KRITIK AN LÖW WÄCHST NACH 0:3 IN NIEDERLANDEN
Bundestrainer wirkt nach 0:3 in den Niederlanden rat- und ideenlos
Wieder hatte Löw auf viele ältere Spieler gesetzt. Und wieder machte die Mannschaft einen schlechten Eindruck.
AMSTERDAM – Angeschlagen, verunsichert, ratlos: Nach einem seiner vielleicht letzten Spiele als Bundestrainer hatte Joachim Löw auch am Sonntag beim Auslaufen auf dem Ajax-Gelände noch keine Antwort auf den Abgesang von Amsterdam. Der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und ihrem ohnmächtigen Chef droht nach der historischen 0:3 (0:1)-Pleite bei Erzrivale Niederlande nur wenige Monate nach dem WM-Desaster mit dem Abstieg aus der Nations League ein weiterer schwerer Imageschaden. Mehr noch: Vor dem entscheidenden Duell bei Weltmeister Frankreich in Paris an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ ARD) ist sogar eine vorzeitige Trennung in der Stadt der Liebe nicht mehr undenkbar.
In der Verantwortung
„Wir stehen alle in der Verantwortung, ich als Trainer zuallererst“, sagte Löw. Dass die Debatte um ihn nach der höchsten Niederlage gegen Oranje an Fahrt aufnehme, sei „normal, ich habe auch Verständnis dafür“, ergänzte er. Doch Löw will „ausblenden, was auf uns einprasselt, ich muss mich um die Mannschaft kümmern“.
Kann, ja soll und darf er dies noch? Als Löw in der Johan-Cruyff-Arena von einem niederländischen Journalisten gefragt wurde, ob dies eines seiner letzten Länderspiele gewesen sein könnte, glaubte er offensichtlich, sich verhört zu haben. „Für mich, oder was?“, sagte er, „da müssen wir schnell tauschen hier, da bin ich der falsche Ansprechpartner.“
Hilfe suchend blickte er zu Pressesprecher Jens Grittner, fragte: „Haben wir die Frage richtig verstanden oder falsch?“Nein, sagte er dann, „im Moment“sei die Zukunftsfrage nicht seine alleinibeein ge Entscheidung. Was das deuten sollte? „Das war Spaß“, sagte Löw im Gehen dem Reporter der „Bild“-Zeitung. Wie bitte? Ja, richtig: Löw macht in der schwierigsten Phase seiner zwölfjähriüber gen Amtszeit Witze seine prekäre Lage.
Reinhard Grindel vermied ein klares Bekenntnis am Sonntag. Die Konzentration gelte Frankreich und dem Rückspiel gegen die Niederlande im November, sagte der DFBdaPräsident. Wäre Löw nach im Abstiegsfall weg? Dieser Gau wird von der DFBSpitze diskutiert, Grindel aber betonte, es sei nun „umso wichtiger, als ein Team zuam sammenzustehen“.
Sollte die DFB-Elf Dienstag verlieren, wäre der Abstieg aus der Nations League nicht aus eigener Kraft zu verhindern – und Löw trotz Vertrages bis 2022 kaum zu halten. „Jetzt müssen wir zeigen, dass wir den Charakter haben, das zu verhindern“, sagte Löw nach seiner höchsten Niederlage im 168. Spiel, die er als „sehr brutal“erlebte.
Ist Löw noch der Richtige? „Ich mache da kein Thema draus, das ist es für uns überKapitän haupt nicht“, sagte Manuel Neuer, der die Schmach mit seinem Fehler vor dem 0:1 von Virgil van Dijk (30. Minute) eingeleitet hatte: „Wir versuchen, geschlossen aufzutreten und zusammen aus dieser negativen Phase rauszukom- men.“Julian Draxler, Wortführer der jüngeren Generation, meinte: „Ich glaube nach wie vor, dass er ein sensationeller Trainer ist.“
Doch Löw bekommt die schon beim WM-Debakel eklatanten Probleme wie Konund ter-Anfälligkeit Offensivin schwäche nicht den Griff. Auch, weil er weiter auf seine abgewirtschaftete Achse um die Weltmeister von 2014 baut. Die jungen Spieler wie Draxler, Leroy Sané oder Juhätten lian Brandt „noch nicht die ganz große Qualität, um an ihrem Zenit zu sein, wir dürfen von ihnen keine Wunderdinerwarten“, ge sagte er. ManErfahrenen che der seien „noch wertvoll und haben Qualität“.
Schwache Routiniers
Doch auch Löw war aufgeweder fallen, dass Jérome Boateng (er reiste am Sonntag aufgrund muskulärer Probleme ab) oder Mats Hummels noch Toni Kroos in der Schlussphase mit den TrefDepay fern von Memphis (87.) und Georginio Wijnaldum (90.+3) ihrem Führungsanspruch gerecht wurden. „Da müssen die Spieler Verantwortung übernehmen und nicht vogelwild irgendwo rumlaufen“, schimpfte er.
Kritische Stimmen gab es vor allem von den Jüngeren. „Schönreden bringt jetzt nichts mehr“, sagte Joshua Kimmich: „Es ist auch nicht so, dass das irgendwie Zufall ist. Immer Pech ist kein Zufall, irgendwas steckt dahinter.“
Nur was? „Es geht mir alles zu langsam, es ist zu berechenbar. Es passiert viel zu wenig. Es fehlt Risikobereitspielen schaft. Wir den Ball immer hin und her bis wir einen Konter kassiekönnen ren. So wir nicht weitermachen“, sagte Draxler.