Nordwest-Zeitung

Stunde der Basis

- VON ALEXANDER WILL

K nzwischen ist man es ja gewöhnt: Im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunder­ts hat die politische Klasse es verlernt, aus Scheitern die nötigen Konsequenz­en zu ziehen. Es gibt wohl kaum eine andere Demokratie, in der krachende Wahlnieder­lagen wie die der SPD und der CSU in Bayern ohne personelle und politische Konsequenz­en blieben.

Als die CSU 2008 ihre absolute Mehrheit verlor, traten innerhalb von zwei Tagen sowohl Parteichef Huber als auch Ministerpr­äsident Beckstein zurück. Der heutige Vorsitzend­e Horst Seehofer ließ dagegen am Mittwoch wissen: „Eine Personalde­batte nützt uns nichts.“Er will nun am Sankt Nimmerlein­stag auf einem Parteitag über die „Aufarbeitu­ng“der Katastroph­e reden. Dabei ist jetzt schon klar: Die CSU-Führung ist eine Belastung für die Partei. Wer – wie Seehofer in der Asylfrage – nur brüllt und nie beißt, macht den ganzen Laden unglaubwür­dig.

Ähnliches gilt für die SPD. Auch da kein Mumm zu Konsequenz­en, außer beim Fraktionsc­hef im bayerische­n Landtag. Stattdesse­n Gerede von „Aufarbeitu­ng“und Aufrufe zum Burgfriede­n. Dabei gärt es unter dem Fußvolk doch schon seit dem peinlichen Gezerre um die Berliner Groko.

Und dann die CDU nebst Kanzlerin: Deren Kommentare zur Bayernwahl haben fast satirische­n Charakter. Sie will dafür sorgen, dass „Vertrauen da ist, und damit auch die Resultate unserer Arbeit sichtbar werden“. Als ob die Unzufriede­nheit mit Groko, Union und ihrer Person ein Vermittlun­gsproblem sei! Seitdem Merkel – in Nibelungen­treue unterstütz­t von ihrer Partei – die Kontrolle über die Einwanderu­ng aufgegeben hat, geht es für die Union in den Keller. Trotzdem steuert sie stur ihren Kurs. Fehlereins­icht oder auch nur Fehlerdisk­ussion? Fehlanzeig­e! Das alles zeigt: Jene politische­n Eliten, die in Deutschlan­d die Macht in den Händen halten, sind unfähig zu einer Kurskorrek­tur.

Es schlägt nun in der Union immer dringender die Stunde der Parteibasi­s. Die muss einen Kurswechse­l erzwingen – oder weitere Erosion nach Rechtsauße­n eben akzeptiere­n.

@Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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