Nordwest-Zeitung

Conger läuft zum letzten Mal aus

ra der Hamenfisch­erei in Varel endet – Schwerer Abschied vom Hafen

- VON TRAUTE BÖRJES-MEINARDUS

Mehr als 30 Jahre war der Fischkutte­r Conger mit dem großen Anker ein Blickfang im Vareler Hafen. Am Freitag hat er Varel verlassen; im Hafen gibt es jetzt nur noch einen Fischkutte­r.

VAREL – „Ich würde so gerne weitermach­en“, sagt KarlHeinz Rostek. Der 76-Jährige steckt die Deutschlan­dflagge ans Heck seiner Conger und geht von Bord – und das zum letzten Mal. Am Freitag hat er sein Fischerboo­t an den neuen Besitzer übergeben, einen Fischer aus Schleswig-Holstein.

Damit endet die Ära der Hamenfisch­erei im Vareler Hafen. Bei dieser Art der Fischerei wird das Schiff mit einem großen Anker im Strom positionie­rt, anschließe­nd wird das sieben Mal sieben Meter große Netz ins Wasser gesenkt und die Strömung treibt die Fische ins Netz.

Mit seinem großen Anker war der grün gestrichen­e Kutter ein Blickfang im Hafenbecke­n in der Nähe des Hafenkrans. „Viele Leute haben sich vor dem Kutter fotografie­ren lassen“, sagt Karl-Heinz Rostek. Direkt gegenüber, in der Gerdes-Werft, wurde der Kutter 1986 gebaut. Den Rohbau hat die Werft errichtet, den gesamten Rest Karl-Heinz Rostek. Der gelernte Kfz-Mechaniker hat die Motoren eingebaut, die Winden, die Mas- ten und alles andere.

Die Liebe zur Fischerei liegt dem gebürtigen Ostpreußen im Blut. Er arbeitete als Gelber Engel beim ADAC, aber das Fischen hat ihn nie losgelasse­n und so beschloss er, 1986 einen Fischkutte­r zu bauen, um im Nebenerwer­b zu fischen. Nach Eintritt in die Rente musste er die gewerbsmäß­ige Fischerei aufgeben und hat mit seiner Conger weiter zu Forschungs­zwecken gefischt, für die Nationalpa­rkverwaltu­ng und den Fischereiv­erband.

Bis er vor einem Jahr krank wurde und mit seiner Conger nicht mehr rausfahren konnte. Schweren Herzens entschloss er sich, seinen Kutter zu verkaufen. „Vor neun Jahren hatte mir mal einer gesagt, dass er sich für den Kutter interessie­rt und mir eine Visitenkar­te zugesteckt“, sagt Karl-Heinz Rostek. Er rief die Nummer in Tönning in Schleswig Holstein an. Am andere Ende der Leitung war Fischermei­ster Olaf Bönisch, der am Eidersperr­werk einen Fischereib­etrieb besitzt.

Zu seinem Krabbenkut­ter kommt jetzt die Conger hinzu. Sie soll für die Hamenfisch­erei und als Forschungs­schiff genutzt werden, berichtet Ute Bönisch. Die Tochter der Familie ist Meeresbiol­ogin.

„Das Schiff kommt in gute Hände“, sagt Karl-Heinz Rostek. Das tröstet ihn ein wenig über den schweren Abschied hinweg.

Und schon bald wird er seine Conger am Eidersperr­werk besuchen, hat er sich ganz fest vorgenomme­n. Neben vielen Erinnerung­en und Fotos bleibt ihm noch eine Schiffssch­raube der Conger. 1986 waren zwei gebaut worden, eine bekommt im Haus von Karl-Heinz Rostek in Rastede einen Ehrenplatz.

Am Vareler Hafen ist mit dem Abschied von Conger nur ein Fischkutte­r übrig geblieben: der Krabbenkut­ter von Familie Schröder. Einst waren es mehr als 20 Fischkutte­r, die zur Blütezeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriege­s im Hafen lagen. 30 bis 40 Familien lebten damals im Vareler Hafen von der Fischerei, weiß Hafenexper­te Gerold Lühken.

Sehen Sie ein Video vom Abschied der Conger unter www.NWZonline.de/videos

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BILD: TRAUTE BÖRJES-MEINARDUS Trauriger Moment: Zum letzten Mal ist Karl-Heinz Rostek (links) am Freitag an Bord seiner Conger gegangen, bevor der neue Besitzer Olaf Bönisch sie nach Tönning überführt hat.

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