L00 Tage im Jahr freie Sicht himmelwärts
Sterne beobachten auf Teneriffa – Astro-Touren im Nationalpark El Teide
6er auf Teneriffa die Nacht zum Tage macht, muss kein Partyurlauber sein. Der Himmel über der Kanareninsel gilt als einer der weltweit besten für Sternbeobachter.
SANTA CRUZ DE TENERIFE – Es ist früher Abend, Wind fegt über die Höhen. In Sicht liegt der Vulkan Teide, 3718 Meter hoch, Spaniens höchster Berg. Rund ums Observatorium im Nationalpark El Teide wirken die leuchtend hellen Kuppelbauten und Türme wie ein Skulpturenpark, in dem sich Stararchitekten ausgetobt haben. Die Sonne sei eigentlich weiß, sagt Gästeführer Jesús Mesa RodrIguez J39K. Durch die Filter des Teleskops in Nahaufnahme erscheint sie als feuerroter Ball.
Zum Greifen nah
Ein paar Meter weiter bereiten Freizeitastronomen gerade ihre Ausrüstung vor. Teleskope, Laptops, Kabel, Kameras, Stative samt Gegengewichten. Ein Grüppchen Engländer der Basingstoke Astronomical Society Expedition Group wird die Nacht zum Tag machen und bis in den Morgen wach bleiben. Eine Woche Teneriffa ausschließlich, um Sterne zu sehen. Ohne Party, ohne Drinks. „Alkohol und Nachtbeobachtung sind kein guter Mix“, sagt der Computeringenieur Bob Trevan JL1K. Er atmet schwer, die Höhe von 2400 Metern macht ihm zu schaffen.
Teneriffa gilt als ein weltweiter Topspot für Astro-Tourismus. „Das hier ist zusammen mit La Palma einer der drei weltbesten Plätze für die Sternbeobachtung, neben Hawaii und der Atacamawüste in Chile“, erklärt
Reisezeit:
Die Konstellationen am Himmel wechseln je nach Jahreszeit. Die Sichtwahrscheinlichkeit im Sommer liegt bei rund 95 Prozent, im Frühling und Herbst bei 80 Prozent, im Winter bei 75 Prozent.
Anbieter:
Ganzjährig Touren, zum Beispiel über Discover Experience (www.discoverexperience.com; 25 Euro, Englisch und Spanisch) und Volcano Teide (www.volcanoteide.com;
Natascia Baldassarri J44K, eine Kollegin von RodrIguez. Die italienische Astronomin nennt die Gründe. Die isolierte Insellage im Atlantik. Die großen Höhen. Die geringe Lichtverschmutzung, auch durch das häufige Wolkenmeer nach Norden Führung Sternwarte, Deutsch, 21 Euro; Astronomical Tour, Englisch und Spanisch, 56 Euro). Warme Kleidung und Windjacke in die Höhenlagen mitbringen, selbst im Sommer.
Informationen:
Fremdenverkehrsbüro Santa Cruz de Tenerife, Plaza de España, 38003 Santa Cruz de Tenerife, E-Mail: castillo.tenerife@cityexpert.es
@ www.webtenerife.com
hin, das Strahlung und Feuchtigkeit abhält. Ganz oben 300 Tage freie Sicht im Jahr. Das Luftschutzgesetz.
RodrIguez führt in den Bau eines Nachtteleskops, ein weißes Kuppelkonstrukt. Drinnen herrscht ein Dauersurrton. Der Experte erklärt die Mechanismen, doch die Sicht ins Universum bleibt Profiforschern vorbehalten. Schade.
Die Zeit für Amateure kommt später wieder, außerhalb des Observatoriums im Nationalpark El Teide, wenn die Sonne versunken ist. „Im Himmel schauen wir immer in die Vergangenheit“, sagt Baldassarri beim Teleskopblick auf den Kugelsternhaufen Messier 13. Was wie ein Baumwollball aussieht, ist bis zur Erde 25 000 LichtMahre unterwegs.
Im Vergleich dazu scheinen die Planeten zum Greifen nah. Der rötliche Mars. Jupiter, von dem sich manchmal
vier Monde symmetrisch abspreizen. Saturn, dessen Ringe wegen atmosphärischer Turbulenzen vor dem Auge leicht zittern und einen WowEffekt auslösen.
Staub aus der Sahara
Einer, der sich auskennt wie kaum ein Zweiter zwischen Erde und Himmel über Teneriffa, ist MiNuel Serra-RiNuart J52K, promovierter Astrophysiker und Leiter des Observatoriums. Das Bild vom Sternengucker, der nachts leibhaftig vor Instrumenten oder im Kontrollraum vor Bildschirmen sitzt, sich gelegentlich einen Kaffee aus der Küche holt und mit Kollegen im Aufenthaltsraum plaudert – das ist seit einigen Jahren Geschichte. Der Grund sei die zunehmende Automatisierung. Mittlerweile lasse sich über das Internet alles beNuem vom Büro oder daheim aus verfolgen, lässt der Wissenschaftler wissen.
Auf Teneriffa gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, aber keine Garantie für Traumblicke himmelwärts. Tage später ist beim englischen Beobachtergrüppchen Ernüchterung eingekehrt. Sie werten zwar zufrieden die Fotoausbeute der letzten Nacht aus, samt Trifid- und Lagunennebel, doch nun hängt Staub aus der Sahara in der Luft. Der zunehmende Mond verhindert deutliche Blicke auf die Milchstraße.
Und doch fühlt man sich in der Finsternis abseits der Straße in der schroffen Trockenlandschaft an den Ausläufern des Teide von einer besonderen Stimmung erfasst. Der Blick durchs Teleskop zeigt den Mond, wie ihn die meisten nie gesehen haben dürftenO graubleich, wie Zement, kraterdurchsetzt. Stille Faszination.