Machtverlust
D ie gute Nachricht des Wahltags: Bayern ist doch ein normales Bundesland, in dem nicht eine dominierende Partei das Sagen hat. Es ist jetzt eines, in dem um politische Koalitionen und Inhalte gerungen wird. Die schlechte Nachricht für alle, die es (noch) mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel halten: Das Ende ihrer Regierungszeit rückt immer näher, das Ergebnis der Schwesterpartei CSU war ein weiterer Sargnagel, und Merkel kann ihren politischen Abschied nicht mehr selbst, allenfalls nur noch sehr eingeschränkt gestalten. Ministerpräsident Markus Söder wird voraussichtlich weiter im Amt bleiben. Das Ergebnis lässt ihm Optionen für Zweier-Bündnisse mit Freien Wählern oder Grünen. Dagegen nähert sich der politische Abschied des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer rasant. Mit diesem Ergebnis kann er nicht mehr Vorsitzender seiner Partei bleiben. Im Nachhinein erweist es sich als kluger Schachzug, dass Markus Söder den ihm angetragenen Vorsitz ausgeschlagen und „großzügig“Seehofer den Vortritt gelassen hat.
Es gibt noch weitere Verlierer, und zu denen zählt die SPD. Fünftstärkste Fraktion in einem Landtag mit sechs Gruppierungen – man muss schon sehr nachsichtig sein, um diese eklatante Schwäche nicht als Katastrophe zu sehen. Das Ergebnis bedeutet auch, dass nur wenige Bürger in Bayern fanden, dass die Sozialdemokraten die Partei mit den richtigen Antworten und Kandidaten war. Die Grünen haben ein sensationelles Ergebnis erreicht. Bei ihnen hat sich das von Söders ausländerfeindlichen Sprüchen („Asyltourismus“– als wenn Flüchtlinge Erholungsreisen unternähmen) verschreckte liberale Bürgertum gesammelt, das sonst CSU wählt. Und schließlich ist die CSU auch Opfer ihrer eigenen Erfolge geworden. Die Wirtschaft im Land brummt, immer mehr gut Ausgebildete zieht es nach Bayern. Doch nicht alle dieser Zugezogenen tragen das CSU-Gen in sich und wählen automatisch christsozial. Insofern ist Bayern in der Normalität angekommen. Willkommen.
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