heikel ist sein Verschwinden nicht zuletzt auch für US-Präsident Donald Trump, der viel auf seine Allianz mit Saudi-Arabien gibt. Der 33-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman, oft kurz „MbS“genannt, pflegt besonders enge Beziehungen zu Trumps Berater und Schwiegersohn Jared Kushner.
Die Ermittlungen zumindest schienen vor dem Wochenende noch einmal an Fahrt aufzunehmen. Am Freitagnachmittag traf in der Türkei eine Delegation aus SaudiArabien ein. Sie habe mit den Ermittlungen in dem Fall zu tun, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Über das Wochenende soll die Gruppe türkische Behördenvertreter treffen. CNN Türk berichtete, auf der Agenda stünden Gespräche darüber, wann und wie türkische Ermittler endlich das saudische Konsulat inspizieren könnten – ein Versprechen, das die saudi-arabische Seite schon vor Tagen gemacht, aber offenbar noch nicht erfüllt hat. Wieso – dazu gab es keine Angaben.