Nordwest-Zeitung

Wohnzimmer statt Hörsaal

echnik ersetzt schon oft Gang zur Universitä­t – Online lernen

- VON MAXIMILIAN KONRAD

Vorlesunge­n als Videos oder Online- utorials: Die Vielfalt an digitalen Angeboten ist groß. Doch nicht jeder erkennt ihren Nutzen.

JENA/FRANKFURT AM MAIN – Studierend­e lernen längst nicht mehr nur in Hörsälen und Bibliothek­en. Vorlesunge­n gibt es als Videos, Zusammenhä­nge werden in Online-Tutorials erklärt, und auch virtuelle E perimente sind problemlos von zu Hause abrufbar.

Die Digitalisi­erung verändert auch die Lehre an den Hochschule­n. Die Technische Universitä­t München etwa bietet seit kurzem eine „Toolbo Lehrerbild­ung“an. Lehramt-Studierend­e können darin beispielsw­eise ein Video schauen, wie sie Schülern am besten den Satz des Pythagoras erklären. Das Angebot gibt es momentan für die Fächer Mathematik und Informatik. Das Portal steht allen angehenden Lehrern, aber auch bereits unterricht­enden Lehrkräfte­n kostenlos zur Verfügung.

An der Rheinisch-Westfälisc­hen Technische­n Hochschule (RWTH) Aachen ist es schon seit einigen Jahren üblich, dass Studierend­e sämtliche E perimente online einsehen können und dafür nicht mehr im Labor vor Ort sein müssen.

„Der digitale Wandel ist an den Hochschule­n angekommen“, sagt Klaus Wannemache­r vom Institut für Hochschule­ntwicklung. „Rund zwei Drittel der Hochschule­n haben die Digitalisi­erung mittlerwei­le in ihrer Hochschuls­trategie verankert.“

Doch was bringt die Technologi­e? „Studierend­e gewinnen an Mobilität, wenn die Technik fle ible Lernorte ermöglicht und die Zeit minimiert, die man für organisato­rische Fragen oder Präsenz an den Hochschule­n benötigt“, sagt Marc Rittberger. Er ist Direktor der Abteilung Informatio­nszentrum Bildung beim Deutschen Institut für Internatio­nale Pädagogisc­he Forschung (DIPF).

Damit Studierend­e profitiere­n, muss der technische Fortschrit­t allerdings richtig umgesetzt werden. Und der Zielgruppe auch nahegebrac­ht werden. Oder wie es Professor Jürgen Bolten von der Jenaer Friedrich-SchillerUn­iversität sagt: „Grundsätzl­ich denke ich nicht, dass sich im Hochschul-Alltag so viel ändern wird.“Für ihn ist die Hauptfrage, wie man Lehrende dazu motivieren kann, Zeit in E-Learning zu investiere­n. „Die meisten Lehrenden sehen nur die Mehrarbeit mit dieser Art der Digitalisi­erung.“

Prof. Bolten bietet seit Jahren das Konzept des Inverted Classrooms an, was sich etwa mit umgekehrte­m Klassenzim­mer übersetzen lässt. Das Konzept: Studierend­e folgen einer Vorlesung daheim und diskutiere­n im Anschluss in einem Forum. Anschließe­nd treffen sie sich in der Uni, um offene Fragen oder Anwendungs­aufgaben zu besprechen. Bolten hat dabei gute Erfahrunge­n gemacht. Das Lernen werde so effektiver.

Das MOOC-Modell ist vor allem in den USA weit verbreitet. Aber auch in Deutschlan­d nimmt die Nutzerzahl immer mehr zu. Beispiele für deutschspr­achige Plattforme­n sind Iversity oder auch das ELearning-Angebot des HassoPlatt­ner-Instituts.

Das digitale Lernen hat sich bereits an einigen Hochschule­n in Deutschlan­d etabliert, aber der komplette Durchbruch ist noch nicht gelungen. „Ich denke, auch in Zukunft werden Studierend­e ganz normal die Uni besuchen“, sagt Bolten. Lediglich die Reihenfolg­e werde sich vielleicht etwas ändern. Im digitalen Lernen sieht er viel Potenzial. „Vor allem in dessen Internatio­nalität.“

 ?? DPA-BILD: CHRISTIN KLOSE ?? Heimischer Sessel statt Holzstuhl im Hörsaal: Vorlesunge­n lassen sich inzwischen oft zu Hause am Computer anschauen.
DPA-BILD: CHRISTIN KLOSE Heimischer Sessel statt Holzstuhl im Hörsaal: Vorlesunge­n lassen sich inzwischen oft zu Hause am Computer anschauen.

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