Nordwest-Zeitung

Das ist ein richtiges Debakel

- VON MARKU IEVER , BÜRO BERLIN

Nach der Bayern-Wahl steht für SPD-Bundesvize Ralf Stegner ( fest Es muss sich Gravierend­es ändern, damit seine Partei wieder aus dem Tief heraus kommt.

FRAGE: Die SPD ist in Bayern unter zehn Prozent gerutscht. Wie groß ist der Schock? STEGNER: Das ist ein richtiges Debakel, an dem es überhaupt nichts zu beschönige­n gibt. Die Wähler haben den Partnern der Regierungs­koalition in Berlin eine Ohrfeige verpasst. Unsere bayerische Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen war im Wahlkampf mit einer Bleiweste unterwegs, auf der „Groko-Theater der CSU“in Berlin stand. Da muss sich Gravierend­es ändern, damit wir wieder aus dem Tief heraus kommen. FRAGE: Die SPD ist seit langem unter Druck. Reicht es, allein die Große Koalition für den Niedergang verantwort­lich zu machen?

STEGNER: Die SPD muss die Frage beantworte­n: Warum braucht es uns eigentlich? Die allermeist­en Menschen sorgen sich nicht um die Islamisier­ung ihres Dorfes. Sie wollen wissen, wie sie ihre Wohnung bezahlen können, ob die Rente reicht, wie es um die Pflege der Eltern oder die Ausbildung der Kinder steht. Solche Themen müssen mit sozialdemo­kratischer Handschrif­t und klipp und klarer Sprache vermittelt werden. FRAGE: In der SPD wird die Große Koalition zunehmend infrage gestellt. Wie ernst sind solche Drohungen zu nehmen? STEGNER: Wir sind ja nicht aus Jux und Dollerei in die Koalition gegangen, sondern weil Jamaika versagt hat und wir das Land nicht den Rechten überlassen wollten. Unsere Mitglieder haben daher – wie ich selbst – mit Magengrumm­eln „Ja, aber“zur Koalition mit der Union gesagt. Das bedeutet nicht, dass man um jeden Preis an dem Regierungs­bündnis festhält. Wenn sich die Performanc­e der Großen Koalition nicht deutlich verbessert, wird sie keinen Bestand haben. Das ist auch eine Frage des Selbstbewu­sstseins der SPD: Wir sind doch nicht der Juniorpart­ner der Union, der einfach alles hinnimmt. FRAGE: Kann CSU-Chef Horst Seehofer aus Sicht der SPD Bundesinne­nminister bleiben? STEGNER: Horst Seehofer ist seit langem der Störenfrie­d. Er gehört schon lange nicht mehr in die Regierung. Trotzdem sollten wir nicht glauben, dass die Personalau­swahl der anderen Parteien die Probleme der SPD löst.

FRAGE: Ist die SPD noch eine Volksparte­i?

STEGNER: Volksparte­i ist man nicht primär durch Prozentpun­kte. Volksparte­i ist man dadurch, dass man Politik für alle Menschen macht. Volksparte­i ist das Gegenteil zu Klientelpa­rtei. Die SPD wird niemals Politik nur für eine bestimmte Bevölkerun­gsgruppe machen.

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DPA-BILD: MOLTER

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