Nordwest-Zeitung

DPD ist keine Volksparte­i mehr

Professor Jürgen Falter, Politikwis­senschaftl­er an der Universitä­t Mainz, zum Ausgang der Landtagswa­hl in Bayern.

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Zie CSU ist bei der Landtagswa­hl abgestürzt, hat die absolute Mehrheit verloren. Was bedeutet das? FALTER: Dis ist mehr als eine Klatsche. Die CSU ist mit dem heutigen Tage nicht mehr die alles dominieren­de Staatspart­ei Bayerns – das ist eine Erschütter­ung der Grundfeste­n des Freistaats. Dieses Wahlergebn­is wird sehr am Selbstvers­tändnis der CSU nagen und ihre Rolle in der Politik erheblich beeinträch­tigen. FRAGE: Wird die CSU damit auch in Berlin an Gewicht verlieren?

FALTER: Formal hat sie das Gewicht noch, weil man ihre Stimmen für die Große Koalition braucht. Bei den Bundestags­mandaten ändert sich ja nichts. Allerdings wird das Selbstvert­rauen der CSU als eine Partei, die geradezu naturgeset­zlich stets die absoluten Mehrheiten gewinnt, jetzt natürlich vorbei sein. FRAGE: Ist auch die Politik in Berlin mitverantw­ortlich? FALTER: Das ist ein Zusammensp­iel von München und Berlin. Das ist einerseits hausgemach­t, weil Ministerpr­äsident Söder nicht so zugkräftig ist wie es sein Vorgänger, CSU-Chef Seehofer, zu seinen besten Zeiten war, anderersei­ts weil der Streit zwischen Seehofer und Söder der CSU sehr geschadet hat. Zudem hat Kanzlerin Merkel Seehofer an der ausgestrec­kten Hand verhungern lassen, was die Streitigke­iten über die Schließung der Grenzen oder die Affäre um den scheidende­n Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen angeht. FRAGE: Die SPD im freien Fall: Ist sie noch eine Volksparte­i? FALTER: Nein, überhaupt nicht. In Bayern war sie das schon seit Langem nicht mehr, weil sie regelmäßig höchstens 15 bis 20 Prozent auf die Waage gebracht hat. Zehn Prozent sind natürlich ein Desaster für die bayerische SPD.

FRAGE: Die großen Gewinner sind die Grünen. Lösen Sie die SPD nun als Volksparte­i ab? FALTER: Im Süden auf alle Fälle. Mit 30 Prozent in Baden-Württember­g und 20 Prozent in Bayern sind sie schon auf dem Weg zur Volksparte­i der linken Mitte. FRAGE: Der AfD ist auf Anhieb der Einzug in den Landtag gelungen, das Ergebnis ist zweistelli­g. Warum ist es der CSU nicht gelungen, die AfD wirksamer zu bekämpfen? FALTER: Die CSU hat sich in den Augen vieler ihrer Wähler unglaubwür­dig gemacht. Den eher liberalen CSU-Wählern war die Rhetorik und die ins Auge gefassten Maßnahmen zu brachial, den eher Konservati­ven in der CSU stieß auf, dass die CSU-Führung zwar das Maul sehr weit aufgerisse­n, aber sehr, sehr wenig erreicht hat.

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DPA-BILD: STACHE

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