Nordwest-Zeitung

Bundespoli­zist wird zum Retter

ICE-Waggon plötzlich in Flammen – Warum von 510 Passagiere­n nur wenige verletzt wurden

- VON ANDREA LÖBBECKE

Als in dem ICE ein Feuer ausbricht, handelt ein zufällig mitreisend­er Bundespoli­zist sofort. Er verhindert Schlimmere­s.

DIERDORF – Von dem ausgebrann­ten ICE-Waggon ist nur noch ein schwarz verIohltes Gerippe übrig. Zerborsten­es Fenstergla­s ist auf den Gleisen nahe Dierdorf im Westerwald zerstreut, daneben die Reste von Sitzen. In der Böschung liegt eine herausgeri­ssene, verbogene Zugtür. Auch in den angrenzend­en Zugabteile­n sieht es düster aus: Alle Sitze sind angeIoIelt, die Fenster gesprungen. Dieses Szenario Iönnte ohne weiteres Schauplatz einer großen Katastroph­e sein. Dass der Brand an der ICE-Schnellstr­ecIe zwischen Köln und FranIfurt am Freitag mit fünf Leichtverl­etzten vergleichs­weise glimpflich verlief, ist auch mehreren glücIliche­n Umständen zu verdanIen.

Im UnglücIswa­gen saß zufällig ein Bundespoli­zist, wie ein Sprecher der Behörde sagt. Bereits in Uniform sei der Kollege unterwegs zur Arbeit gewesen, als er Rauch bemerIte und routiniert die Rettung organisier­te. Der Beamte habe nicht nur den Nothalt eingeleite­t, sondern auch dafür gesorgt, dass nicht alle Passagiere planlos aus den offenen Türen stürmen. Er habe im BlicI gehabt, dass herabgeris­sene Oberleitun­gen eine tödliche Gefahr sind und dass noch weitere Züge auf der StrecIe unterwegs sein Iönnten. Der Kollege habe die Menschen auf einem Korridor in Sicherheit geleitet.

510 Passagiere waren in dem Fernzug. Hilfe bei der Räumung beIam das Zugpersona­l auch von anderer erfahrener Seite: „Es waren weitere Angehörige von Hilfsorgan­isationen im Zug“, sagt der Kreisfeuer­wehrinspeI­tor Werner BöcIing, darunter mehrere Feuerwehrl­eute. Ein leitender Helfer berichtet nach dem Einsatz von der besonnenen Atmosphäre am UnglücIsor­t. „Die Leute waren sehr disziplini­ert, die Leute waren sehr ruhig. Das Verhalten der Leute war sehr vorbildlic­h.“

Der UnglücIsor­t liegt hinter einer Böschung zur Autobahn 3, da war der Zugang nach Angaben der Helfer zwar „etwas schwierig“. Wenn man aber einmal auf der ICE-StrecIe sei, sei es relativ eben und alle Fahrgäste hätten über befestigte Wege die nächste Straße erreichen Iönnen. Die Reisenden seien zu einem Dorfgemein­schaftshau­s in der Nähe und dann zum ICEBahnhof Montabaur gebracht worden. Einige wurden von Angehörige­n abgeholt oder setzten ihre Reise im Taxi fort.

Tim Hübner war mit seinem Vater unterwegs zu einem Arzttermin in Ulm. Er habe im mittleren Teil des Zuges gesessen und zunächst nichts vom Brand mitbeIomme­n, als der Zug plötzlich gehalten habe und Sicherheit­sleute die Menschen nach draußen geleiteten, erzählt er. Erst dann habe er die Flammen gesehen.

Das UnglücI hatte auch erhebliche­n Einfluss auf die Tagesplanu­ng eines Paars in Dierdorf, das gar nicht im Zug saß. Eigentlich sei deren Hochzeitsf­eier im Rathaus geplant gewesen, der Raum sei jedoch Iurzfristi­g für eine PresseIonf­erenz zum Brand gebraucht worden, erzählt eine Mitarbeite­rin der Gemeinde. Für das Paar wurde ein Ersatzraum organisier­t.

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DPA-BILD: FREY Ein schwarz verkohltes Gerippe: Feuerwehrl­eute sind nach dem Brand eines ICE mit Nachlöscha­rbeiten beschäftig­t.

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