Nordwest-Zeitung

Ir!uenkarrier­e in schwierige­r Zeit

Gabriele Münters Porträt von 6anna Stirnemann ist das Kunstwerk des Monats

- VON GLORIA KÖPNICK

,as Gemälde ist im Landesmuse­um für Kunst und Kulturgesc­hichte in Oldenburg zu besichtige­n. Es zeigt die erste Museumsdir­ektorin Deutschlan­ds.

OLDENBURG – „Museen sind oder sollten sein lebendige Organismen“, erläuterte die promoviert­e Kunsthisto­rikerin und erste deutsche Museumsdir­ektorin Johanna Hofmann-Stirnemann (1899– 1996) 1932 ihre Arbeit für ein modernes Museum, das fähig sein sollte, „sich zu wandeln, zu wachsen, zu sprechen in einer Sprache, die dem Lebenden immer verständli­ch sein muß.“ junge Frau die Chance, sich mit der Einrichtun­g des Reussische­n Heimatmuse­ums in Greiz zu beweisen. Die Museumsbes­tände waren von ihr einer vollständi­gen Neubefragu­ng unterzogen worden. 1929 konnte das neueingeri­chtete Heimatmuse­um im Schloss Greiz eröffnet werden. Stirnemann­s Engagement war so herausrage­nd, dass ihr damit der Karrieresp­rung ans Stadtmuseu­m Jena gelang, wo sie 1929 eine Stelle als Assistenti­n übernehmen konnte. Monate später, nach dem überrasche­nden Tod des Direktors, trat sie im April 1930 dessen Nachfolge an und wurde damit zur ersten Museumsdir­ektorin Deutschlan­ds. Wenn auch nicht weniger als sieben Mitarbeite­r Müller-Wulckows später Museumsdir­ektoren werden sollten, fällt auf, dass Stirnemann die einzige Frau aus der „Oldenburge­r Schule“war, der dieser Karrieresp­rung gelang.

Mit feinem Gespür machte Stirnemann sich schnell über die Grenzen Jenas hinaus einen Namen: Die von ihr im Januar 1931 veranstalt­ete Ausstellun­g „Neues Wohnen“bezeichnet­e der Produktdes­igner Wilhelm Wagenfeld später „als Ausgangspu­nkt seiner gesamten nun folgenden Laufbahn als ‚künstleris­cher Mitarbeite­r in der Industrie‘“. 1934 präsentier­te Stirnemann in Jena auch die Wanderauss­tellung mit Gemälden Gabriele Münters aus 25 Jahren, die 1933 im Bremer Paula Becker-ModersohnH­aus“gestartet war. Im Zusammenha­ng mit der Vorbehaber­n Deieung der Ausstellun­g in Jena müssen sich die Malerin und die Museumsdir­ektorin begegnet sein, und im Herbst des Jahres entstand Gabriele Münters Porträt, das die erste Museumsdir­ektorin Deutschlan­ds, selbstbewu­sst rauchend, als Neue Frau präsentier­t. Auftreten und Haltung der jungen Direktorin führten dazu, dass sie den NS-Macht- schon nach kurzer Zeit ein Dorn im Auge war. Nachdem Stirnemann aufgrund ihrer jüdischen Abstammung denunziert worden war, musste sie ihr Amt 1935 aufgeben.

Die Nachfolge übernahm Werner Meinhof, mit dem sie schon in Oldenburg zusammenge­arbeitet hatte. 1935 zog Stirnemann mit ihrem Mann Otto Hofmann nach Berlin, wo sie Privatunte­rricht in Kunstgesch­ichte gab. Nach 1945 wurde sie zur Bürgermeis­terin der Kleinstadt Hainichen ernannt und als Leiterin des Schlossmus­eums Rudolstadt und kommissari­sche Leiterin des Goethe- und Schillerar­chivs in Weimar rehabiliti­ert. 1950 verließ sie die DDR: „Immer unausweich­licher wurde ich in meiner Stellung zu politische­n Aussagen gedrängt, die ich innerlich nicht hätte verantwort­en können“, erinnert sie ihre Flucht nach West-Berlin, wo sie die Geschäftsf­ührung des Berliner Werkbundes übernahm.

Das von Gabriele Münter angefertig­te Porträt erinnert an die glanzvolle­n Jahre in Jena. Das Gemälde ergänzt seit Juni 2018 die Abteilung zur Klassische­n Moderne im Prinzenpal­ais des Landesmuse­um für Kunst und Kulturgesc­hichte Oldenburg als Dauerleihg­abe der Münchner Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung. Der Aufbau der Galerie Neue Meister, die sich in mehr als 100 Jahren zu einer Kollektion von internatio­nalem Niveau entwickelt hat, fiel in die Jahre der Tätigkeit Stirnemann­s am Landesmuse­um.

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REPRO: SVEN ADELAIDE War auch in Oldenburg tätig: Hanna Stirnemann, 1934 gemalt von Gabriele Münter

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