„Wir geraten in Abhängigkeit“
Die IT-Expertin Yvonne Hofstetter über Gefahren Künstlicher Intelligenz
FRAGE: &rau Hofstetter, wie wird unsere Welt durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) verändert? HOFSTETTER: Wir stehen längst in einem rasanten Wandel. Unser Arbeitsplatz, unser Konsumverhalten, unser Bewegungsprofil, unser Pulsschlag: Kein Lebensbereich kann sich dem Zugriff der Digitalisierung entziehen. Die Künstliche Intelligenz analysiert alle Daten und erstellt Zukunftsprognosen, um unser Leben zu optimieren – das ist zumindest die Leitideologie von KI.
FRAGE: Woher weiß die KI, wer ich bin?
HOFSTETTER: Durch Ihre digitalen Spuren etwa im Internet, Ihre IP-Adresse, Surfverhalten, Posts und Emails, durch Sprach- und Bilderkennung und unzählige andere Apps. Die Daten werden zusammengeführt: je mehr, desto präziser. Das Surfverhalten zeigt Ihre politischen Präferenzen, die Stimme Ihre seeliMedien sche Verfassung und so weiter.
FRAGE: Ist das nicht positiv? Die Angebote werden immer mehr auf meine 3erson zugeschnitten1
HOFSTETTER: Dabei geht es aber nicht um Sie als Mensch, sondern als Konsument. Hinter den Sozialen Medien stehen Handelsplattformen, die Produkte anbieten. Wir geraten in subtile Abhängigkeiten. So bestimmen die Apps immer mehr unser Selbstverständnis: Was wir als schön, wertvoll oder wichtig ansehen. Sie werden paternalistisch, greifen in unsere Selbstbestimmung ein.
FRAGE: Ist das nicht etwas alarmistisch?
HOFSTETTER: Ex-Google-Geschäftsführer Eric Schmidt sagte unlängst bei einer Konferenz: „Ein Smartphone reicht, um einen Menschen zu steuern“. Daten und Aufmerksamkeit sind die wertvollsten Güter für Amazon, Google, Facebook oder andere. Sie wandeln diese unmittelbar in bares Geld um. FRAGE: Wo liegt Ihre gr4ßte Sorge?
HOFSTETTER: Die Sozialen versprechen uns Individualität, Einzigartigkeit: Ich erhalte mein Produkt, meinen Urlaub auf meiner Insel und so weiter. Die Folge dieser Singularität ist eine Atomisierung der Gesellschaft. Jeder lebt in seiner gefilterten Welt, seiner Echokammer, seiner „Filterblase“. Diese Medien halten uns in der eigenen Welt gefangen und so verlieren wir den gemeinsamen Blick auf die Wirklichkeit...
FRAGE: Wie kann man gegensteuern und solche Entwicklungen stoppen? HOFSTETTER: Zunächst sind wir selbst gefragt. Wir müssen die Technik sinnvoll gebrauchen und nicht gedankenlos chatten und surfen. Ich lebe ohne Smartphone – das geht! Emails beantworte ich im Urlaub grundsätzlich nicht. FRAGE: Was erwarten Sie vom Gesetzgeber?
HOFSTETTER: Der Staat hätte den Technologie-Giganten nie erlauben dürfen, Profile von Menschen zu erstellen. Das hätte auch Monopole verhindert.