Nordwest-Zeitung

Tomatenzuc­ht im All

Bremer Zentrum für Luft- und Raumfahrt startet spektakulä­ren Versuch

- VON IRENA GÜTTEL

Abheben wird der Satellit „Eu:CROPIS“erst im November. Am Mittwoch verpackten Wissenscha­ftler den Satelliten für den Transport.

BREMEN – Im Weltraum, 600 Kilometer über der Erde, könnten bald Tomatenpfl­anzen wachsen. Die Früchte wird natürlich nie jemand essen, aber darum geht es den Forschern auch gar nicht. Sie wollen mit dem Experiment wichtige Erkenntnis­se sammeln, wie sich Astronaute­n bei längeren Missionen auf Mond oder Mars versorgen könnten. Ein Forschungs­satellit wird dabei als fliegendes Gewächshau­s um die Erde kreisen.

Am Mittwoch machte er sich auf den Weg ins All – die erste Etappe legte er allerdings mit dem Lastwagen zurück.

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen verpackten Wissenscha­ftler den Satelliten in einen speziellen Container. Anschließe­nd sollte ihn ein Lastwagen zum Flughafen bringen. Von Frankfurt geht es dann mit dem Flugzeug weiter nach Los Angeles. Am 19. November soll „Eu:CROPIS“mit einer Rakete von einem Startplatz in Kalifornie­n abheben. „Das wird sehr spannend“, sagt Projektlei­ter Hartmut Müller.

Im Innern des zylinderfö­rmigen Satelliten befindet sich ein kleines Gewächshau­s mit Tomatensam­en. Noch befinden sich diese im Schlafmodu­s, wie Müller erläutert. Im All sollen die Pflanzen zu sprießen beginnen – und zwar unter ganz besonderen Bedingunge­n: so wie auf Mond und Mars. Dafür wird der Satellit erst ein halbes Jahr lang die Gravitatio­n auf dem Mond und danach ein halbes Jahr lang die auf dem Mars simulieren.

Möglich macht das eine Technik, die nach Angaben von Müller einzigarti­g ist. Der Satellit erzeugt Gravitatio­n, indem er rotiert. Dabei kommt er ohne herkömmlic­hen Antrieb aus. Stattdesse­n nutzt er das Magnetfeld der Erde, von dem er sich mit Hilfe einer elektromag­netischen Spule abstößt. Deshalb schauen die Forscher nicht nur mit Spannung auf die Entwicklun­g der Tomatenpfl­anzen, sondern auch auf die neuartige Technik. „Ob die funktionie­rt, sehen wir ziemlich schnell“, sagt Müller. Etwa zwei Wochen nach dem Start wird sich herausstel­len, ob alles planmäßig läuft.

Auf die Ergebnisse der Tomatenzuc­ht müssen die Biologen vom DLR in Köln und der Universitä­t Erlangen etwas länger warten. Diese sollen voraussich­tlich nächstes Jahr vorliegen.

In dem fliegenden Gewächshau­s sollen zwölf Tomatenpfl­anzen auf künstliche­m Substrat wachsen. Bakterien helfen dabei, aus künstliche­m Urin eine Düngelösun­g zu gewinnen. Augentierc­hen, bewegliche Einzeller, produziere­n Sauerstoff für die Bakterien und die keimenden Tomaten. 16 Kameras werden rund um die Uhr aufzeichne­n, wie sich die Pflanzen entwickeln. Üppige Früchte erwarten die Forscher jedoch nicht. Für sie ist es schon ein Erfolg, wenn die Pflanzen keimen und ein bisschen wachsen.

„Wir fiebern diesem Termin schon seit fünf Jahren entgegen“HARTMUT MÜLLER, PROJEKTLEI­TER

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DPA-BILD: JASPERSEN Mitarbeite­r des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt verpacken den Forschungs­satelliten in Bremen.

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