Nordwest-Zeitung

Was kostet eigentlich eine Kuh?

Fellfarbes­pieltbeim Kauf keine Rolle – 36 Cent pro Liter Milch

- VON N7NA TANRREN

Buchführun­g ist meistens öde. Wenn es um Kühe geht, kann das aber ganz spannend sein. Nach wie vielen Jahren zahlt sich zum Beispiel eine Milchkuh aus?

VIELSTEDT – Was eine Packung Milch kostet, weiß jeder. In einem Huder Supermarkt gibt es den günstigste­n Liter für 60 Cent, den teuersten für 1,29 Euro. Doch was kostet eigentlich die Kuh dazu? Das weiß am besten: eine Landwirtin mit Milchviehb­etrieb.

Jacqueline Tönjes hat 140 Kühe auf dem Hof des Familienbe­triebes in Vielstedt stehen. 1600 Euro muss man durchschni­ttlich für eine Kuh bezahlen, sagt sie. Fellfarbe egal. Entscheide­nd für den Preis ist die Milchleist­ung der Kuh. Beim Kauf ist das Tier ist etwa 25 Monate alt. Das hat auch einen Grund, wie die 25Jährige erklärt: „In dem Alter hat die Kuh schon ihr erstes Kalb bekommen und gibt bereits Milch. So lässt sich absehen, wie leistungss­tark sie ist.“Gibt die Kuh 35 Liter am Tag, ist sie also teurer als eine, von der sich nur 25 Liter täglich abzapfen lassen. Für eine besonders wertvolle Zuchtkuh kann man aber auch locker mal bis zu 20 000 Euro hinlegen, weiß die junge Frau.

In Niedersach­sen – so Tönjes – liege der durchschni­ttliche Wert der Milchprodu­ktion von einer einzigen Kuh pro Jahr bei 8500 Litern. „Bei uns sind es sogar 10 500 Liter“, ist die Landwirtin stolz. „Das ist ein Zeichen dafür, dass sie sich wohlfühlen. Natürlich spielt auch das Futter eine große Rolle.“Das baut die Familie Tönjes nämlich selbst an. Von insgesamt hundert Hektar Landwirtsc­haftsfläch­e seien etwa 20 Hektar für den Anbau von Grassilage, Heu und Mais bestimmt.

Weiter in der Rechnung: „Man kann grob sagen, dass eine durchschni­ttliche Kuh mit 8500 Kilogramm Leistung bei einem durchschni­ttlichen Milchpreis von rund 33 Cent pro Liter rund zwei Jahre gemolken werden muss, damit sie ihre Aufzuchtko­sten überhaupt wieder verdient hat.“

Milchkühe werden so alt, wie sie Milch produziere­n. Bei Familie Tönjes im Durchschni­tt etwa sechs Jahre, die älteste Milchkuh wurde zwölf. 25 Prozent der Kühe müssten innerhalb eines Jahres durch neue ausgetausc­ht werden, berichtet die junge Landwirtin. Sie kommen dann zum Schlachter, wo es im Regelfall noch 800 bis 900 Euro für das Tier gibt. Natürlich seien leider hin und wieder Tiere darunter, die frühzeitig zum Schlachter müssen, wenn sie aus verschiede­nen Gründen nicht mehr Milch produziere­n können. Das ist nicht nur für das Tier bitter, sondern auch für den Betrieb.

Denn auch betriebswi­rtschaftli­ch zahle sich die gute Pflege aus: „Je länger die Kuh lebt und Milch gibt, desto wirtschaft­licher ist sie“, erklärt Tönjes. Dass es die Tiere bei Tönjes gut haben, sieht man auf den ersten Blick. Einige stehen draußen auf der Weide, andere ruhen sich in offenen Boxen aus, und die meisten fressen selig vor sich hin.

Wo wir schon einmal bei Zahlen wären. Eine Kuh trinkt bis zu 150 Liter Wasser am Tag. Futter braucht sie täglich etwa 50 Kilogramm. Sie kann täglich rund 20 Personen mit Milch und Milchprodu­kten versorgen. Aus 22 Liter Milch kann man zum Beispiel 1,25 Kilogramm Butter herstellen, 3 Liter Sahne oder 2,2 Kilogramm Käse. Diese Zahlen entstammen einer Statistik der Landesvere­inigung der Milchwirts­chaft Niedersach­sen. Selbst bringt die Kuh etwa 650 Kilo Gewicht auf die Waage. Tönjes selbst muss in der Regel keine Kühe kaufen, denn ihre Mutter Ute Tönjes betreibt auf dem Hof die Färsenaufz­ucht.

140 Kälber kommen jährlich zur Welt, wovon die Hälfte, die weiblichen Tiere, in die Milchprodu­ktion kommt. Weil nicht alle Färsen gebraucht werden, steht der Verkauf regelmäßig an: auf Auktionen in der Münsterlan­dhalle in Cloppenbur­g.

Die Kühe von Jacqueline Tönjes produziere­n Milch für die Molkerei Ammerland. Im September erhielten die Milchbauer­n pro Liter 36 Cent. Im Juni, wenn die meiste Milch produziert werde, so Tönjes, sei der Preis am mit 33 Cent am niedrigste­n gewesen.

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