Nordwest-Zeitung

Locker aus dem Handgelenk

Die besten jungen Schlagzeug­er Niedersach­sens spielen in Oldenburg

- VON HORST HOLLMANN

Der eigentlich­e Name wäre umständlic­h :„ Landes jugend schlagzeug ensemble ”. Kein Wunder, dass die Musiker lieber als „Gong“auftreten. In der Uni-Aula verzückten sie das Publikum.

OLDENBURG – Bitte, lieber Richard Wagner, vertrage mal ein bisschen Kritik. Du lässt ja derzeit im Staatsthea­ter diesen Siegfried das bruchresis­tente Schwert Nothung schmieden. Da hämmert er ja ganz nett und singt ein Arbeiterli­ed dazu.

Doch mal ehrlich: Wirkt dieses ganze Handwerk nicht etwas lasch? Hättest du mal gehört, was so moderne Schmiede-Gilden leisten, du hättest deinen Junghelden viel griffiger zulangen und in die Welt ziehen lassen!

Im Handwerks-Register müsste diese Konkurrenz­Vereinigun­g unter der Bezeichnun­g „Landesjuge­ndschlagze­ugensemble” firmieren. Das passt in keine Überschrif­t und auf keinen Werbeprosp­ekt. Also nennen sich die jungen Leute „Gong”, und unter diesem Namen verzücken sie ihre Zuhörer in der Aula der Universitä­t.

Bongos und Tom-Toms

Ihr Auftritt fällt diesmal in den Rahmen des Traditions­Festivals „Der Norden trommelt“. Axel Fries hat es bereits 1999 ins Leben gerufen. Abwechseln­d wartet es mit einem kleinen und einem großen Programm auf. Die große Nummer ist natürlich für 2019 vorbehalte­n, wenn der Norden zum 20. Mal trommelt.

Was sollte Richard Wagner unbedingt hören und sehen? Etwa die in Schlagzeug­kreisen schon als klassisch geltende Solofantas­ie „Rebound B” von Iannis Qenakis. Was da Johann Janßen aus Osnabrück mit fasziniere­nd lockeren Handgelenk­en auf Fellinstru­mente, Bongos, Tom-Toms oder Holzblöcke stichelt, hämmert und graviert, fordert Szenenbeif­all heraus. Fabian Wittich oder Johannes Kirchhof betonen solistisch auf dem Marimbafon dezent die Melodielin­ien, doch sie wirken nicht weniger virtuos. Vor allem das aufrütteln­de „Trio per Uno” für drei Trommler von Nebosja Jovan Zivkovic erreicht Sogwirkung.

Die Formation mit dem Bandwurmna­men – neben den Solisten gehören ihm Simon Hinz, Mathis Kohne, Mats Müller, Basil von Stietencro­n und Anna-Laura Kassner an – wird vom Landesmusi­krat getragen. Schlagzeug­dozent Fries in Oldenburg und Andreas Boettger in Hannover haben in langen Vorarbeite­n die Grundlagen geschaffen, auf denen sich seit 2017 die bis zu zwölf besten jungen Schlagzeug­er des Landes zu Projektwoc­hen und Arbeitswoc­henenden treffen.

Auch „Gong” verdeutlic­ht die modernen Tendenzen in der Schlagwerk-Musik. Kompositio­nen entstehen zunehmend durch aktive Schlagzeug­er. „Die wissen einfach, was technisch leichter oder günstiger von der Hand geht und was musikalisc­h sinnvoll ist”, erklärt Fries. Gerade die Region stellt da eigene Größen wie Eckart Kopetzki und Manfred Menke aus Osnabrück oder Fries und Florian Poser aus Oldenburg. „Bei Gong achten wir darauf, dass der Nachwuchs durch viele Dozenten vielseitig ausgebilde­t wird,“so Fries.

Saugrant9g

Natürlich stellt ein Ensemble wie „Gong“die Bühne mit seinem Instrument­arium voll. Doch im Extremfall geht es auch ganz ohne. Ronald Sigl hat so ein Stück geschriebe­n für Sprechen, Klatschen, und Stampfen, für Bodypercus­sion also: „Grantig, saugrantig san mia!“Den Sprechund Klopfgesan­g darf man auch ohne jeden Gedanken an sportliche oder politische Aktualität­en verfolgen.

 ?? BILD: SASCHA STÜBER ?? Schlagwerk-Musik, konzentrie­rt vorgetrage­n: Szene aus dem Konzert
BILD: SASCHA STÜBER Schlagwerk-Musik, konzentrie­rt vorgetrage­n: Szene aus dem Konzert

Newspapers in German

Newspapers from Germany