Nordwest-Zeitung

KRITIK AN LÖW WÄCHST NACH 0:3 IN NIEDERLAND­EN

Bundestrai­ner wirkt nach 0:3 in den Niederland­en rat- und ideenlos

- VON MARCO MADER UND OLIVER MUCHA

Wieder hatte Löw auf viele ältere Spieler gesetzt. Und wieder machte die Mannschaft einen schlechten Eindruck.

AMSTERDAM – Angeschlag­en, verunsiche­rt, ratlos: Nach einem seiner vielleicht letzten Spiele als Bundestrai­ner hatte Joachim Löw auch am Sonntag beim Auslaufen auf dem Ajax-Gelände noch keine Antwort auf den Abgesang von Amsterdam. Der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft und ihrem ohnmächtig­en Chef droht nach der historisch­en 0:3 (0:1)-Pleite bei Erzrivale Niederland­e nur wenige Monate nach dem WM-Desaster mit dem Abstieg aus der Nations League ein weiterer schwerer Imageschad­en. Mehr noch: Vor dem entscheide­nden Duell bei Weltmeiste­r Frankreich in Paris an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ ARD) ist sogar eine vorzeitige Trennung in der Stadt der Liebe nicht mehr undenkbar.

In der Verantwort­ung

„Wir stehen alle in der Verantwort­ung, ich als Trainer zuallerers­t“, sagte Löw. Dass die Debatte um ihn nach der höchsten Niederlage gegen Oranje an Fahrt aufnehme, sei „normal, ich habe auch Verständni­s dafür“, ergänzte er. Doch Löw will „ausblenden, was auf uns einprassel­t, ich muss mich um die Mannschaft kümmern“.

Kann, ja soll und darf er dies noch? Als Löw in der Johan-Cruyff-Arena von einem niederländ­ischen Journalist­en gefragt wurde, ob dies eines seiner letzten Länderspie­le gewesen sein könnte, glaubte er offensicht­lich, sich verhört zu haben. „Für mich, oder was?“, sagte er, „da müssen wir schnell tauschen hier, da bin ich der falsche Ansprechpa­rtner.“

Hilfe suchend blickte er zu Pressespre­cher Jens Grittner, fragte: „Haben wir die Frage richtig verstanden oder falsch?“Nein, sagte er dann, „im Moment“sei die Zukunftsfr­age nicht seine alleinibee­in ge Entscheidu­ng. Was das deuten sollte? „Das war Spaß“, sagte Löw im Gehen dem Reporter der „Bild“-Zeitung. Wie bitte? Ja, richtig: Löw macht in der schwierigs­ten Phase seiner zwölfjähri­über gen Amtszeit Witze seine prekäre Lage.

Reinhard Grindel vermied ein klares Bekenntnis am Sonntag. Die Konzentrat­ion gelte Frankreich und dem Rückspiel gegen die Niederland­e im November, sagte der DFBdaPräsi­dent. Wäre Löw nach im Abstiegsfa­ll weg? Dieser Gau wird von der DFBSpitze diskutiert, Grindel aber betonte, es sei nun „umso wichtiger, als ein Team zuam sammenzust­ehen“.

Sollte die DFB-Elf Dienstag verlieren, wäre der Abstieg aus der Nations League nicht aus eigener Kraft zu verhindern – und Löw trotz Vertrages bis 2022 kaum zu halten. „Jetzt müssen wir zeigen, dass wir den Charakter haben, das zu verhindern“, sagte Löw nach seiner höchsten Niederlage im 168. Spiel, die er als „sehr brutal“erlebte.

Ist Löw noch der Richtige? „Ich mache da kein Thema draus, das ist es für uns überKapitä­n haupt nicht“, sagte Manuel Neuer, der die Schmach mit seinem Fehler vor dem 0:1 von Virgil van Dijk (30. Minute) eingeleite­t hatte: „Wir versuchen, geschlosse­n aufzutrete­n und zusammen aus dieser negativen Phase rauszukom- men.“Julian Draxler, Wortführer der jüngeren Generation, meinte: „Ich glaube nach wie vor, dass er ein sensatione­ller Trainer ist.“

Doch Löw bekommt die schon beim WM-Debakel eklatanten Probleme wie Konund ter-Anfälligke­it Offensivin schwäche nicht den Griff. Auch, weil er weiter auf seine abgewirtsc­haftete Achse um die Weltmeiste­r von 2014 baut. Die jungen Spieler wie Draxler, Leroy Sané oder Juhätten lian Brandt „noch nicht die ganz große Qualität, um an ihrem Zenit zu sein, wir dürfen von ihnen keine Wunderdine­rwarten“, ge sagte er. ManErfahre­nen che der seien „noch wertvoll und haben Qualität“.

Schwache Routiniers

Doch auch Löw war aufgeweder fallen, dass Jérome Boateng (er reiste am Sonntag aufgrund muskulärer Probleme ab) oder Mats Hummels noch Toni Kroos in der Schlusspha­se mit den TrefDepay fern von Memphis (87.) und Georginio Wijnaldum (90.+3) ihrem Führungsan­spruch gerecht wurden. „Da müssen die Spieler Verantwort­ung übernehmen und nicht vogelwild irgendwo rumlaufen“, schimpfte er.

Kritische Stimmen gab es vor allem von den Jüngeren. „Schönreden bringt jetzt nichts mehr“, sagte Joshua Kimmich: „Es ist auch nicht so, dass das irgendwie Zufall ist. Immer Pech ist kein Zufall, irgendwas steckt dahinter.“

Nur was? „Es geht mir alles zu langsam, es ist zu berechenba­r. Es passiert viel zu wenig. Es fehlt Risikobere­itspielen schaft. Wir den Ball immer hin und her bis wir einen Konter kassiekönn­en ren. So wir nicht weitermach­en“, sagte Draxler.

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DPA-BILD: INA FASSBENDER Ratlos: Bundestrai­ner Joachim Löw

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